Seit fünf Jahren plant der Bundesrat die stückweise Privatisierung der Ruag International und auch den Verkauf des Weltraumunternehmens Beyond Gravity. Das Parlament hatte diesen Plan mehrmals unterstützt. Bis jetzt: Mit 17:1 Stimmen fordert die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats den Bundesrat auf, den Verkauf zu überdenken.
Grund für das Umdenken sei die veränderte geopolitische Lage, sagt Kommissionspräsidentin Priska Seiler Graf. «In der Kommission herrschte grosse Einigkeit, dass Weltraumtechnologie eine Schlüsseltechnologie ist.» Der Weltraum werde nicht nur kommerziell, sondern auch sicherheitspolitisch zunehmend wichtiger. Deshalb gebe es für den Bund ein übergeordnetes Interesse, hier die Kontrolle und das Know-how zu behalten.
Zwar hat der Bundesrat versichert, das Unternehmen nur an westliche Käufer veräussern zu wollen. Doch diese Zusicherung genügt den Sicherheitspolitikerinnen und -politikern nicht mehr. «In der Kommission gab es Bedenken, ob das möglich sein wird», sagt Seiler Graf. Denn für einen Verkauf kämen nur wenige europäische Firmen infrage. «Es gab Ängste, dass es einen Ausverkauf einer strategisch wichtigen Technologie geben könnte.»
Was, wenn Beyond Gravity plötzlich nach Saudi-Arabien, China oder sogar Russland verkauft wird? Deshalb will die Sicherheitspolitische Kommission jetzt einen Marschhalt. Und das kurz vor der Ziellinie: In einem halben Jahr hätten die Verkaufsverhandlungen beginnen sollen.
«Einige Probleme» beim Unternehmen
Die Grünen-Sicherheitspolitikerin Marionna Schlatter ist eine der wenigen, die den Entscheid der Kommission kritisiert: «Dieser Entscheid kommt sehr spät. Die Privatisierung ist bereits aufgegleist.» Bei dem Unternehmen gebe es zudem einige Probleme und der Bund müsse sich fragen, ob er das Risiko tragen wolle.
Probleme der Compliance etwa, wie Schlatter ausführt: In der Vergangenheit sei die Ruag mehrmals für schlechte Führung und Regelbrüche gerügt worden. Behält der Bund die Tochterfirma, behält er auch die Führungsverantwortung. Dazu kommt das finanzielle Risiko. Heute ist wenig darüber bekannt, wie teuer es für den Bund wäre, Beyond Gravity zu behalten, und wie hoch die nötigen Investitionen wären.
Das räumt auch Kommissionspräsidentin Priska Seiler Graf ein: «Das genaue Preisschild haben wir noch nicht gesehen. Wir haben jetzt einfach einmal eine Absichtserklärung gemacht.»
Für SVP-Mann Mauro Tuena steht der Kommissionsentscheid auch im Zusammenhang mit der kürzlich verkauften Munitionsfirma Ammotec. «Man hat Ammotec ebenfalls aus der Ruag herausgelöst und verkauft. Die Konsequenz ist, dass wir keine Munition mehr produzieren.» Diesen Fehler wolle man bei Beyond Gravity nicht wiederholen.
Fragt sich aber: Kann der Munitionsmarkt mit der Weltraumbranche verglichen werden? Die eidgenössische Finanzverwaltung, die für das Geschäft zuständig ist, schreibt auf Anfrage: Das Weltraumgeschäft sei sehr dynamisch und international verflochten. Und: Ein Verbleib im Besitz des Bundes würde die Entwicklungsmöglichkeiten des Unternehmens hemmen.
Beyond Gravity selber könne sich dazu nicht äussern, sagt Sprecher Philipp Bircher. «Wir werden aber alles tun, was im besten Interesse für die Zukunft des Unternehmens und der Mitarbeitenden von Beyond Gravity ist.»