Die Finanzkrise 2008/2009. Die Fukushima-Atomkrise 2011. Und die Corona-Pandemie ab 2020. Bei allen drei Krisen hat die Wissenschaft geholfen, diese zu bewältigen. Trotzdem gebe es Unterschiede, sagt Sabine Süsstrunk, Präsidentin des Schweizer Wissenschaftsrats. Dieser berät den Bund bei Wissenschaftsfragen.
Geheime Beratung bei der Finanzkrise
Bei der Finanzkrise hätten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eher versteckt beraten. «Da gab es eine Gruppe von Experten, die im Geheimen beraten haben. Und der Bundesrat hat dann Massnahmen ergriffen, die erst später publiziert worden sind.» Obwohl die Schweiz eigentlich gut durch die Finanzkrise gekommen sei, wurden die intransparenten politischen Schritte von der Öffentlichkeit kritisiert.
Kommunikation mit Folgen bei Fukushima
Anders sei die Situation zwei Jahre später bei Fukushima gewesen. «Die Fukushima-Krise wurde wissenschaftlich sehr gut verfolgt.» Es gebe viel Wissen in der Verwaltung zu Nuklearkrisen. «Es wurde klar kommuniziert, aber das hatte politische Folgen.» Die Schweiz kam aus der Krise mit einem Kurswechsel bei der Energiepolitik – weg von der Atomenergie, hin zu der erneuerbaren. Politische Folgen, die heute wieder stärker hinterfragt werden.
Schwieriges Zusammenspiel von Wissenschaft und Politik in der Pandemie
Und dann die Corona-Pandemie. Da habe es mit der wissenschaftlichen Politberatung gleich am Anfang gehapert. Erst in der Krise habe man gemerkt, dass die wissenschaftliche Politberatung so nicht funktioniere. «Und dort hat man dann diese Taskforce einberufen», sagt Süsstrunk. Die Taskforce sei zwar von Anfang an gut, jedoch ad hoc aufgestellt gewesen. «Da sie keine Berechtigung im System hatte, wurde sie auch infrage gestellt.»
Was also zeigt der Blick in die Vergangenheit, auf diese drei ganz unterschiedlichen Krisen für die Zukunft? Erstens: Wissenschaftliche Politberatung soll auch der Öffentlichkeit transparent gemacht werden. Das soll helfen, dass die Massnahmen besser akzeptiert werden.
Zweitens müssten politische Folgen wohl längerfristig wissenschaftlich begleitet und regelmässig evaluiert werden.
Die Wissenschaft muss die Kommunikation lernen.
Und drittens hätten Ad-hoc Gremien – für die Krise spontan geschaffene Expertengruppen – zwar Vorteile; etwa, dass die besten Wissenschaftsköpfe darin vertreten seien. Aber sie würden auch etwas von der Wissenschaft verlangen, nämlich: «Die Wissenschaft muss die Kommunikation lernen», sagt die Präsidentin des Wissenschaftsrats, Sabine Süsstrunk.
Sie ergänzt: «Lernen, zu kommunizieren, wo ein Konsens in der Wissenschaft besteht, und wo keiner; wo eine Studie hinführt, und warum sie dort hinführt. Wir müssen das zu kommunizieren lernen, damit die Öffentlichkeit und auch die Politik besser verstehen, was Wissenschaft ist.»
Wolle die Schweiz in Zukunft also auf eine gut funktionierende wissenschaftliche Politberatung zurückgreifen können, so Süsstrunk, müsse die Wissenschaftskommunikation stärker gefördert werden; und zwar bereits früh, bei der Ausbildung künftiger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.