Gemessen an der Energie, die der Ständerat in den letzten drei Tagen in die sogenannte Energiewende und den Atomausstieg gesteckt hat, sollte man meinen, dass jetzt dann bald wirklich alles in Bewegung kommt: Dass Windräder bald die Jura-Kreten prägen, dass auf fast jedem Dach Solarzellen funkeln, sofern die Sonne scheint, dass die Kernkraftwerke bald stillgelegt sind.
Wird es überhaupt eine Energiewende geben?
Passieren wird aber in nächster Zeit wenig bis nichts. Nach den Entscheidungen des Ständerats kann man sich sogar fragen, ob es überhaupt jemals eine Energiewende geben wird, die diesen Namen verdient, also eine, die spürbar ist.
Ein paar Beispiele gefällig für Beschlüsse, die zwar gut klingen, aber wenig verändern dürften? Die Kernkraftwerke der Schweiz könnten noch jahrzehntelang laufen, denn der Ständerat will nicht vorschreiben, wann die Werke vom Netz gehen müssen. Die Ständeräte überlassen den Atomausstieg weitgehend der Kernenergiebranche.
Ähnlich unentschieden ist die Lage beim grünen Strom: erneuerbare Energien wie Wind- und Sonnenenergie bekommen zwar mehr Geld, ihre Förderung wird aber zeitlich begrenzt, spätestens 2031 soll Schluss sein mit Staatsgeld. Der Ständerat stellt die Unterstützung also nicht dann ein, wenn die erneuerbaren Energien reif für den Markt sind, sondern mehr oder weniger willkürlich. Die Folgen machen sich schon heute bemerkbar: Investoren sind verunsichert, die Aussichten für die Schweizer Solarbranche zum Beispiel sind nicht mehr glänzend.
Krude Mischung aus Markt und Staat
Und auch beim Thema Subventionen für Wasserkraft hat sich der Ständerat auf einen Vorschlag geeinigt, der zwar gut gemeint, aber nicht besonders effektiv ist: Grosse Wasserkraftwerke, die Geldprobleme haben, sollen neu zwar staatliche Unterstützung bekommen. Allerdings sind die Bedingungen, um an Staatsgelder zu kommen so kompliziert, dass die Kraftwerkseigentümer laut Branchenkennern kaum je Geld sehen werden.
Was alle diese Beispiele gemeinsam haben: Sie zeigen, dass die Energiestrategie auf einer kruden Mischung aus Markt und Staat basiert – hier lässt man ein bisschen den Markt spielen, dort soll es ein Stück weit der Staat richten, das Ganze wirkt etwas willkürlich. Natürlich könnte man nun sagen, das sei halt ein gut schweizerischer Kompromiss und kluge Politik bestehe schliesslich darin, Staat und Markt zu vermischen. Nur scheint es so, als wären damit in diesem Fall die ursprünglichen hehren Ziele vor lauter Kompromissen für alle, für Markt- und Staatsgläubige, bis zur Unkenntlichkeit verwässert worden.