Hundehalter sollen keine Kurse mehr besuchen müssen. Das hat das Parlament beschlossen. Der Nationalrat überwies – gegen den Willen der Mehrheit der vorberatenden Kommission und des Bundesrates – eine Motion aus dem Ständerat mit 93 gegen 87 Stimmen.
Das Ziel des so genannten obligatorischen Sachkundenachweises für Hundehalter, der 2008 eingeführt wurde, ist es, Herrchen und Frauchen den richtigen Umgang mit ihren Hunden beizubringen. Dieser Pflicht kommen aber längst nicht alle nach – eine Evaluation des Bundes kam zum Schluss, dass rund 20 Prozent aller Hundehalter den Kurs schwänzen. Auch konnte die Evaluation keine Erkenntnisse liefern, ob durch den Kurs die Hundeattacken zurückgegangen sind.
Der Ständerat will deshalb das Obligatorium wieder abschaffen. Die Motion kam von Ständerat Ruedi Noser (FDP/ZH). Eine Überraschung. 2005 wurde im Kanton Zürich ein kleiner Junge von einem Pitbull zu Tode gebissen. Damals unterzeichnete Noser eine Unterschriftensammlung, welche ein Verbot von Kampfhunden bewirken wollte. Daraus resultierte letztlich der Hundekurszwang. Jetzt will er diesen Umstand korrigieren, sagte Noser bei seiner Rede im Ständerat. Die kleine Kammer stimmte ihm mit 22 zu 18 Stimmen zu.
Nicht mehr pro Hund ein Kurs
Die zuständige Nationalrats-Kommission wollte nicht gleich den ganzen Kurs wieder abschaffen. Sie stimmte mit 12 zu 11 Stimmen bei einer Enthaltung einem Änderungsantrag zu, nach welchem Hundehalter den Kurs nur noch bei der Anschaffung des ersten Hundes besuchen müssen – und nicht mehr bei jedem neuen Hund.
Andrea Gmür-Schönenberger (CVP/LU) gab zu Bedenken, dass der Kurs in Bevölkerung verankert sei und man seine Zweckmässigkeit nicht infrage stelle. Zudem hätten auch Tierärzte eindeutig eine erhöhte Sensibilisierung der Halter für ihre Tiere festgestellt. Es gelte jedoch, die Mängel des Kurses zu beheben, so Gmür-Schönenberger. Es solle nicht mehr jeder Halter mit jedem Hund den Kurs besuchen müssen. Doch das Obligatorium sei eine sinnvolle Einstiegshürde, um unüberlegte und spontane Hundekäufe zu verhindern.
Jeder Fünfte schwänzt den Kurs
Eine Minderheit stellte Marcel Dettling (SVP/SZ). Der Kurs habe keine nachweislichen Vorteile gebracht. Es gebe keinen Unterschied im Verhalten von Hunden, welche den Kurs besucht hätten und jenen, die nie einen Kurs absolviert hätten.
Zudem sei es auch nicht zu weniger Zwischenfällen mit Toten oder Verletzten gekommen – im Gegenteil gebe es in den Kantonen Zürich, Bern und Fribourg mehr Bissmeldungen als vor dem Kurs-Obligatorium. Hinzu komme, dass 20 Prozent aller Hundehalter den Kurs gar nicht erst besuchen würden – vor allem diejenigen, die ihn wohl besonders nötig hätten. Letztlich setzte sich in der grossen Kammer die Minderheit Dettling durch.
Der Bundesrat hatte sich für die Weiterführung des Kurs-Obligatoriums ausgesprochen. Innenminister Alain Berset führte die Parlamentarier zurück ins Jahr 2008, wo sie sich mit grosser Leidenschaft für das Obligatorium eingesetzt hatten. Viele Hundehalter und Tierärzte hielten den Kurs für wichtig, sagte Berset. «Warum soll man jetzt die Regeln des Parlaments wieder abschaffen?» Doch genau dies soll jetzt der Bundesrat tun. Da sind sich die beiden Kammern einig.