Der Ständerat ist im Grundsatz einverstanden damit, dass der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) mehr Überwachungskompetenzen erhält. Er hat mit 37 zu 2 Stimmen bei 3 Enthaltungen beschlossen, die Beratungen dazu aufzunehmen.
Alex Kuprecht (SVP/SZ) machte sich im Namen der sicherheitspolitischen Kommission für das Eintreten auf das Geschäft stark. Die Sicherheitslage habe sich in den letzten 15 Jahren stark verändert. Der NDB müsse – anders als die Strafverfolgungsbehörden – präventiv handeln dürfen, bevor ein staatsgefährdendes Ereignis eintrete.
Vergleich mit Fichenskandal von 1989
SP-Ständerat Paul Rechsteiner hatte einen Antrag auf Nichteintreten gestellt. Der St. Galler Polit-Dinosaurier – er ist seit 30 Jahren im Parlament – erinnerte in seinem Votum an den Fichenskandal vor 25 Jahren. Er warnte: Mit dem neuen Gesetz werfe die Schweiz alle ihre Prinzipien über Bord.
Bundesrat Ueli Maurer nahm diesen Faden auf: Das Gegenteil sei der Fall. Mit dem neuen Gesetz habe der Bundesrat eben gerade seine Lehren aus der Fichenaffäre gezogen, sagte er. «Es ist nicht so, wie ich es oft lese, dass in Zukunft auch der unbescholtene Bürger mit Wanzen im Schlafzimmer rechnen muss.»
Zu Mitteln der verdeckten Überwachung werde der Nachrichtendienst voraussichtlich nur in 10-12 Fällen pro Jahr greifen – und das auch nur mit Genehmigung von drei Bundesräten. Das sei ein wesentlicher Unterschied zur «unrühmlichen Vergangenheit» der Schweiz und zu den Skandalen im Zusammenhang mit dem US-Geheimdienst NSA, so Maurer.
Breite Zustimmung der Bürgerlichen
Für das neue Nachrichtendienstgesetz sprachen sich mehrere bürgerliche Ständeräte aus. Sich dagegen zu stellen, komme einer «Einladung an die Terroristen gleich», mahnte der Zuger FDP-Ständerat Joachim Eder.
Vertreter der Grünen und der SP zeigten sich hingegen eher kritisch. Am pointiertesten äusserte Anita Fetz (SP/BS) ihre Besorgnis: «Wir öffnen hier schlicht ein gewaltiges Scheunentor der Überwachung.»
Sie anerkenne zwar die Verbesserungen, die die Kommission am Gesetz vorgenommen habe – insbesondere bei der Aufsicht über den NDB. Es gebe aber «kritische Grössen für Kröten», die sie nicht bereit sei, «zu schlucken».
Grundsätzlich will eine Mehrheit der Räte ein neues Gesetz. Ob die kleine Kammer der Vorlage aber am Ende zustimmt oder nicht, hängt von den Detailentscheiden ab. Die Debatte darüber wird am Mittwoch der dritten Sessionswoche fortgesetzt.
Die berühmte «Nadel im Heuhaufen»
Bereits Ja gesagt hat der Ständerat zur Kabelaufklärung: Der NDB soll damit neu auch grenzüberschreitende Signale aus Internetleitungen erfassen dürfen. Rechsteiner stellte fest, der Schweizer Nachrichtendienst würde damit im Kern dasselbe tun wie die NSA. Sein Antrag, dies nicht zu erlauben, war chancenlos.
Der Vergleich mit dem Vorgehen der NSA sei daneben, fand Verteidigungsminister Maurer. Diese sammle alles. «Wir aber suchen nach der Nadel im Heuhaufen.»
Noch nicht entschieden hat der Ständerat über die neue Aufsichtsinstanz, welche die vorberatende Kommission als Gegengewicht zu den neuen Kompetenzen des Nachrichtendienstes schaffen möchte. Diese Instanz würde überprüfen, ob der Nachrichtendienst rechtmässig, zweckmässig und auch wirksam handelt.