Der Zivildienst löst immer noch heftige Emotionen aus. Dabei besteht er nun schon seit bald 20 Jahren. Rein zahlenmässig sind die Einsätze der Zivis ein Erfolg. Allein in den letzten fünf Jahren hat sich die Zahl der Diensttage verdreifacht.
Zurzeit wird jeder vierte Diensttag nicht mehr in der Armee, sondern etwa im Gesundheitswesen, im Sozialbereich oder in der Landwirtschaft geleistet. Dies obwohl der Zivildienst anderthalb Mal länger dauert als der Militärdienst.
Der SVP ist das ein Dorn im Auge. Die Partei lehnt jede Massnahme ab, die – aus ihrer Sicht – den Zivildienst noch attraktiver machen könnte. Andrea Geissbühler (SVP/BE) mahnt: «Das Ziel muss sein, dass möglichst viele junge Männer den Militärdienst leisten.» Sie hat deshalb den Antrag gestellt, auf die Vorlage des Bundesrates, die zahlreiche Neuerungen für den Zivildienstbereich vorsieht, gar nicht erst einzutreten.
Die Hürden für den Zivildienst müsse man erhöhen, nicht senken, findet die SVP. Doch mit dieser Ansicht steht sie im Nationalrat alleine da. Alle anderen Parteien sind grundsätzlich bereit, nach neuen Einsatzgebieten für Zivis zu suchen.
Lehrer nicht durch Zivis ersetzen
«Unserer Meinung nach sind die Zivildienstleistenden die wahren und die mutigen Männer», meint Aline Trede (GPS/BE). Bei der Frage, wo aber diese «wahren» und «mutigen» Männer denn künftig eingesetzt werden sollen, stellt sich nicht nur die SVP gegen den Bundesrat. Dieser möchte Zivis erlauben, die schulische Bildung und Erziehung mit Einsätzen zu unterstützen, wie es im Gesetzesentwurf heisst.
Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann präzisiert: «Zivis werden in diesem Sinne keine Lehrpersonen ersetzen.» Vielmehr sollen sie für Hilfsarbeiten eingesetzt werden. In den Schulen herrsche Personalnotstand, im Zivildienst Personalüberschuss – das ergänze sich ideal, meint der Bundesrat.
Einsatzgebiete im und ums Schulzimmer herum gebe es genug, findet auch der Luzerner Roland Fischer von den Grünliberalen: «Zunehmende Sitzungen und Besprechungen beispielsweise; administrative Aufgaben, Pausenaufsicht, Mittagstische oder Aufgabenhilfen kommen hinzu.»
Einsatz in Schulen nicht «der bequeme Weg»
Rudolf Winkler (BDP/ZH) macht folgende Beobachtung: «In den heutigen Schulen findet der Unterricht nicht mehr nur im Klassenzimmer statt. Sobald Projekte ausserhalb der Schulzimmer angegangen werden, sind diese sofort mit viel mehr Personalaufwand verbunden.»
Auch ihr sei es auf jeden Fall lieber, wenn junge Männer in der Schule aushelfen würden, als wenn sie den blauen Weg wählten, um sich vom Militärdienst zu befreien, sagt Nationalrätin Evi Allemann (SP/BE): «Eineinhalb Mal länger Dienst leisten im Zivildienst in einer Schule mit Kindern, die herumspringen wie Flöhe: Das ist nicht der bequeme Weg.»
Es sei aber auch nicht das Gelbe vom Ei, hält die SVP dagegen. Schuleinsätze für Zivis – das komme gar nicht in Frage, sagt der ehemalige Lehrer Hans Fehr: «Ich will doch keinen Hilfslehrer. Ich will auch keinen, der Pausenäpfel verteilt.»
Pensionierte oder Arbeitslose statt Zivis?
Das sehen auch die FDP und die Mehrheit der CVP so. Die Schule könne ihre Aufgaben nicht einfach an Zivis delegieren, selbst wenn es bloss um Hilfsarbeiten gehe, meint Marco Romano (CVP/TI): «Diese Aktivitäten müssen von der Schule selbst erledigt werden.» Oder an Pensionierte oder Arbeitslose delegiert werden.
Pensionierte oder Arbeitslose statt Zivis – diese Ansicht hat sich denn auch im Nationalrat durchgesetzt: Mit 94 gegen 82 Stimmen hat die Grosse Kammer das geplante neue Einsatzgebiet für Zivildienstleistende relativ knapp aus dem Gesetzesentwurf gestrichen. Nun geht die Vorlage zum Zivildienstgesetz an den Ständerat.