Die Taten geschahen in den Jahren 2016 und 2017. Ein heute 37-jähriger Mann aus der Region Olten (SO) verging sich an mehreren minderjährigen Mädchen. Seine Opfer waren zwischen 13 und 15 Jahre alt und kamen alle aus schwierigen familiären Verhältnissen. Um sie gefügig zu machen, gab der 37-Jährige den Mädchen Alkohol und Partydrogen. Teilweise wohnten die Mädchen auch bei ihm in der Wohnung.
Sexuelle Handlungen mit Kindern oder Vergewaltigung?
Während der Deutsche in erster Instanz noch wegen Vergewaltigung zu 12 Jahren Gefängnis und einem Landesverweis verurteilt wurde, war das Solothurner Obergericht vor drei Jahren anderer Meinung: Statt wegen Vergewaltigung wurde er «nur» wegen sexueller Handlungen mit Kindern verurteilt. Die Gefängnisstrafe wurde auf 7.5 Jahre reduziert.
Das Gericht sprach von einer «Gratwanderung». Ein «Nein» allein reiche für den Tatbestand einer Vergewaltigung nicht aus, argumentierte damals das Obergericht. Die Mädchen hätten sich auch körperlich zur Wehr setzen müssen oder unter derartigem Druck gestanden haben, dass es nicht zumutbar wäre, sich zu wehren. Das sei hier nicht der Fall gewesen, so die Meinung des Richters.
Bundesgericht rügt erstes Urteil des Obergerichts
Zwei der Mädchen sowie auch der Täter selbst zogen das Urteil weiter. Der Mann verlangte einen Freispruch – seine Beschwerde wurde vom Bundesgericht wegen mangelnder Begründung jedoch abgewiesen.
Die Argumentation des Obergerichts konnte das Bundesgericht nicht nachvollziehen. Weil der 37-Jährige die Mädchen unter Drogen setzte und die Opfer alle in schwierigen Lebenssituationen waren, sei der psychische Druck enorm gross gewesen.
In einem Fall war ein 13-jähriges Mädchen mit dem Angeklagten und mehreren Männern in einer Wohnung. Unter Alkoholeinfluss kam es dann zu sexuellen Handlungen mit den Männern – obwohl das Mädchen «Nein» gesagt und versucht hatte, einen Mann wegzustossen. Das sei eine ausweglose Situation für das Opfer gewesen und es sei nicht zumutbar gewesen, sich stärker zur Wehr zu setzen, betont das Bundesgericht.
Ausserdem stufte es die Aussagen der Mädchen als schlüssig und kohärent ein, während die Schilderungen des Mannes in keiner Art und Weise glaubhaft seien. Darum wurde der Fall diese Woche erneut vor dem Solothurner Obergericht verhandelt.
Diskussion um neues Strafrecht
Die Verteidigerin des 37-Jährigen kritisierte vor Obergericht die Argumente des Bundesgerichts. Die Mädchen hätten davonlaufen oder sich wehren können, das hätten sie aber nicht getan. Bei seinem Urteil stütze sich das Bundesgericht auf Gesetzestexte, die heute noch gar nicht gelten würden.
Damit sprach die Verteidigerin das neue Sexualstrafrecht an, das ab Mitte 2024 gilt. Ab dann gilt der Grundsatz «Nein heisst Nein» und damit braucht es für eine Verurteilung wegen Vergewaltigung keine Nötigung mehr.
Es war doch Vergewaltigung
Bei der Neubeurteilung des Falls folgt das Obergericht dennoch klar der Argumentation des Bundesgerichts. Der Täter habe die Mädchen schamlos angelogen und ausgenutzt, betont der Richter. Zwar hätten sich die Opfer nur zaghaft gewehrt – unter den gegebenen Umständen seien die Taten dennoch als Vergewaltigungen einzustufen.
Die Freiheitsstrafe wurde von 7.5 auf 12 Jahre angehoben. Zudem verurteilte das Gericht den Deutschen zu einem Landesverweis von 12 Jahren.