Die Schweiz ist beim Stromausbau nicht da, wo sie sein sollte. Das hat der letzte Winter klar gezeigt. Als Folge hat die Politik Massnahmen beschlossen, um die Erneuerbaren Energien stärker zu fördern: den Solarexpress, den Windexpress und den Mantelerlass. Der Direktor des Bundesamts für Energie erklärt im Gespräch, was jetzt passieren muss.
SRF News: Bei Ihrem Amtsantritt vor sieben Jahren haben Sie sich eine mutigere Schweiz gewünscht in Sachen Stromausbau. Ist die Schweiz heute mutiger?
Benoît Revaz: Wir haben aus dem vergangenen Jahr gelernt. Wir haben gemerkt, dass wir mit einheimischer erneuerbarer Produktion vorwärtsmachen müssen.
Wir müssen jetzt einfach handeln.
Die Alternative sind thermische Reservekraftwerke. Das ist weder ökologisch noch ökonomisch wünschenswert. Die politischen Schritte waren also richtig und wichtig.
Aber noch nicht mutig genug?
Wir müssen jetzt einfach handeln. Das Parlament hat viel diskutiert und ambitionierte Ziele beschlossen. Jetzt müssen die Projekte aber auch geplant, gebaut und in Betrieb genommen werden. Im Moment haben wir nur die kleinen und mittleren Fotovoltaikanlagen, die boomen. Das ist zwar erfreulich. Bei anderen Anlagen wie Windkraftwerken, grossen Solarparks und Wasserkraftwerken gibt es aber noch viel zu tun.
Bei den Grossprojekten gibt es viel Widerstand aus der Bevölkerung. Wurde dieser unterschätzt?
Wir haben immer gewusst, geht es um den Bau oder Ausbau von Kraftwerken, sind die Bewilligungsverfahren die Schwierigkeit, nicht die Technologie.
Es ist jetzt Aufgabe der Kantone, Pläne zu erstellen, wo die Anlagen gebaut werden können.
Das «not in my backyard»-Syndrom existiert, die Leute sind kritisch bei Anlagen in ihrer Nachbarschaft. Deshalb will die Politik die Bewilligungsverfahren verkürzen und die Beschwerdemöglichkeit begrenzen.
Besser wäre es, die Kritikerinnen und Kritiker zu überzeugen, gar keine Einsprachen zu machen. Versuchen Sie das?
Es ist jetzt Aufgabe der Kantone, Pläne zu erstellen, wo die Anlagen gebaut werden können. Die Leute wollen das wissen. Ein transparentes Vorgehen und gute Kommunikation wird helfen, die Abwehr der Bevölkerung gegen neue Anlagen zu verringern.
Energieminister Albert Rösti hat in einem Interview gesagt, wenn der Widerstand bleibe, brauche es in vier bis fünf Jahren einen anderen Weg beim Stromausbau. Welchen meint er?
In der Energiestrategie war immer die Rede von grossen Gas-Kombikraftwerken als Übergangslösung. Das werden wir analysieren müssen.
Was ist mit der Kernkraft?
Die Debatte darüber, wie stark wir in Zukunft auf Kernkraft setzen wollen, wird wahrscheinlich früher starten müssen. Aber das wären dann Lösungen, die sehr weit weg sind.
Das Gespräch führte Eliane Leiser.