Hinter dem schmucken Restaurant Cherne im aargauischen Gebenstorf steht das Sozialunternehmen Trinamo, das neun weitere Restaurants in der Region betreibt. Das Konzept: Arbeitsintegration trifft auf gehobene Küche.
Doch nun gibt Trinamo überraschend bekannt: Der Cherne schliesst im Frühling 2025. Das Restaurant ist Opfer des eigenen Erfolgs, wie Regula Kuhn-Somm, Verwaltungsrats-Präsidentin von Trinamo, erklärt: «Die Integration funktioniert, die Arbeitslosenzahlen und die Sozialhilfequoten sinken. Darum haben wir nun zu wenig Personal, um den Betrieb aufrechtzuerhalten.»
Im Restaurant arbeiten neben Festangestellten auch Menschen aus der Sozialhilfe oder mit Beeinträchtigungen, die über den zweiten Arbeitsmarkt integriert werden sollen.
Aktuell stemmt ein Team von zehn Personen den Betrieb. Das sei auf Dauer zu wenig.
Wir sind eine Zeltorganisation. Nun müssen wir einige Zelte halt wieder abbauen.
Kuhn-Somm sieht Trinamo als eine Zeltorganisation: «Läuft die Wirtschaft schlecht, bauen wir die Zelte auf. Geht es bergauf, müssen wir einige Zelte halt wieder abbauen.» Das Restaurant Cherne ist dabei nicht das einzige Zelt, das abgebaut wird. «Wir mussten auch am Standort Wohlen verkleinern und in Möhlin einen Industriestandort schliessen.»
Personalmangel auch bei anderen Organisationen
Den Auf- und Abbau – diese Dynamik – spüren auch andere im Bereich der Arbeitsintegration. Dabei spielen mehrere Faktoren mit, erklärt Sepala Megert, Geschäftsleiter des Dachverbands Arbeitsintegration Schweiz: «Wir haben eine historisch tiefe Sozialhilfequote und wenige Arbeitslose.»
Eigentlich ist das eine gute Entwicklung. Megert bringt aber einen weiteren Faktor ins Spiel: «Wir haben viele Fälle mit multipler Problemlage. Das heisst, dass jemand zum Beispiel nicht nur Sozialhilfe bezieht, sondern auch psychische oder physische Probleme hat.» Diese Personen seien besonders schwierig zu integrieren.
Fachpersonal muss Lücke schliessen
Betroffen vom Personalmangel ist auch der Velokurierdienst Collectors. Roman Bloch von Collectors Schweiz erklärt: «Die Zuweisungen von den Ämtern haben massiv abgenommen. Wir können die Nachfrage nach Fahrten nicht mehr abdecken.» Um die Lücke zu schliessen, muss Collectors auf Fachpersonal zurückgreifen. Das führt zu einer finanziellen Belastung.
Bloch betont, dass weniger Arbeitslose und eine tiefe Sozialhilfequote natürlich positiv sei. Aber: «Es hätte weiterhin genug Personen, die für eine Stelle im zweiten Arbeitsmarkt infrage kämen. Nur ist der finanzielle Anreiz nicht gross.» Eine Lösung könnte sein, die Arbeitsintegration finanziell attraktiver zu gestalten. Zudem brauche es mehr finanzielle Unterstützung für die Organisationen.
Das weiss auch die Collectors-Sektion in Olten AG. Nur dank Geldern der Stadt, des Gewerbevereins und einem Crowdfunding, konnte sich die Sektion über Wasser halten. Wie es langfristig weitergeht, ist noch unklar.
Bereits besiegelt ist hingegen das Ende des Bistros und der Boutique Alpenrösli in Thun, das zur Fachstelle Arbeitsintegration gehört. Weil die Fachstelle stark defizitär ist, kann das Alpenrösli nicht weiter betrieben werden und schliesst im ersten Quartal 2025. Mit den betroffenen Mitarbeitenden finden Gespräche statt.