Die grösste geplante Solaranlage der Schweiz gibt zu reden. Der Energiekonzern Alpiq will in den Walliser Bergen oberhalb von Gondo auf rund 2000 Metern eine Solaranlage bauen, die so gross ist wie 14 Fussballfelder – mitten im Simplongebiet auf einer unbebauten Alpwiese.
Genau das sei der Vorteil, meinen die Projektverantwortlichen: Die Solaranlage wäre über dem Nebel, mit mehr Sonnenstunden. Das geplante Projekt produziere pro Quadratmeter doppelt so viel Strom wie eine vergleichbare Anlage im Mittelland.
Mit dem senkrechten Bau der Solarpanels könne man von beiden Seiten Sonnenenergie generieren – auch im Winter. Und durch die Reflexion des Schnees werde ebenfalls Energie gewonnen. Alpiq spricht von einem Vorzeigeprojekt.
Temporäre Luftseilbahn nötig
Umweltverbände kritisieren jedoch, dass dafür eine freie Fläche in der Natur überbaut werden soll: «Man sollte lieber das Potenzial im bebauten Raum ausschöpfen», sagt Raimund Rodewald von der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz. Heisst: auf oder um bestehende Bauten wie Autobahnen, Dächern, Staumauern.
Zumal die Installation aufwändig ist: Für den Bau der Solaranlage oberhalb von Gondo müsste eine eigene Luftseilbahn gebaut werden, die danach wieder entfernt wird. Und um den Strom ins bestehende Netz einzuspeisen, müsste eine dreieinhalb Kilometer lange Leitung unter dem Boden über die Nachbaralp bis nach Gabi in der Gemeinde Simplon gezogen werden.
Ja, das sei ein Eingriff, sagt der Projektleiter Beat Imboden, es gehe aber bei solchen Projekten ums richtige Mass: «Schutz und Nutzen müssen abgewogen werden. Aber wir haben einen enormen Bedarf in der Schweiz.»
Gondosolar will mit den Umweltverbänden zusammenarbeiten. Diese befürchten jedoch, «dass mit dieser Bulldozer-Strategie die Natur und die Umwelt auf der Strecke bleiben», so Rodewald.
Umweltschutz versus Energieproduktion
Damit sind wir mitten in der Diskussion: Inwiefern sollen freie Flächen benutzt werden, um Energie zu produzieren? Die Meinungen gehen auseinander.
Laut Christian Schaffner, Direktor des Zentrums für Energiewissenschaften der ETH Zürich, bringe die Photovoltaik-Anlage in den Alpen viele Vorteile. Man müsse möglichst viel zubauen: «Allenfalls eben auch in den Alpen. Wenn es dort möglich ist, macht es sehr viel Sinn», so Schaffner.
Das eine tun und das andere nicht lassen
Doch auch solche grossen Anlagen seien nur einen Tropfen auf den heissen Stein, meint SRF-Energieexperte Klaus Ammann. Gondosolar hätte zwar eine Leistung von 18 Megawatt: «Das ist viel für eine Solaranlage, aber um AKWs zu ersetzen und den zusätzlichen Strom für den Umstieg von fossilen auf elektrische Nutzungen zu produzieren, müssten pro Jahr rund 1500 Megawatt Leistung installiert werden.» Das wären mehr als 80 Gondosolar-Projekte. Im Vergleich dazu produziert die grösste Wasserkraftanlage der Schweiz deutlich mehr Strom.
Amman meint, der Stromkonzern Alpiq wolle mit diesem Prestigeprojekt ein Zeichen setzen: «Man will zeigen, dass man in die erneuerbaren Energien investiert.» Zuletzt äusserte Energieministerin Simonetta Sommaruga immer wieder den Vorwurf, die Stromkonzerne würden hier zu wenig unternehmen. Ein ähnliches, deutlich kleineres Projekt hat der Stromkonzern Axpo bereits gestartet, Alpiq zieht also nach.
«Ich sehe hier aber nicht ein grosses Ausbaupotenzial von Photovoltaik-Anlagen in der freien Fläche», meint Ammann. Da würden nun vor allem Grenzen getestet. Das Potenzial bei bebauten Flächen sei grösser.