Bürgermeister Ivo Bordoli wohnt am Eingang des Verzascatals. Er blickt auf die Strasse, die das Tal hochführt, die auch jetzt unter der Woche voll ist von Autos mit Deutsch- und Westschweizer Nummernschildern. Das Postauto fährt in Dreierbesetzung vorbei, um dem Touristenansturm gerecht zu werden. Unübersehbar sind die vielen Campingbusse.
Fast keine Plätze mehr zum Wildcampieren
«Die Zahl der Camper hat stark zugenommen. An den Wochenenden wird es besonders schwierig, da es die Strasse jeweils verstopft. Das ganze Tessin ist voll. Es ist schwierig, einen Platz zum Campen zu finden. Die Leute campen wild. Das gibt Probleme. Wir versuchen zu sensibilisieren und nicht sofort zu büssen», sagt Bartoli. Damit das Wildcampieren nicht zum Problem wird, haben die Verantwortlichen in Windeseile einen neuen Stellplatz geschaffen, weiter oben im Tal.
Bartoli steigt ins Auto und fährt hin. Die Strasse wird immer enger. «Viele Wohnmobilfahrer haben Mühe mit den engen Kurven. An den Wochenenden haben wir daher Verkehrslotsen angestellt. Die Leute vom Tal haben jetzt doppelt so lang, um von A nach B zu kommen. Das regt auf. Doch wir wollen uns nicht über die Touristen beklagen. Wir sind froh, dass sie zu uns kommen.»
«Zu viele Menschen unterwegs»
Vieles ist noch provisorisch auf dem neuen Campingplatz. Er wird derzeit vor allem von Menschen aus Deutschland bewohnt, wie von einem jungen Familienvater, der sagt, früher habe er im Tessin auch wild gecampt.
«Vor zehn Jahren war das relativ einfach im Tessin. Aber da gibt's einfach Probleme. Es sind einfach zu viele Menschen unterwegs. Und insofern sind solche Plätze extrem wichtig. Sie müssen auch nicht aufwendig sein. Aber gut funktionierende Toilettenanlagen, das ist ja hier jetzt ein Problem», sagt der deutsche Camper.
Die Toi-Toi-WC-Häuschen würden so schnell wie möglich durch richtige sanitäre Anlagen ersetzt, sagt Bürgermeister Bartoli. Er fährt zum nächsten Stellplatz, noch weiter oben. Wildcampieren ist auch für ein älteres Paar vor Ort ein Thema. Der Mann sagt: «Das machen wir manchmal, aber eher selten. Wir überlassen das der Jungmannschaft.»
Es sind vor allem ältere Menschen, die sich auf dem neuen Campingplatz in Sonogno eingerichtet haben. Es würde noch mehr solcher Plätze vertragen, sagt eine Frau.
Kanton Tessin soll mitbezahlen
Verzascas Bürgermeister Bartoli hat seinerseits beim Kanton angeklopft, damit dieser helfe, die Mehrkosten mitzutragen, die die vielen Touristen generieren. «Wir finden, der Kanton muss uns unterstützen. Zum Beispiel, indem er die Kosten für die Verkehrslotsen auf der Kantonsstrasse übernimmt.»
Angst davor, dass die Verzasca-Euphorie abebbt, wenn die Pandemie vorüber ist, hat Bartoli nicht. Seitdem italienische Influencer auf den Social-Media-Kanälen sein Tal als «Malediven von Milano» bezeichnet haben, ist das Verzascatal auch bei den italienischen Nachbarn sehr hoch im Kurs.