- Das Gebiet der ehemaligen Sondermülldeponie Kölliken (SMDK) wurde für 800'000 Franken an Pro Natura und die Gemeinde Kölliken verkauft.
- Aus der ehemals «grössten Altlast der Schweiz» soll ein Vorzeigeprojekt werden, mit Rückzugsgebieten für bedrohte Arten.
- Im Januar 2024 starten die Vorbereitungen der Rekultivierung. Bis 2030 soll das Projekt abgeschlossen sein.
- Damit geht eine lange Geschichte zu Ende, die 1978 ihren Anfang nahm, als die Sondermülldeponie in Kölliken eröffnet wurde.
Acht Jahre dauerte es, bis die 600'000 Tonnen Material aus der Deponie in Kölliken ausgebaggert waren. 2015 wurde die knapp 900 Millionen Franken teure Sanierung abgeschlossen. Weitere vier Jahre dauerte der Rückbau der verschiedenen Hallen und Gebäude.
Mit dem Status «Grube leer» kam die Frage auf: Was passiert mit der frei gewordenen Fläche von knapp zwölf Fussballfeldern? Die Landwirte und Landwirtinnen wollten einen Grossteil der Fläche für sich beanspruchen, die Bevölkerung wünschte sich vor allem Wald und Spazierwege und Naturschutzorganisationen setzten sich für mehr Biodiversität ein.
Kompromiss als Lösung
Jetzt haben die Beteiligten einen Kompromiss gefunden: Rund zwei Drittel der Fläche wird zu Landwirtschaftsland umgezont. Auf dem restlichen Gelände der ehemaligen Sondermülldeponie soll die Natur Einzug halten, wie das Konsortium SMDK, die Gemeinde Kölliken und Pro Natura am Freitag an einer Medienkonferenz bekannt gaben.
Geplant sind Magerwiesen, Tümpel und Teiche, einheimische Wild- und Niederhecken sowie eine Vielzahl von Kleinstrukturen wie Trockenmauern. Ein Teil des Gebiets soll bewaldet werden.
Auch bedrohte Arten sollen künftig auf dem Gelände Platz finden. Man wolle das ehemalige Amphibienlaichgebiet von nationaler Bedeutung wieder zu neuem Leben erwecken, sagt Matthias Betsche, Geschäftsführer von Pro Natura. «Auf dem Gebiet wird ein nationales Vorzeigeprojekt für ein Miteinander von Landwirtschaft und Naturschutz entstehen.»
Es war ein guter Kauf.
Auch der Kölliker Gemeindeammann Mario Schegner ist zufrieden mit der Lösung: «Hier entsteht eine wunderbare Naturoase». 800'000 Franken kostet das Land. Je zur Hälfte zahlen die Gemeinde und Pro Natura. Das sei ein guter Kauf, betont Schegner.
Renaturierung dauert Jahre
Im Januar 2024 wird das Baugesuch eingereicht und mit den Vorbereitungen begonnen. Bis 2030 sollen auf dem Gelände der ehemaligen Sondermülldeponie Landwirtschaft und Natur nebeneinander Platz finden – dies rund 50 Jahre nach der Eröffnung der Deponie, die sich zur grössten Altlast der Schweiz entwickelte.
Jetzt kann im wahrsten Sinne des Wortes «Gras darüber wachsen».
Die Geschichte der Sondermülldeponie Kölliken
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Bild 1 von 14. Bedenken vor der Eröffnung. Gegen ein Baugesuch im «Landanzeiger» für eine «Kehrichtdeponie» in Kölliken gehen Einsprachen aus der Bevölkerung ein – aus Angst vor Lärm und Gestank. Trotzdem bewilligt die Gemeinde das Projekt. Auch eine Beschwerde beim Aargauer Regierungsrat kann die Deponie nicht verhindern. Bildquelle: KEYSTONE.
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Bild 2 von 14. Eröffnung der Sondermülldeponie Kölliken. Trotz Einsprachen und Beschwerden aus der Bevölkerung wird die Sondermülldeponie Kölliken am 16. Mai 1978 eröffnet. Auf dem Gelände war zuvor eine Tongrube der Tonwerke Keller AG. Bildquelle: KEYSTONE/PHOTOPRESS-ARCHIV/Str.
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Bild 3 von 14. Sondermüll statt Kehricht. Schon kurz nach der Eröffnung ist klar: Aus der Kehrichtdeponie ist eine Sondermülldeponie geworden. Man habe sich «falsch verstanden», heisst es. Trotzdem ist der Widerstand in der Bevölkerung noch gering. Man glaubte den Behörden: Die Tongrube sei dicht und sicher und die Deponie ein wichtiger Beitrag zum Umweltschutz. Bildquelle: KEYSTONE/Str.
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Bild 4 von 14. Der Widerstand wächst. Anwohnerinnen und Anwohner beklagen sich über Gestank und Staub. Viele leiden unter Kopfschmerzen. Die Sonderabfälle lagern teilweise unter freiem Himmel. Später gelangen giftige Stoffe in den Dorfbach, es kommt zu einem Fischsterben. Bildquelle: KEYSTONE/Str.
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Bild 5 von 14. Kritik am Betrieb der Deponie. Die Kontrollen am Eingang der Sondermülldeponie werden als dilettantisch beschrieben. Der Arbeiter bei der Eingangskontrolle habe keine Ahnung von Chemie. Er kontrolliere die Farbe und den Geruch der Lieferung – mehr nicht. Bildquelle: SRF1, 27.03.1979.
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Bild 6 von 14. Deponiestopp wegen Umweltbelastung. Verschiedene Sanierungsmassnahmen werden getroffen wie Abluftanlagen und Tanks für flüssige Abfälle. Als dann 1985 im Dorf die Angst grassiert, das Trinkwasser könnte verseucht sein, verfügt der Gemeinderat einen provisorischen Deponiestopp. Bildquelle: KEYSTONE/Michael Kupferschmidt.
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Bild 7 von 14. Erste Untersuchungen des Sondermülls. Erstmals werden Proben des Giftmülls ausgegraben und untersucht. Derweil pochen die Aargauer Regierung und die Industrie darauf, die Deponie wieder eröffnen zu können. Denn: Wohin sonst mit dem Abfall? Bildquelle: DRS Aktuell, 03.10.1985.
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Bild 8 von 14. Die Suche nach den Schuldigen. Trotz des Verdachts, dass falsch deklarierte Abfälle in Kölliken entsorgt wurden, verlaufen die Ermittlungen im Sand. Derweil explodieren die Kosten. Denn auch wenn die Deponie geschlossen ist, braucht es Sanierungs- und Schutzmassnahmen. Bildquelle: KEYSTONE/Michael Kupferschmidt.
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Bild 9 von 14. Die Sondermülldeponie muss weg. Die Aargauer Regierung hat entschieden: Die Deponie kann nicht mit vernünftigem Aufwand gesichert werden. Alt Regierungsrat Peter Beyeler (rechts) und Jean-Louis Tardent, Geschäftsführer der Sondermülldeponie, geben am 10. September 2001 bekannt: Alles Gift soll ausgebaggert und fachgerecht entsorgt werden. Bildquelle: KEYSTONE/Michele Limina.
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Bild 10 von 14. Letzte Vorbereitungen für die Sanierung. 2007 erfolgt der Spatenstich für die Sanierung der Sondermülldeponie Kölliken. Damals geht man davon aus, dass das Projekt 2012 abgeschlossen ist. Für die Sanierung wurde über der Deponie eine riesige Halle gebaut. Sie ist luftdicht und in ihrem Innern herrscht ein Unterdruck. Bildquelle: KEYSTONE/Urs Flueeler.
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Bild 11 von 14. Gefährlicher als gedacht. Tausende Giftfässer werden ausgegraben. Das Personal arbeitet mit Schutzanzügen und Sauerstofftanks. Alle Fahrzeuge sind luftdicht. Der Rückbau ist allerdings gefährlicher als gedacht: Wegen eines Brandes unter dem Hallendach werden die Arbeiten ein halbes Jahr lang unterbrochen. Bildquelle: KEYSTONE/SMDK.
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Bild 12 von 14. Länger als gedacht. Die Sanierung im riesigen Hallenbau zieht sich hin und ist teurer als gedacht. Das, weil die Abfälle heikler sind als angenommen und eine hohe Brandgefahr besteht. Anfangs rechnete man mit 350 Millionen Franken. Heute weiss man: Es kam fast dreimal so teuer. Bildquelle: KEYSTONE/Alessandro Della Bella.
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Bild 13 von 14. Der letzte Dreck ist weg. Am 29. Oktober 2016 feiert die Sondermülldeponie Kölliken das Ende der Sanierung – vier Jahre später als geplant. Am Anfang war die 33'000 Quadratmeter grosse Halle bis zu Decke voll mit Material. Jetzt kann die Phase des Rückbaus starten. Bildquelle: SRF.
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Bild 14 von 14. Der Rückbau ist beendet. Im Juli 2018 werden in Kölliken die letzten Stahlbögen demontiert, an denen das Dach der Halle über der Deponie aufgehängt war. Der Sondermüll ist weg, verbrannt oder richtig eingelagert. Das riesige Loch ist mit Schutt vom Bau des SBB-Tunnels durch den Eppenberg aufgefüllt. Bildquelle: KEYSTONE/Georgios Kefalas.