SRF News: Was bedeutet es für die Skos, wenn der Kanton Bern als grosses Mitglied ausschert?
Markus Kaufmann: Es ist eine schwierige Nachricht für die ungefähr 40'000 Betroffenen, die jetzt mit weniger Geld auskommen müssen. Für die Skos bedeutet es, dass wir nochmal gesamtschweizerisch die Diskussion darüber aufnehmen, wie wir die Sozialhilfe in der Schweiz gestalten wollen. Vor zwei Jahren haben alle Kantone zu den Richtlinien und dem Grundbedarf von 986 Franken ja gesagt. Es ist jetzt wichtig, nochmals zu klären, wie sich Bund und Kantone zur Sozialhilfe stellen.
Haben Sie keine Angst davor, dass andere Kantone nach dem Vorbild von Bern die Sozialhilfe senken werden?
Die Sozialhilfe zu senken bedeutet immer auch Risiken einzugehen und die betroffenen Personen aus der Gesellschaft auszuschliessen. Man möchte eigentlich das Gegenteil erreichen und diese Personen integrieren. Dafür gibt es sehr viele interessante Projekte in der Schweiz. Die Skos ist ein gutes Gremium, um abzuklären, wie die Sozialhilfe ausgerichtet werden soll und wie diese Personen unterstützt werden können.
Jeder Dreissigste ist sozialhilfeabhängig. Diese Personen sollte man integrieren und nicht ihre Probleme verstärken.
Nochmals: Was würde es für die Skos bedeuten, wenn andere Kantone nachziehen würden?
Wenn wir dadurch einen Negativwettbewerb erhalten, in dem zuerst Bern die Sozialhilfe um acht Prozent senkt und dann der nächste Kanton auf zehn Prozent erhöht, würde es die Probleme verstärken, die wir in der Schweiz haben. Jeder Dreissigste ist sozialhilfeabhängig. Diese Personen sollte man integrieren und nicht ihre Probleme verstärken.
Bern setzt auf ein Anreiz-System: Wer sich um Arbeit bemüht erhält mehr Geld. Müsste die Skos nicht verstärkt auch auf dieses Modell setzen?
Dieses Modell gibt es schon – auch innerhalb der Skos-Richtlinien. Sehr viele Kantone setzen das um. Der Konsens unter Kantonen war es, eine gute Mischung zwischen Anreizen und Sicherung des Existenzminimums zu finden. Wir sind der Meinung, dass die Sozialhilfe-Kürzung in Bern zu stark diejenigen Gruppen betrifft, die keine Möglichkeit haben, sich zu integrieren. Ein Drittel der 40'000 Sozialhilfebezüger im Kanton Bern sind Kinder und Jugendliche. Zudem gibt es auch kranke Personen. Sie zu bestrafen ist sicher nicht richtig. Gleichzeitig muss ihnen die Möglichkeit geboten werden, wieder in den Arbeitsmarkt einzutreten. Damit sind wir sehr einverstanden.
Wir bedauern diesen Entscheid und hätten gehofft, dass Bern sich weiterhin an den Kompromiss hält.
Ist das Signal, das Bern aussendet, nicht alarmierend für Sie?
Wir bedauern diesen Entscheid und hätten gehofft, dass Bern sich weiterhin an den Kompromiss hält. Es liegt aber in der Natur des schweizerischen Systems, dass jeder Kanton selber zuständig ist und dass man gemeinsam daran weiterarbeitet, eine gesamtschweizerische Lösung zu finden, die von allen Kantonen getragen wird.
Was machen Sie dagegen, dass andere Kantone den gleichen Weg einschlagen wie Bern?
Wir zeigen auf, welche guten Modelle es in verschiedenen Kantonen gibt. Wir vergleichen auch die Erfahrungen der verschiedenen Kantone und sind zuversichtlich, dass wir mittel- und langfristig eine gemeinsame Lösung erhalten.
Das Aufzeigen genügt also?
Das ist der schweizerische Weg. Wir lernen gegenseitig voneinander, sehen die Sozialhilfe aber auch als wichtigen Pfeiler in der sozialen Sicherheit und wollen diesen Pfeiler nicht schwächen.
Das Gespräch führte Romana Costa.