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SP und der Islam Genossen streiten über Anerkennung muslimischer Gemeinschaften

Im Sommer hat SP-Präsident Christian Levrat gefordert, den Islam in der Schweiz öffentlich-rechtlich anzuerkennen. Damit hat er einen parteiinternen Konflikt ausgelöst.

Über 400'000 Musliminnen und Muslime leben in der Schweiz. Statt diese wachsende Minderheit zu diskriminieren, sollte man sie besser integrieren, sagte SP-Präsident Christian Levrat im Sommer.

Er forderte deshalb, muslimische Gemeinschaften öffentlich-rechtlich anzuerkennen – ähnlich wie Kirchen. Die Gemeinschaften könnten damit verpflichtet werden, sich zu schweizerischen Grundrechten zu bekennen.

Im Juni organisierte die SP eine Tagung zum Thema. Grundlage zur Diskussion war ein Thesenpapier der Parteileitung. Sie regte darin mehr Teilhabe der Muslime in der schweizerischen Gesellschaft an. Das soll – ähnlich wie bei anderen Religionen – durch die öffentlich-rechtliche Anerkennung von muslimischen Glaubensgemeinschaften erreicht werden. Parteipräsident Christian Levrat äussert sich dazu im Juni auch klar im «Rundschau-Talk».

Menschen nicht über ihre Religion definieren

Eine Gruppe um den Lausanner SP-Gemeinderat Benoît Gaillard kann mit Levrats Forderungen nichts anfangen. Zusammen mit Gleichgesinnten von der SP-Basis organisiert er den parteiinternen Widerstand in einer Gruppierung, die sich Integra Universell nennt. Für Gaillard tappt die SP-Spitze mit ihrer Forderung in die Falle jener rechten Kreise, die im Islam ein Schreckgespenst sähen.

Wir von der SP dürfen Menschen nicht über ihre Religion definieren.
Autor: Benoît Gaillard SP Lausanne

Es sei falsch, findet Gaillard, der Hetze die Anerkennung muslimischer Gemeinschaften entgegenzusetzen. «Wir von der SP dürfen Menschen nicht über ihre Religion definieren. Religion hat aus sozialdemokratischer Sicht mit Integration nichts zu tun.»

Bekenntnis zu rechtsstaatlichen Grundsätzen erwartet

Die Zürcher SP-Regierungsrätin Jacqueline Fehr hingegen setzt für die bessere Integration auf die Zusammenarbeit mit muslimischen Vereinen. Für sie geht es unter anderem darum, auf diese Weise jene Muslime zu stärken, die für Schweizer Grundwerte einstehen, «zum Beispiel die Gleichstellung von Mann und Frau», sagt Fehr.

Benoît Gaillard bezweifelt aber, dass ausgerechnet die in islamischen Vereinen engagierten Muslime besonders fortschrittlich seien. Eher das Gegenteil sei der Fall. «Damit ist aber nicht gesagt, dass das Extremisten sind.»

Jacqueline Fehr warnt davor, bei Muslimen strengere Massstäbe anzuwenden als bei christlichen Kirchen. «Es gibt auch bei den Katholiken zum Beispiel sehr konservative Vertreter, trotzdem arbeiten wir mit ihnen zusammen.»

Man erwarte allerdings von den Vorstandsmitgliedern muslimischer Institutionen, mit denen der Kanton Zürich zusammenarbeite, dass sie sich zu rechtsstaatlichen Grundsätzen bekennten. «Auf muslimischer Seite müssen bei Sitzungen deshalb immer auch Frauen dabei sein.»

Muslimische Glaubensgemeinschaften staatlich anerkennen: Auch im Kanton Zürich ist das kein kurzfristiges Ziel. Im Moment geht es nur um konkrete Projekte, zum Beispiel bei der Ausbildung von Notfallseelsorgern.

Der Vorschlag aus den Reihen der SP-Führung hat parteiintern eine heftige Kontroverse ausgelöst. Präsident Christian Levrat mag sich unterdessen nicht mehr zum Thema äussern.

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