Ab Samstag müssen Personen, die aus Spanien in die Schweiz einreisen, für zehn Tage in Quarantäne. Die Schweizer Behörden haben das spanische Festland wegen steigender Corona-Fallzahlen auf die rote Liste der Risikogebiete gesetzt. Ausgenommen davon sind die balearischen und kanarischen Inseln. Für Spaniens Tourismusbranche sei das ein weiterer Schlag, sagt Journalistin Julia Macher in Barcelona. Dass das Land Protest einlegt, hält sie aber für unwahrscheinlich.
SRF News: Wie reagiert Spanien auf diesen Entscheid der Schweiz?
Julia Macher: Ich würde sagen, mit einer Mischung aus Resignation und Bestürzung. Grossbritannien hat bereits vor zwei Wochen eine Quarantänepflicht für Einreisende aus Spanien eingeführt. Auch in Finnland, Belgien, Irland, den Niederlanden und in 23 weiteren Staaten gelten ähnliche Vorschriften.
Es ist ein weiterer Schlag für die in Spanien ohnehin sehr gebeutelte Tourismusbranche.
Aber die Bestürzung ist vergleichsweise klein, sind in diesem Fall doch die kanarischen Inseln und die Balearen von der Quarantäne ausgenommen. Die Schweiz befindet sich im Ranking der Herkunftsländer mit zuletzt 1.8 Millionen Touristen auf Platz 11 – im Vergleich zu den 18 Millionen Briten, die im letzten Jahr in Spanien waren. Trotzdem ist es natürlich ein weiterer Schlag für die in Spanien ohnehin sehr gebeutelte Tourismusbranche. Und der Imageschaden ist beträchtlich.
Ist zu erwarten, dass Spanien bei der Schweiz offiziell Protest einlegt?
Bisher hat Spanien nur gegen das strikte Veto von Grossbritannien protestiert. Ob das Land im Fall der Schweiz Protest einlegen wird, ist noch offen. Ich halte das für wenig wahrscheinlich.
Jetzt werden wohl sogar die pessimistischsten Prognosen übertroffen. Kann das die Tourismusbranche überleben?
Das wird sich zeigen müssen. Der Schaden ist tatsächlich gewaltig. Der Zusammenschluss der 30 wichtigsten Tourismusunternehmen hat die Mindereinnahmen auf 83 Milliarden Euro beziffert. Das ist umso dramatischer, als der Tourismus mit 12 Prozent der Wirtschaftsleistung eine der wichtigsten ökonomischen Stützen Spaniens ist. 2.3 Millionen Arbeitsplätze hängen vom Tourismus ab. Und der Tourismus war die Branche, die das Land aus der letzten Krise, der Finanzkrise von 2008, gezogen hat. Daher stellt sich für Spanien jetzt zwingender denn je die Frage, wie es wieder auf die Füsse kommt.
Was kann die Regierung tun, um die Tourismusbranche zu retten?
Es gibt vereinzelte kleinere Hilfspakete, und die Kurzarbeit soll verlängert werden – sie könnte jetzt bis Ende des Jahres andauern. Die Tourismusministerin sagt, es müsse vor allem das Vertrauen der Reisenden gestärkt werden. Das klingt fast ein bisschen so, als vertraue man darauf, dass die Branche irgendwann wieder alleine auf die Beine kommt.
Spanien will seine Abhängigkeit vom Tourismus reduzieren und so seine Wirtschaft krisenresistenter gestalten.
Von den 140 Milliarden Euro, die Spanien aus Brüssel bekommt, wird die Branche voraussichtlich allenfalls indirekt profitieren. Das Geld soll vor allem in den ökologischen und digitalen Umbau gesteckt werden. Spanien will seine Abhängigkeit vom Tourismus reduzieren und so seine Wirtschaft langfristig krisenresistenter gestalten.
Das Gespräch führte Hans Ineichen.