Im Herbst wählt das Schweizer Stimmvolk ein neues Parlament. Dabei könnten die Kräfteverhältnisse neu geordnet werden. Gerade im Ständerat könnte die Wahl spannend werden, meint Politologe Claude Longchamp. Im Gegensatz zum eher rechten Nationalrat könnten zurzeit im Ständerat auch von links her Mehrheiten gebildet werden.
Die SP hat aktuell 12 Sitze in der kleinen Kammer inne. Zusammen mit den Grünen, der CVP und der BDP ist eine Mitte-links-Mehrheit möglich. Doch die Hälfte der SP-Fraktion im Ständerat tritt im Herbst nicht erneut zur Wahl an.
«Wahrscheinlich ist die SP heute mit zwölf Sitzen doch ans Limit gekommen. Es zeichnen sich Verluste in einzelnen Kantonen ab. Beispielsweise im Kanton Aargau, wo der Sitz eher unüblich an die SP gegangen war, denke ich, wird es eine Rückwärtsentwicklung geben», meint Longchamp.
Verluste nach langem Aufstieg
Die Sitzverluste der Linken kämen einer Trendwende gleich. Denn seit den Wahlen 1991 konnte die SP ihre Sitze stetig ausbauen. Von drei vervierfachte sie ihre Sitze auf heute zwölf. Die Verluste könnten die SP treffen, meint Longchamp. Sinnbildlich gesprochen sässe die SP zurzeit manchmal am Steuer des Motorrades Ständerat. Nach den Wahlen könne es gut sein, dass sie eher im Seitenwagen mitfahre.
Wahrscheinlich ist die SP heute mit zwölf Sitzen doch ans Limit gekommen.
Hinzu komme, dass der Ständerat generell mehr Gewicht habe als der Nationalrat, so Longchamp. «Man weiss aus Untersuchungen, dass der Ständerat insgesamt mehr Gewicht hat in der Differenzbereinigung, aber auch mehr Gewicht hat, wenn er als Erstrat berät und damit die grundsätzliche Stossrichtung einer Gesetzesrevision vorgeben kann.»
Neues Zentrum bei der FDP
Wer bei den Wahlen Sitze im Ständerat ergattern kann ist noch unklar. Doch Longchamp hält Gewinne der FDP für möglich. «Die FDP könnte nach 2019 in der komfortablen Situation sein, dass sie in allen drei Räten, also in der Exekutive, und in der Legislative, quasi das natürliche Zentrum ist und sich von daher eine Politik entweder mit rechts oder mit links realisieren lässt.»
Die Gewichte im Ständerat könnten sich also etwas nach rechts verschieben. Am ehesten würde dies die Mitte stärken, meint Longchamp. «Gut möglich ist, dass eine Sitzverschiebung eine Stärkung der Mitte bringt und damit auch eine Stärkung der Regierungspolitik bringen würde, die stärker als im Nationalrat auf das Zentrum ausgerichtet ist.»
Gut möglich ist, dass eine Sitzverschiebung eine Stärkung der Mitte bringt.
Die bisherige Dynamik im Ständerat könnte sich also ändern – sofern das Schweizer Stimmvolk dies im Herbst an der Urne auch wirklich will.