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Spassbremse im Gemeinderat? Der Mann hinter dem digitalen Werbeverbot in Zürich

Er wehrt sich gegen Laubbläser, digitale Werbung und anderes. Wer ist der Zürcher AL-Gemeinderat Michael Schmid?

«Diese Werbereduktionen sind mein grösster, politischer Erfolg», sagt Michael Schmid nicht ohne Stolz. Mitte März hatte das Zürcher Stadtparlament den Vorstoss seiner Linksaussen-Partei Alternative Liste (AL) angenommen, der quasi ein Verbot von Werbung im öffentlichen Raum fordert – ausgenommen sind das lokale Gewerbe und die öffentliche Hand.

«Jeder kann seine Freiheiten ausleben, bis zu dem Grad, an dem es keinem anderen Schaden zufügt», führt Schmid aus. «Und ständig die Aufmerksamkeit zwanghaft auf einen Werbebildschirm lenken zu müssen, schränkt mich in der Freiheit ein, meine Aufmerksamkeit selbstständig auf das zu lenken, was ich gerne möchte.»

Es ist nicht das erste Mal, dass ein Vorstoss zu reden gibt, an dem der AL-Gemeinderat mitgewirkt hat. Zusammen mit anderen Linksparteien hat Schmid in Zürich bereits ein Verbot von Laubbläsern durchgebracht. Und letzten November hat er sich die Gastrobetriebe an der Europaallee vorgenommen und wollte ihnen untersagen, Musik im öffentlichen Raum abzuspielen.

Kleinkariert – mit rot-grünem Anstrich

Nicht selten werden Schmids Forderungen gerade bei seiner politischen Gegnerschaft als Bevormundung wahrgenommen. Sein Namensvetter Michael Schmid von der FDP stört sich an seiner Einstellung: «Das, was ich gut finde, das ist gut für alle in dieser Stadt. Und was ich nicht gut finde, das kann weg.» Diese Haltung sei kleinkariert, mit rot-grünem Anstrich.

Es ist eine kleinbürgerliche, provinzielle Haltung, die nicht zur Stadt Zürich passt.
Autor: Michael Schmid Fraktionspräsident FDP

Diese Haltung hat AL-Schmid auch den Ruf als Spassbremse eingebracht. Gegen Laubbläser, gegen Musik im öffentlichen Raum, gegen Public Viewings, gegen digitale Werbung. Schmid lacht: «Ich habe in mir keinen Drang, anderen das Glück zu verwehren.»

Der öffentliche Raum dürfe nicht von kommerziellen Interessen eingenommen werden. Das wolle man in Zürich nicht hinnehmen, sagt Schmid. «Der öffentliche Grund soll in erster Linie für unkommerzielle Freiräume zur Verfügung stehen», sagte er einst in einer Gemeinderatsdebatte.

Sein erster Politauftritt war eine Niederlage

Seit rund drei Jahren sitzt Michael Schmid nun im Zürcher Stadtparlament. Seinen ersten politischen Auftritt hatte der heute 39-Jährige allerdings schon mit achtzehn. In seiner damaligen Wohngemeinde Embrach wollte Schmid an der Gemeindeversammlung eine Steuersenkung verhindern. Mit dieser wollte die Gemeinde ihre Attraktivität steigern.

Die Gemeinde habe aber auch dargelegt, was die Konsequenzen wären, sollte der Plan mit der Steuersenkung nicht aufgehen. So sollte das Schwimmbad teilweise geschlossen werden und Familien müssten das Schullager für ihre Kinder selbst bezahlen.

Person sitzt auf einem Stuhl im Freien neben bunten Tischen.
Legende: Michael Schmid hat sich schon mit achtzehn Jahren in seiner damaligen Wohngemeinde Embrach politisch eingebracht. SRF/Christoph Brunner

Schmid erinnert sich: «Ich wollte nicht, dass das Schwimmbad weniger offen hat und wollte nicht, dass Kinder aus ärmeren Verhältnissen nicht mehr am Klassenlager teilnehmen können und habe – ich glaube als einziger – dagegen gestimmt.»

Der Politiker erhält Aufmerksamkeit, der Aktivist nicht

Trotz Niederlage: Schmids Interesse an der Politik war geweckt. Er begann, bei Velo-Organisationen zu politisieren – für weniger Autos und mehr Velowege. Um noch mehr zu erreichen, zog es den Software-Entwickler nach Zürich. Dort trat er der Alternativen Liste bei.

2022 schaffte er die Wahl in den Zürcher Gemeinderat und merkte «wie einfach es ist, im Parlament Aufmerksamkeit zu bekommen.» Früher als Aktivist habe sich niemand für seine Anliegen interessiert. «Jetzt habe ich diese Aufmerksamkeit und nutze sie gerne.»

Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 28.3.25, 17:30 Uhr ; 

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