Zum Inhalt springen
Video
Flaschenpost aus der Zeit des Ersten Weltkriegs
Aus Schweiz aktuell vom 04.10.2024.
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 40 Sekunden.

Spezieller Fund Zeitkapsel gibt Einblick ins Soldatenleben im 1. Weltkrieg

Der Fund einer sogenannten Zeitkapsel aus dem Jahr 1916 im Baselbiet zeigt den Alltag der Soldaten und ihre Probleme.

Für Liridon Atashi war es ein gewöhnlicher Arbeitstag. Der Polier war mit Arbeiten an der Strasse zwischen Langenbruck und Eptingen BL beschäftigt, als seinem Kollegen und ihm plötzlich eine unscheinbare braune Flasche in der Erde auffiel.

Dass er und sein Arbeitskollege auf ein Stück Geschichte gestossen sind, war ihnen zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst: «Man stösst bei Bauarbeiten immer wieder mal auf Abfall.»

Atashi vor Bagger
Legende: Liridon Atashi beim Fundort der Zeitkapsel. SRF

Doch als die Beiden die Weinflasche genauer betrachteten, fiel ihnen auf, dass darin ein Stück Papier verstaut war. Ein Brief aus dem Jahr 1916, eingewickelt in einem Zeitungsartikel – eine sogenannte Zeitkapsel. 100 Jahre lang war sie in der Erde vergraben, mehrere Meter tief im Boden, bis sie die Bauarbeiter mit ihrem Bagger ans Tageslicht holten.

Nach dem Öffnen der Flasche wurde klar: Die Zeitkapsel stammt von einem Unteroffizier. Im Brief erzählt dieser über den Alltag der Armeeangehörigen, welche in der Zeit des 1. Weltkriegs in der Fortifikation Hauenstein ihren Dienst verrichteten und Schützengräben und Bunker aushoben.

Brief
Legende: «Aller Alkoholverbrauch ist streng untersagt.» Der Brief aus der Zeitkapsel. zvg Verein Fortifikation Hauenstein

Ein gewisser Wachtmeister Herrmann schrieb: «In diesen Augusttagen müssen alle Mannen schwitzen. Keiner darf sich drücken und am Schatten sitzen. Aller Alkoholverbrauch ist streng untersagt. Und dies zu übertreten, hat keiner je gewagt. Der Bauaufseher Wachtmeister Herrmann.»

«Ein Lottogewinn und ein Glücksmoment»

«Dieser Fund ist ein riesiger Lottogewinn und ein Glücksmoment für einen Historiker», freut sich Christoph Rast. Rast ist wissenschaftlicher Leiter im Verein Fortifikation Hauenstein. Dieser Verein setzt sich für den Erhalt der Verteidigungsanlagen im Gebiet Hauenstein ein und will der Bevölkerung die Geschichte der Anlagen näher bringen. Vor kurzem hat der Verein einen Erinnerungspfad im Gebiet eröffnet.

Die Fortifikation Hauenstein wurden im 1. Weltkrieg errichtet, um den Eisenbahnknoten Olten zu schützen. Sie ist 42 Kilometer lang und besteht aus Schützengräben, Panzersperren, Unterständen, Bunkern und weiteren militärischen Anlagen. Gebaut wurden sie von Soldaten der Schweizer Armee.

Der Brief aus dieser Zeit zeigt: Die Arbeit war schweisstreibend und hart. Und viele Soldaten hatten offenbar ein Alkoholproblem. «Neben der Angst vor einem Angriff war Alkohol das grösste interne Problem. Plus die Langeweile. Und: Langweile und Alkohol sind zwei sehr gute Freunde», erzählt Historiker Rast.

Rast
Legende: Historiker Christoph Rast: «Dieser Fund ist ein riesiger Lottogewinn und ein Glücksmoment für einen Historiker.» SRF

Der damalige General Ulrich Wille griff mit einem strengen Alkoholverbot durch und dies wurde gemäss den Worten von Wachtmeister Herrmann beim Bau der Fortifikation Hauenstein offenbar auch befolgt. Dass der Unteroffizier seine Schilderungen der Nachwelt weitergeben wollte und sie mit der Zeitkapsel vergrub, zeigt, wie prägend die Erlebnisse waren.

Rast: «Damals wusste man als Soldat, es ist so, was gesagt wird. Etwas anderes geht nicht. Diese führte relativ früh zu einem gewissen Verdruss, weil die eigene Persönlichkeit ausgelöscht wurde.»

Reserven der Infanterie beim Mittagessen im Wald.
Legende: «Langweile und Alkohol sind zwei sehr gute Freunde.» Reserven der Infanterie beim Mittagessen im Wald. Schweizerisches Bundesarchiv

Die Zeitkapsel mit dem Brief und der Zeitung wird nun genauer untersucht. Die Hoffnung ist, dass noch mehr über die Geschichte und das Leben von Wachtmeister Herrmann und seinen Soldaten herausgefunden werden kann. Allenfalls gelingt es sogar, Nachkommen von Wachtmeister Herrmann zu finden.

Schweiz Aktuell, 04.10.2024, 19 Uhr ; 

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel