Zehn Erstklässlerinnen und Erstklässler stehen im Schulzimmer im Kreis, vor ihnen am Boden liegt ein grosses Schachbrett. Die Kinder im Primarschulhaus Breite in Reinach AG diskutieren den nächsten Zug, warnen vor gefährlichen Situationen: «Mach die Dame», ruft jemand, «Achtung, Schachmatt».
Schach ist zwar kein Schulfach, und trotzdem setzen Schulen vermehrt auf Schach: Das Spiel soll die Kinder fördern. «Zuhören und beobachten, was passiert», ermahnt Lehrerin Stefanie Steinberg ihre Erstklässler. Beim Schach lernen sie Kompetenzen, die im ganzen Unterricht wichtig sind, zum Beispiel auch Konzentration. Zudem üben sie das Verlieren.
Schach überwindet Grenzen
Das Spiel der Könige, wie Schach auch genannt wird, profitiert von seiner weltweiten Bekanntheit: «Schach ist ein Spiel, das in ganz vielen Kulturen anerkannt ist», begründet Lehrerin Stefanie Steinberg ihre Faszination.
Um zusammen Schach zu spielen, müsse man nicht einmal miteinander reden können, ergänzt Steinberg. Das ist hilfreich in einem Ort wie Reinach AG, wo 42.4 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner keinen Schweizer Pass besitzen.
Schach liegt aber nicht nur an den Schulen im Trend: Auch in sozialen Medien ist das Spiel sehr präsent. Nicht zuletzt dank jungen Schachgenies wie dem 32-jährigen Norweger Magnus Carlsen – 2013 bis 2023 Schachweltmeister und aktuell Weltmeister im Schnell- und Blitzschach – oder dank der Netflix-Serie «Das Damengambit» aus dem Jahr 2020.
Schachklubs werden überrannt
Das spüren die Schachklubs: Sie werden von Nachwuchsspielerinnen und -spielern überrannt. Der Schachklub in Olten zum Beispiel kann gar nicht alle Interessierten aufnehmen, wie eine Anfrage von SRF zeigt.
Beim Schachklub Solothurn treffen sich Juniorinnen und Junioren bis zu viermal pro Woche zum Training. Eine Altersgrenze gebe es keine, sagt Toni Meier, Spielleiter des Schachklubs Solothurn.
Schach lehrt auch, mit dem Verlieren umzugehen
«Wenn die Eltern fragen, ob ihr Kind in den Klub kommen kann, dann frage ich, ob es verlieren kann.» Toni Meier weiss, wovon er spricht. Er spielt Schach, seit er 12-jährig ist – heute gehört er zu den Senioren des Klubs. Der Einstieg ins Schachspiel auf Klubniveau könne hart sein; die Klubmitglieder seien abgehärtet, schmunzelt Meier.
Man hat eine Chance. Das merken die Kinder, wenn sie spielen.
Was macht die Faszination des Schachspiels aus? Schachcoach Toni Meier hat seine eigene Antwort auf diese Frage: Die Voraussetzungen im Schach seien fair, findet Meier. Es spiele keine Rolle, ob man mehr oder weniger Muskeln habe, mehr oder weniger gut sehe. Auch die Körpergrösse sei irrelevant. «Man arbeitet mit den Figuren und man hat eine Chance. Das merken die Kinder, wenn sie gegeneinander spielen.»