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Sprengung von Bancomaten Fedpol: «Nur eine Frage der Zeit, bis es Opfer gibt»

Kriminelle Banden aus den Niederlanden treten immer skrupelloser auf. Bei Bancomatsprengungen setzen sie massiv mehr Sprengstoff ein. Und ihre Personalressourcen scheinen endlos zu sein.

Eine Plastikplane verdeckt die Stelle, wo einst der Bancomat war. Die Filiale ist seit Monaten geschlossen. Familienvater Florian Lüthi steht daneben. «Dort über dem Bancomat war ich, als es zum zweiten Mal knallte.» Durch die Druckwelle habe es den Boden seiner Wohnung angehoben.

Letzten September sprengten Kriminelle den Automaten der Regionalbank AEK in Oey im Diemtigtal, Kanton Bern.

«Mit dieser Brutalität gefährdet man Menschenleben», sagt Lüthi. «Meine Tochter fragte die Polizei, warum die Männer das gemacht haben, sie hätten doch wissen müssen, das oben jemand wohnt.»

Rekord bei Angriffen mit Sprengstoff

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Die Angriffe auf die gut gefüllten Schweizer Bancomaten sind seit Jahren konstant hoch. Im letzten Jahr gab es aber laut Bundesamt für Polizei Fedpol einen neuen Rekord bei Attacken mit Sprengstoff – total 28.

Sprengstoffdelikte sind ein Fall für das Fedpol. «Sprengstoff ist das gefährlichste und auch das effizienteste Mittel», sagt Fedpol-Mediensprecherin Berina Repesa. «Der Anstieg zeigt: Wir haben Täter, die möglichst schnell an die Beute kommen wollen, ohne Rücksicht auf Verluste», so Repesa.

Die Schäden werden immer gravierender, daraus müsse man schliessen, dass mehr Sprengstoff gebraucht werde. «Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es ein Opfer gibt», sagt Berina Repesa.

Mehrheitlich für Sprengstoffangriffe verantwortlich seien kriminelle Banden aus den Niederlanden. Diese hätten Verbindungen zur niederländischen Drogenmafia, der sogenannten Mocro-Mafia. In Deutschland sprengen sie seit Jahren täglich mindestens einen Automaten. Nun intensivieren sie laut den Ermittlern ihren Beutezug in der Schweiz. Das Geld fliesse oft in den Drogenhandel.

Kinder erlebten Sprengung mit

Tatort Wattenwil bei Thun, zweimal knallte es hier letzten Juli in der Post. Roland Ambord sah die Täter vor seinem Fenster bei der Arbeit. «Sie trugen Stirnlampen», sagt er. «Die Bewohner oben schrien runter, gerade über dem Postomaten schliefen zwei Kinder. Aber die Täter liessen sich durch nichts aus der Ruhe bringen.»

Roland Ambord: «Die Explosion war so heftig, ich dachte für eine Sekunde, dass ich tot bin.»

Banden teilen Arbeiten auf

Die Täter arbeiten mittlerweile hochprofessionell: Sie reisen für längere Zeit in die Schweiz, buchen Unterkünfte und Hotelzimmer. Sie teilen laut Fedpol-Sprecherin Repesa die Arbeiten auf: Späher, welche Banken und Fluchtwege auskundschaften – Logistiker und Fahrer, die hochmotorisierte Fluchtwagen besorgen – und die Sprenger. «Sie sind meist jung, erschreckend jung», sagt Repesa.

Der Sprengstoff stamme häufig von illegalen Feuerwerkskörpern. Mehrheitlich würden die Banden gleich mehrmals in einer Region zuschlagen, da sich die logistischen Kosten lohnen müssten.

Das Fedpol ist alarmiert. «Die Schweizer Strafverfolgungsbehörden sind mit den niederländischen Gruppierungen mit hochkriminellen Strukturen konfrontiert.»

Unerschöpfliche Personalressourcen

Letztes Jahr konnten in Frankreich mit Schweizer Hilfe 13 Verdächtige gefasst werden. Im Dezember wurden in Luzern vier Niederländer verhaftet. Sie hatten sich zuvor im Raum Interlaken versteckt. Erfolge für die Polizei – doch es kommen immer neue Bancomatsprenger.

«Gemäss dem polizeilichen Informationsaustausch mit den Niederlanden sind mutmasslich über 1000 Personen in die Geldautomatensprengungen in der Schweiz, Deutschland und Frankreich involviert», sagt die Fedpol-Sprecherin.

«Rundschau»

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