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SRF-Experten-Chat Corona-Chat: «Wird das Coronavirus mutieren?»

Fragen zu Impfung, Gegenmittel und Statistiken. Wissenschafts-Experten von SRF haben sie beantwortet – live im Chat.

Expertinnen und Experte im Corona-Chat

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Katharina Bochsler

Fachredaktion Wissenschaft Radio SRF

Andrea Fischli Roth

SRF-Wissenschaftsredaktorin «Einstein», Mikrobiologin

Sabine Olff

Redaktorin 3sat Wissenschaftssendung «nano», Biologin

Dr. Gerald Tippelmann

Redaktionsleiter «Puls», Mediziner

Katrin Zöfel

Fachredaktion Wissenschaft Radio SRF, Biologin

Viele Fragen haben sich sich um Impfung und Gegenmittel zum Coronavirus gedreht. Oder zur Interpretation der viel diskutierten Kurve der Angesteckten. Kurzum: Wo steht die Wissenschaft in diesen Tagen in den gemeinsamen Anstrengungen gegen das Coronavirus?

Die Antwort zur Frage im Titel dieses Artikels finden sie mit allen anderen Antworten im Chat-Protokoll. Oder hier schon vorweg. Wissenschaftsredaktorin Sabine Olff antwortet:

Das Coronavirus ist stabil - eine gute Nachricht

«Das Coronavirus ist bereits mutiert. Aber die Mutationsrate ist relativ gering. Anhand der Mutationen kann man beispielsweise zurückverfolgen, wie sich das Virus auf dem Erdball verbreitet. Grippeviren mutieren im Vergleich zu Coronaviren sehr viel mehr.

Unterm Strich kann man also sagen: Das aktuelle Coronavirus ist relativ stabil. Für die Impfstoffentwicklung ist das eine gute Nachricht. Es wäre sehr viel schwieriger, einen Impfstoff zu entwickeln, wenn sich das Virus rasch verändern würde.»

Die im folgenden Chat-Protokoll enthaltenen Informationen und Aussagen entsprechen dem Wissensstand während der Durchführung des Live-Chats. Aktuelle Informationen zur Corona-Pandemie finden Sie auf srf.ch/coronavirus und in der SRF News App.

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Warum weiss man so wenig über den ursprünglichen Auslöser des Virus? Wäre das nicht auch für den Impfstoff interessant? Wann gibt es einen Impfstoff? Meiner Meinung nach ist es sinnlos nur an ein Ende der Krise zu denken, wenn noch nicht einmal der Auslöser bekannt ist...?!

Katrin Zöfel: Es ist spannend herauszufinden, woher das Virus stammt. Viel spricht dafür, dass es aus Fledermäusen kommt, allerdings vermutlich mit einem Zwischenwirt. Welches Tier das gewesen sein könnte, ist immer noch unklar. Für einen Impfstoff braucht man aber vor allem das Virus selbst, und das liegt den Laboren ja inzwischen vor. Ein Impfstoff soll dem Körper vorspielen, dass das Virus im Körper ist, so dass das Immunsystem anspringt und sich wehrt, das heisst es genügt das Virus zu kennen und zu imitieren.

Gibt es schon logische Erklärungen für die markant unterschiedlichen Ansteckungs- und Sterbezahlen in Europa? Niederlande und Schweden tiefe Zahlen trotz wenig getroffenen Massnahmen, Deutschland viele Ansteckungen jedoch tiefe Anzahl Tote, Italien und Spanien hohe Zahlen trotz strengen Reglen. Liegt es an unterschiedlichen klimatischen Umständen, sozialem Verhalten, Altersstruktur, Zählweise usw. ? Oder sind die Unterschiede gar nicht vergleichbar, da die Länder nicht in derselben Phase sind?

Katrin Zöfel: Sie vermuten richtig, manche Länder sind weiter in der Entwicklung der Pandemie als andere. Was aber mindestens genau so wichtig ist: In Italien zum Beispiel wird die Zahl der Infizierten vermutlich um den Faktor 5 unterschätzt, einfach weil im Verhältnis zur Grösse des Ausbruchs, viel zu wenig getestet wird. Deutschland hingegen zum Beispiel testet sehr viel mehr, und erfasst daher auch mehr der milderen Verläufe. Die Todesrate in Italien zum Beispiel ist also sicher zu hoch. Schaut man sich die Zahlen aus den Niederlanden an, dann ist auch dort die Todesrate ähnlich hoch, wie in Italien, was sehr dafür spricht, dass schlicht sehr viele Infizierte übersehen werden. Und: An sich sind die Zahlen für die Niederlande gar nicht so positiv, sie liegen grob bei knapp unter einem Infizierten auf tausend Einwohner, das heisst sie sind im Verlauf der Epidemie den stark betroffenen Kantonen der CH (TE, BL, GE) nur etwa mehr als eine gute Woche hinterher. Zur Wirksamkeit strenger Massnahmen: Hat ein Land erst einmal eine grosse Anzahl von Infektionen, dauert es bis die Massnahmen so gut greifen, dass man das auch an den Zahlen sieht. Infizierte die am Tag X, an dem die Massnahmen beginnen, schon da sind, werden immer erst verzögert erfasst, dann wenn sie Symptome entwickeln, und stecken bis dahin auch noch weitere an. Heisst: Je früher im Epidemienverlauf ein Land Massnahmen ergreift, umso schneller wirken sie. Italien und Spanien haben spät mit den Massnahmen begonnen, und es dauert, bis diese sichtbar wirken.

Gibt es schon eine Studie wie sich SARS-CoV-2 bei den verschiedenen Blutgruppen verhält? Ich habe gelesen, dass Menschen mit der Blutgruppe O weniger anfällig sind wie andere.

Sabine Olff: Ja, es gibt eine chinesische Studie. Allerdings sind das vorläufige Resultate. Demnach könnten Menschen mit der Blutgruppe A ein höheres Ansteckungsrisiko haben. Aber um das mit Sicherheit sagen zu können, braucht es weitere Analysen mit grösseren Stichproben.

Laut Unispital Basel führt das neue Coronavirus zu einer Überreaktion des Immunsystems, wobei die Entzündungsreaktion eine grosse Rolle spielt - die Killerzellen greifen nicht nur das Virus an sondern auch gesundes Lungengewebe. Dieser Prozess klingt ähnlich wie bei einer Autoimmunerkrankung. Sind Menschen mit zB. Rheumatoider Arthritis - auch ohne immunsuprimierende Basistherapie - daher besonders gefährdet für einen schweren Verlauf, da ihr Immunsystem ja ohnehin schon ständig überreagiert?

Andrea Fischli Roth: Das ist noch unklar. Allerdings gibt es einen Link zwischen Arthritis und Covid-19. Das Roche-Medikament Actemra, das ja als Entzündungshemmer bei Arthritis zugelassen ist, wird momentan auf seine Wirkung bei schweren Covid-19-Fällen getestet. Bei vereinzelten Einsätzen in China und Italien hat man damit gute Erfahrung gemacht.

Folgende Fragen werden nicht behandelt: Wie verhalten sich die Anzahl durgeführten Tests mit Positivresultate. Bitte veröffentlichen Sie endlich Statistiken dazu! Wie viele Verlaufe benötigen einen Krankenhausaufenthalt? Wie verhält es sich mit False Positives/Negatives bei den Roche PCR Tests? Das Manual hat hier nur 150 Stichproben durchgeführt ohne das Virus zuvor zu isolieren. Dies wiederspricht den Kochschen Postulate und ist nicht Wissenschaftlich. Wie steht es mit randomisierte Stichprobe

Katrin Zöfel: Sie haben Recht. Es wäre wichtig, so bald wie möglich zu wissen, wieviele der gemachten Tests negativ ausfallen, um abzuschätzen, ob hier in der Schweiz genug getestet wird oder nicht. Diese Zahlen hoffen wir, bei SRF und auch andere Journalisten, bald zu bekommen. @Krankheitsverläufe:In Studien aus Wuhan brauchten ca. 15% der positiv Getesteten klinische Versorgung, in neueren Studien aus anderen Ländern liegt der Anteil bei 8%. Wie das Bild in der Schweiz aussieht, dazu fehlen noch die Daten. Wir hoffen, die bekommen wir bald, aber so kurz nach Beginn einer akuten Situation ist es auch verständlich, dass nicht sofort alle Daten verfügbar sind. @validierung der Tests:Meine Einschätzung: Die PCR Tests beruhen auf der Gen-Sequenz des Virus. Der von Christian Drosten an der Charité entwickelte Test wurde validiert, und ist sehr spezifisch. Der von Roche nun neu aufgesetzte Test funktioniert im Prinzip genau gleich, der Unterschied ist vor allem eine andere technische Infrastruktur zur Probenaufbereitung.

Sind Menschen der Risikogruppe auch nach Lockerung der Massnahmen noch immer besonders gefährdet und werden diese weiterhin ihre Sozialkontakte einschränken müssen (zB Menschen mit Vorerkrankungen, die Kinder im Schulpflichtigen Alter haben...)?

Andrea Fischli Roth: Für Menschen mit höherem Risiko verändert sich die Situation erst, wenn sie sich in der Öffentlichkeit nicht mehr anstecken können - und das ist in den nächsten Monaten nicht zu erwarten, auch wenn bis dann möglicherweise erste Lockerungen der jetzigen Massnahmen beschlossen oder umgesetzt sein werden. Also werden ältere Leute sowie Menschen, die aus medizinischen Gründen zu einer Risikogruppe gehören, möglicherweise länger eingeschränkt bleiben als solche, die keine solchen zusätzlichen Risiken haben.

Wie lange bleiben Coronaviren auf Oberflächen (Papier, Plastik, Kunststoff)?

Chat-Admin: Infos dazu und zur Einordnung der Labortests finden Sie hier: https://www.srf.ch/news/panorama/coronavirus-krise-und-hygiene-desinfektionsmittel-wirken-seife-auch

Für mich ist eine der wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit dem Corona Virus: Was weiss man darüber, wie lange und unter welchen Bedingungen das Virus auf verschiedenen Oberflächen überleben und aktiv bleiben kann? Nur wenn man darüber etwas weiss, lässt sich beurteilen, ob Massnahmen sinnvoll, übertrieben oder unnötig sind. Ich denke dabei u.a. an die Benutzung von Einkaufswagen; den Offenverkauf von Früchten und Gebäck; die Desinfektion von Verpackungen und Türgriffen; etc.

Chat-Admin: Infos dazu und zur Einordnung der Labortests finden Sie hier: https://www.srf.ch/news/panorama/coronavirus-krise-und-hygiene-desinfektionsmittel-wirken-seife-auch

Manko an Masken : Hitze können Viren abtötet, wie verhält es sich mit Kälte ? Können gebrauchte Masken mit Kälte, im Tiefkühler (in einem Plastiksack) desinfiziert und wieder verwendet werden ?

Andrea Fischli Roth: Momentan wird die Wiederverwendung von Masken nicht empfohlen. Bei Hitze gibt es rein wissenschaftlich gesehen Hinweise, dass 70 Grad Celsius für 30 Minuten oder 10 Minuten in heissem Wasserdampf funktionieren würde. Mit Kälte geht das allerdings nicht. Von anderen Coronaviren weiss man, dass sie auf –20 Grad bis zu 2 Jahre überleben.

Auf wie viele Personen schätzen die Ärzte die Personen, die an Corona erkrankt sind (lange wurden ja nur ü 60 getestet, also sind sie effektiv höher, sowie milde Fälle: z.B. x10)?

Sabine Olff: Die Schätzungen variieren extrem. Aber als sicher gilt, dass es mehr Infizierte gibt als in den offiziellen Statisken. Es gibt Experten, die sagen es sind doppelt so viele, andere gehen sogar von 10 bis 20 Mal so vielen aus. Klarheit wird nur ein Test auf Immunität liefern. Das heisst, dass man einen Querschnitt der Bevölkerung testet und dann schaut wie viel Menschen bereits mit dem Virus in Kontakt gekommen sind und Antikörper gegen das Virus gebildet haben.

Ist es überhaupt möglich das Virus ohne ein Medikament oder einen Impfstoff einzudämmen? Was denken Sie, wie lange dauert es bis so was auf dem Markt ist. Besten Dank

Sabine Olff: Verschwinden wird das Virus wohl nur mit einem Impfstoff. Für die Impfstoff-Entwicklung gehen die Experten von 12 - 18 Monaten aus. Medikamente könnten diesen Zeitraum überbrücken helfen. Verschiedene Medikamente werden ja auch schon in Studien getestet. Dabei muss man zwischen solchen unterscheiden, die schon für andere Krankheiten zugelassen sind und damit alle sicherheitsrelevanten Tests bereits hinter sich haben. Wenn diese Medikamente wirksam bei Corona sind, könnten sie ziemlich rasch auch breiter werden. Anders sieht es bei Wirkstoffen aus, die neu entwickelt werden und alle Studienphasen noch durchlaufen müssen.

Noch eine Frage zur Aktivität der Viren auf Oberflächen. Wenn Herr Volker Thiel sagt, ausgetrocknet ist das Virus inaktiv, bedeutet das dann, dass es unwiederbringlich zerstört ist? Oder kann es wieder aktiviert werden, wenn es z.B. wieder genügend Feuchtigkeit hat? Besten Dank!

Chat-Admin: Ja, das Virus ist dann definitiv zerstört.

Gibt es aktuelle Erkenntnisse, wie und wo sich die täglichen 1k+ neuen Patienten mit dem Virus anstecken? Arbeit, zu Hause, Einkaufen? Wir haben nun seit fast einem Monat unsere Kontakte heruntergefunden, da müsste es doch unterdessen irgendwelche Trends zu den Ansteckungen geben.

Andrea Fischli Roth: Die meisten der Menschen, die ein positives Testergebnis erhalten, können nicht sagen, wo sie sich angesteckt haben könnten. Eine Studie aus Oxford legt nahe, dass fast die Hälfte der Ansteckungen geschehen, bevor bei der infizierten Person überhaupt Symptome auftreten. Insofern ist es sehr schwierig, dazu Daten zu sammeln. In Deutschland versucht man in Gangelt mit 1000 Personen solchen Fragen auf den Grund zu gehen, indem man sie befragt sowie Speichel- und Blutproben nimmt.

Wie sinnvoll ist eine "kontrollierte" Selbstansteckung mit anschliessendem zweiwöchigem Quarantäneaufenthalt?

Katrin Zöfel: Rolf Kiegler Das hat zwei Seiten: Das Risiko für Sie und das Risiko für die Menschen in der Schweiz insgesamt. Wenn Sie sich anstecken, beschleunigen Sie die Ausbreitung des Virus. Und sollte es zu einem schweren Verlauf kommen, belasten Sie die Krankenhäuser mit einer "vermeidbaren" Last, und erhöhen das Risiko, dass die Krankenhäuser in eine Überlastung hineinlaufen. Eine zweiwöchige Quarantäne bietet, wenn Sie sich selbst anstecken auch keine Garantie, dass Sie danach nicht mehr ansteckend sind. Sicher sein könnten Sie sich nur mit mehreren Tagen an denen Sie negativ getestet wurden. Viele Verläufe sind länger als zwei Wochen. Schliesslich: Schwere Verläufe hinterlassen bleibende Schäden, es ist nicht garantiert, dass Sie sich danach wieder völlig erholen.

Wann sind Test, ob man Corona hatte, allen zugänglich?

Gerald Tippelmann: Hoffentlich bald, wobei es sehr viel mehr Sinn macht, wenn die Ergebnisse aller Tests auch in Datenbanken zusammengefasst werden, damit die Verbreitung der Erkrankung in der Bevölkerung verfolgt werden kann. Die Test-Kapazität für eine viel breitere PCR-Testung ist mittlerweile vorhanden. Serum Tests auf Antikörper sind noch in der Validierungsphase und werden in den nächsten Wochen reif für eine breite Anwendung sein.

Wurde einen Zusammenhang zwischen Bluthochdruck Medikamenten und Schlechter Verlauf der Krank. schon ausgeräumt oder besteht er noch (Tagi Artikel)?

Gerald Tippelmann: Ein Zusammenhang zwischen der Einnahme von Sartanen und ACE Hemmern wurde aufgrund der Wirkungsweise und dem spezifischen Bindungsprotein der Viren diskutiert, bislang aber nicht klinisch bestätigt. Die medizinischen Fachgesellschaften der Schweiz und Europas raten vom Absetzen dieser Medikamente ab. Noch sind diese Vermutungen hypothetisch.

1. Trifft es zu dass das Virus auf Oberflächen wie Plastik, Holz, Metall usw. "nur" maximal 3 Stunden überleben kann und Behauptungen von "mehreren Tagen" Fake-News sind? 2, Wie lange überlebt das Virus maximal auf kontaminierten Textilien/Kleidern?

Andrea Fischli Roth: Wie lange das Virus überlebt, das kommt auf die Oberfläche an. Auf Karton überlebt das Virus bis zu 24 Stunden, auf Plastik oder Edelstahl bis zu 72 Stunden. Textilien und Kleider sind eher porös und verhalten sich ähnlich wie Karton, also kann das Virus da allerhöchstens 24 Stunden überleben. Der Grund ist, dass diese Materialien viel besser Feuchtigkeit absorbieren als glatte Oberflächen wie Plastik oder Metall. Das spielt eine wichtige Rolle, denn das Corona-Virus “reist” in Tröpfchen aus der Atemluft infizierter Menschen. Diese Tröpfchen landen auf den Oberflächen. Trocknen sie aus, wird das Virus sehr schnell inaktiviert.

warum werden z.B. verstorbene im Alter von über 80 Jahren mit diversen Vorerkrankungen als Opfer vom Coronavirus gezählt. Ist doch nicht seriös...

Gerald Tippelmann: Auch im Alter von 80 Jahren mit diversen Vorerkrankungen besteht durchaus noch Aussicht auf einige wohlverdiente Lebensjahre. Nicht seriös wäre eine Altersguillotine. Sollten sich die intensivmedizinischen Ressourcen als zu knapp erweisen, könnte die Frage für Triageentscheidungen eine Rolle spielen.

1. Hilft eine gute sportliche Kondition für einen leichteren Verlauf der Krankheit?

Sabine Olff: Eine gute sportliche Kondition, schadet sicher nicht. Aber es schliesst einen schweren Verlauf leider nicht komplett aus. Wobei schwere Verläufe in der Altersgruppe unter 65 und bei Personen ohne Vorerkrankungen selten sind.

Man spricht überhaupt nicht mehr von der saisonalen influenza. Mich würde interessieren, wieviele influenzafälle es in der schweiz gibt und wieviele todesopfer. Diese daten hätte ich gerne den covid 19 fällen gegenübergestellt.

Gerald Tippelmann: Der diesjährige Verlauf der Influenzagrippe entspricht etwa den Zahlen des Vorjahres und nimmt derzeit saisonal bedingt wieder ab. Knapp 1000 Tote werden jährlich der Influenzagrippe zugeschrieben. Sobald eine wirksame Impfung gegen CoVid19 verfügbar ist, macht auch eine Gegenüberstellung Sinn.

Wieso wird im Moment nur von den Toten der Pandemie gesprochen aber nicht von den noch viel verbreiterten Risiken eins bleibenden Lungenschadens egeal in welcher stärke? Dies wird doch unsere Volkswirtschaft und Gesellschaftnoch viel mehr belasten.

Gerald Tippelmann: Weil im Augenblick die Sorge herrscht, die Pandemie könne die Belastbarkeit des Gesundheitssystems überfordern.

Sehr geehrte Damen und Herren, mich interessiert, ob der Virus auch über den Magen-Darm-Trakt seine Wirkung entfalten kann. Vielen Dank und allen alles Gute.

Katrin Zöfel: Magen-Darm-Symptome kommen bei COVID-19 vor, sind aber nach bisheriger Datenlage eher selten. Das Virus wurde im Stuhlgang von Patienten auch nachgewiesen, allerrdings ist nicht klar, ob das Virus dann noch infektiös ist.

Ich (57 J.) habe mich bisher zweimal (Ende 90er Jahre) in meinem Leben gegen Grippe impfen lassen, und beide Male war ich dann den ganzen Winter hindurch krank (Bronchitis etc.). Ich frage mich jetzt, ob ich, wenn es dann eine Impfung gegen Covid-19 gibt, mich überhaupt impfen lassen sollte oder es besser bleiben lasse.

Gerald Tippelmann: Das subjektive Empfinden, eine Grippeimpfung habe negative Folgen für die eigene Gesundheit, ist sicher entmutigend für eventuelle Folgeimpfungen. Grundsätzlich ist aber der Schutz der Impfungen gegen saisonale Influenzaviren gut belegt, gegen andere Erkältungskrankheiten wirkt das natürlich nicht. Ähnlich wird es sich auch mit einer Coronaimpfung verhalten. Die Impfung wirkt bestenfalls spezifisch gegen dieses Virus.

Eine Frage zur Test-Statistik: Bis jetzt konnte nur begrenzt getestet werden und daher wurde auch nur eine gewisse Anzahl positiver Covid19-Fälle registriert. Nun werden aber mehr und mehr Tests durchgeführt. Das wird doch automatisch dazu führen, dass viel mehr neue positive Fälle entdeckt werden. Wird dieser Umstand irgendwie bei der Erstellung der Statistiken einkalkuliert? Die Kurve wird ja sonst steil ansteigen.

Sabine Olff: Gute Frage. Ich kann Ihnen derzeit nicht sagen, ob und wie das berücksichtigt wird. Aber sicher führt eine veränderte Testkapazität und andere Testkriterien dazu, dass die Zahlen zu verschiedenen Zeitpunkten nur schwer zu vergleichen sind. Um beurteilen zu können, wie sich die Epidemie entwickelt, ist die Zahl der Toten und Intensivpatienten künftig wahrscheinlich aussagekräftiger.

Test die gemacht werden sagen nur aus ob positiv oder negativ. Nun kann negativ bedeuten zukünftiger Positiver oder aber Immun (Antikörper). Warum wird nicht mit Bluttest (Ergebnis innert 15 min.) grossflächig getestet (weisen Antikörper nach) damit endlich die Zahl publiziert wird wie viele Personen Antikörper in sich haben. Wer Antikörper hat kann weder übertragen noch sich anstecken folglich wäre diese Zahl die wichtigste um die Zahlen Neuinfizierung/Tote richtig interpretieren zu können.

Andrea Fischli Roth: Tatsächlich sind schon Bluttests kommerziell erhältlich und werden in Asien eingesetzt. Noch unklar ist, wie zuverlässig diese Antikörpertests sind. Das wird jetzt in der Schweiz geprüft. Bis jetzt kam keiner dieser kommerziellen Tests über eine Verlässlichkeit von 80% hinaus. Im Labor kann man natürlich viel genauer sein, aber dann ist man nicht schnell genug und kannnicht grossflächig testen. Auch noch unklar ist, wie gut jemand mit Antikörpern wirklich vor einer Neuansteckung geschützt ist. Die bisherigen Untersuchungen deuten auf einen Schutz hin, aber wie lange der anhält, können die Forschenden heute noch nicht genau sagen.

Guten Tag, Wir können ja am Tag ca. 8000 Tests durchführen davon kommen im Schnitt 15% positiv zurück. Dies sind im schnitt 1200 positive Fälle pro Tag. Heist das nicht das die Kurve nur langsamer ansteigt da unsere Testkapazitäten nicht mithalten können? Das heisst doch die Anzahl Infektion könnte durch die Decke schiessen und wir merken es nicht. Ich will das hier nicht als Fakt darstellen ich bin kein Experte ich bin lediglich an der Antwort interessiert.

Gerald Tippelmann: Grundsätzlich haben Sie recht. Wie viele positive Resultate zurückkommen, wenn man grössere Bevölkerungsgruppen testet, ist offen. Eines der aktuellen Probleme. Die Dunkelziffer nicht erkannter Erkrankungsfälle ist gross, wie gross, weiss derzeit niemand, alles Spekulation. Es gibt aber sicher mehr Erkrankungsfälle, als gesicherte Fälle.

Guten Tag, bin Immunsupprimiert, arbeite in einem Spital auf der Pflege, meine Angst ist gross das ich mich anstecken könnte, kann mich der Arbeitgeber zwingen zur Arbeit mit den nötigen Schutzmassnahmen? Oder muss ich mit Lohneinschränkung rechnen, oder Kündigung? Gehören Immunsupprimierte Personen immer noch zur Risikogruppe?herzlichen Dank, freundliche Grüsse.

Chat-Admin: Immunsupprimierte Personen zählen weiterhin zur Risikogruppe. Die arbeitsrechtliche Frage kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden – mehr Infromationen hierzu finden Sie zum Beispiel im «Kassensturz»-Chat https://www.srf.ch/sendungen/kassensturz-espresso/corona-arbeitsrechtliche-situation-wir-beantworten-ihre-fragen

Leider haben wir keine Masken bzw. waren alle Ausverkauft und Desinfektionsmittel ist auch nur begrenzt vorhanden. Wie können wir uns am besten beim Einkaufen schützen ausser den Standard Vorsichtsmassnahmen (Distanz halten usw.)?

Katrin Zöfel: @Masken: Sie schützen nicht Privatpersonen, die sie einfach so tragen, bzw. ihre Schutzwirkung ist extrem gering. Medizinisches Personal trägt Masken zusammen mit weiterer Schutzkleidung plus Schutzbrillen, das ergibt zusammen einen guten Schutz. Für Privatpersonen sind Masken nur dann sinnvoll, wenn Sie selbst vermuten, dass Sie ansteckend sein könnten, und Andere schützen wollen. @Schutz für Sie: Da eine Ansteckung vor allem über Tröpfchen erfolgt, die Infizierte beim Sprechen, Husten, Niesen erzeugen, und diese Tröpfchen nicht lange in der Luft bleiben und nicht weit fliegen, müssen Sie einer inifizierten Person bis auf 1, 2 Meter nahe kommen, um sich direkt anzustecken. Der zweite Infektionsweg läuft über Oberflächen, auch hier können Sie sich schützen, indem Sie sich unterwegs nicht ins Gesicht fassen, nachdem Sie Oberflächen angefasst haben, und die Hände waschen, sobald Sie wieder zu Hause sind. All diese Massnahmen klingen banal, aber sie helfen.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Schweiz ist auf die Bevölkerung gerechnet eines der Länder mit der grössten Anzahl Infizierte. Ich kann mir nicht erklären, dass dies nur an der hohen Anzahl der Tests liegt die wir durchführen. Könnten Sie mir bitte erklären warum das so ist? Haben wir zu lockere Massnahmen getroffen? Die Vernunft der Bevölkerung lässt ja zu wünschen übrig. Vielen Dank für Ihre Antwort.

Gerald Tippelmann: Wie viele Infizierte man findet, ist, wie Sie richtig sagen, davon abhängig, wie intensiv getestet wird. Ein Unterschied der Ausbreitungsgeschwindigkeit kann auf sehr viele Faktoren, wie Bevölkerungsdichte, soziale Verhaltensregeln etc. zurückzuführen sein, es muss nicht zwangsläufig mit zögerlichen Massnahmen zu tun haben.

Wenn jemand als negativ getestet ist, besteht doch meiner Meinung nach trotzdem die Möglichkeit, sich danach noch anzustecken? Werden solche Personen dann nicht gleichgültig und glauben sich in falscher Sicherheit?

Andrea Fischli Roth: Das ist richtig, ein Test schützt in einer Weise vor einer Ansteckung. Der in der Schweiz eingesetzte PCR-Test weist das Erbgut des Virus nach. Wer ein negatives Resultat hat, der trägt also kein Virus-Erbgut in sich. Diese Person kann entweder noch keinen Kontakt mit dem Virus gehabt haben oder theoretisch auch Corona gehabt haben und es nicht bemerkt haben. 14 Tage nach einer Infektion sollte das Virus nicht mehr nachweisbar sein. Es ist aber viel wahrscheinlicher, dass diese Person dem Virus schlicht noch nicht begegnet ist. Demzufolge ist sie genauso gefährdet wie jemand, der nicht getestet wurde.

Eine Frage zu der Inkubationszeit. Während der Inkubationszeit treten ja keine symptome auf, ebenfalls sind die momentanen Tests in dieser negativ. Heisst das auch, dass in dieser Zeit noch kein Ansteckungsrisiko verhanden ist? Falls ja, wie viele Stunden / Tage vor dem Krankheitsausbruch ist man ansteckend?

Sabine Olff: Derzeit gehen Experten davon aus, dass man bereits zwei Tage vor Auftreten der Symptome ansteckend sein kann. Das macht es so schwierig das Virus in den Griff zu bekommen. Eine neue Studie besagt sogar, dass ca. 45 Prozent der Übertragungen präsymptomatisch sind. In dieser Zeit ist das Virus mittels PCR-Test auch nachweisbar. Das heisst der Test würde positiv ausfallen.

Es heisst, dass ältere Menschen über 65 mehr gefährdet seien gegen die Seuche als jüngere. Gilt das auch für gesunde Alte? Wenn ja, liegt das an der natürlichen "Abnützung" unseres Körpers, zu der ja auch die Lunge gehört? Ich bin 75 und hatte nie eine Vorerkrankung. Normaler Blutdruck, kein Diabetes, keine Allergien etc. Bin hochaktiv usw.

Gerald Tippelmann: Ältere Menschen sind gefährdeter, einen schweren Verlauf der Erkrankung zu erleben. Dass sie auch gefährdeter sind, sich zu infizieren, ist nicht gesagt. Das hängt sehr stark vom eigenen Verhalten ab.

1. Es wird mehr getestet. Dann gibt es eine höhere Zahl an pos. Tests. Ob die Infektionsrate zu- oder abnimmt ist dann schwierig zu beurteilen. Dann könnte eine Abflachung auch eine Abnahme gegenüber der Zeit mit weniger Tests sein. 2. Das Ziel ist: jeder infizierte steckt weniger als 1 an. Ist dieses Ziel schon erreicht? Wie lässt sich aus das aus den Zahlen ablesen?

Gerald Tippelmann: 1. Ja, 2. momentan nähert man sich möglicherweise einem r-Wert von 1, was sich an der Abflachung der Kurve der Erkrankungszahlen zeigen könnte, aber wie Sie richtig sagen, das kann auch ein Effekt der Tatsache sein, dass mehr und andere Personen getestet werden. Die nächsten Tage werden zeigen, ob dieser Trend anhält, oder nur "technischer" Natur ist.

Sehr geehrte Wissenschafts-Experten, gerne möchte ich wissen, ob man schon heraus gefunden hat, warum in Italien soviele Menschen, trotz Beatmungsgerät, verstorben sind. Die Ärzte waren ratlos, weshalb Ihre (sonst üblichen und erfolgreichen Massnahmen) beim Coronavirus keinen Erfolg zeigten. Wie sieht die Situation bei unseren beatmeten Patienten aus? Stehen auch wir vor einem solch schlimmen Problem? Besten Dank für diesen Chat. Alles Gute und freundliche Grüsse

Katrin Zöfel: In Italien kommen viele Faktoren zusammen. Zunächst ist die reale Sterberate vermutlich geringer, als es im Moment scheint. Es zeichnet sich ab, dass dort die Dunkelziffer an Infizierten recht hoch ist. Hauptgrund: zu wenig Tests. Eine aktuelle Studie gibt an, dass die realen Fallzahlen 5mal höher liegen. Entsprechend wäre die reale Sterberate deutlich geringer, als es im Moment in den Statistiken steht. Gleichzeitig kamen die Ärzte in Italien tatsächlich in die Situation, dass sie wählen mussten, wem sie helfen, und Patienten sterben lassen mussten, denen man im Normalfall hätte helfen können. Die Situation in der Schweiz ist anders, heikel zwar, aber die Krankenhäuser sind noch nicht überlastet. Hoffen wir, dass es so bleibt.

Für die Entwicklung einer einsetzbaren Impfung rechnet man 1 bis 1 1/2 Jahre. Wie lange für ein eigenständiges Medikament (mit minimalen Nebenwirkungen)?

Andrea Fischli Roth: Ein spezifisches Medikament gegen SARS-CoV2 von Grund auf zu entwickeln würde viel zu lange dauern - normalerweise dauert das über zehn Jahre. Allerdings gibt es Forschende, die sich mit SARS befasst haben, und da diese beiden Viren, SARS-CoV1 und SARS-CoV2, nah verwandt sind, steht man da mit einem Wirkstoff aus Österreich schon kurz vor den ersten Tests bei gesunden Freiwilligen. Zudem gibt es ein Medikament gegen das Ebola-Virus, das zwar noch nicht zugelassen ist, aber heute schon in Studien auf seine Wirksamkeit bei SARS-CoV2 getestet wird. Dieses Medikament namens Remdesivir wird auch schon vereinzelt eingesetzt. Zu Nebenwirkungen lässt sich bei beiden Medikamenten noch nichts sagen. Des Weiteren versucht man bei schwer Erkrankten weitere Medikamente, die eigentlich für andere Krankheiten zugelassen wurden, einzusetzen - und prüft gleichzeitig in Studien diesen Ansatz.

Grüezi Das Virus fliegt beim Niesen auf meine Wange. Kann es ohne meine Hilfe ganz eigenständig in meinen Nasenflügel gelangen und mich so infizieren?

Katrin Zöfel: Die Antwort ist ein einfaches Nein. Sie müssten sich an der Wange ins Gesicht fassen, das Virus so an die Hände bekommen, und danach an den Mund, in die Nase oder an die Augen fassen.

Kann man bereits Antikörpertests durchführen lassen?

Gerald Tippelmann: Theoretisch ja, es gibt auch Ärzte, die offensichtlich Tests aus dem Ausland durchführen, das Problem dabei ist natürlich, dass man aus dem Ergebnis solcher Tests noch nichts sicheres ablesen kann. Ob Sie immun gegen das Virus sind, oder die Krankheit bereits durchgemacht haben, können Sie nach derzeitigem Erkenntnisstand dem Ergebnis nicht mit ausreichender Sicherheit entnehmen.

Wie viele Menschen sterben im Tessin in einem durchschnittlichen März und wie viele sind dieses Jahr im selben Monat gestorben?

Sabine Olff: Auf das Tessin bezogen kann ich Ihnen die Antwort leider nicht geben. Aber für die Schweiz. Im Durchschnitt sterben in der Schweiz pro Woche ca. 1120 Menschen über 65 Jahre. Diese Zahl schwankt allerdings je nach Jahreszeit. Für die Woche vom 16. - 22. März wurden 1108 - 1287 Todesfälle erwartet - das basiert auf Zahlen aus früheren Jahren. Tatsächlich sind 1328 Menschen gestorben. Diese Übersterblichkeit führt das Bundesamt für Statistik auf die Pandemie zurück.

Soblad ein Impfstoff verfügbar ist: Muss die ganze Bevölkerung geimpft werden, um einen zukünftigen Wiederausbrucht der Epidemie zu verhindern, oder wie wird das Verfahren zu diesem Zeitpunkt aussehen?

Sabine Olff: Die ganze Bevölkerung wird man wohl leider nicht direkt impfen können, weil nicht so viele Impfdosen zur Verfügung stehen werden. Deswegen wird man zunächst die Personen impfen, die im Spital und in der Pflege arbeiten sowie die Personen aus den Risikogruppen - also ältere Menschen und Personen mit Vorerkrankungen.

in der Tabelle *Fallentwicklung in den Kantonen* wird die Entwicklung mit blauen Pfeilen (rückgängig) und mit roten (ansteigend) dargestellt. Wenn die vor zwei Wochen verordneten Massnahmen des BAG greifen, sollten die Werte rückläufig sein. Die heutige Tabelle zeigt anderes. Vor zwei Tagen waren die meisten Kantone noch blau markiert, heute am 03.04.20 ist die Mehrzahl der Kantone aber rot (ansteigend) markiert ?

Gerald Tippelmann: Solche Fallentwicklungskurven muss man im Verlauf betrachten. Verfügbarkeit und Durchführung der Tests beeinflussen das Ergebnis ebenso wie die Tatsache, dass sie die Infektionsdynamik der vergangenen Woche abbilden. Die Anzahl schwer erkrankter und verstorbener Patienten bildet die tatsächlichen Gegebenheiten besser ab.

Ich versuche, eine Balance zwischen gesellschaftlicher Verantwortung (=Distanzierung) und dem Befriedigen grundlegender sozialer Bedürfnisse (=einge Menschen treffen, möglichst mit Abstand). Wie sieht ein Angemessener Mittelweg aus?

Katrin Zöfel: Das ist eine sehr persönliche Abwägung. Ich persönlich schränke mich im Moment stark ein, weil es gerade so wichtig ist, die Ausbreitung zu bremsen. Kontakt zu älteren Menschen meide ich komplett, um sie nicht unwissentlich zu gefährden.

Wird Remdesivir nach den positiven Tierversuchen nun in klinischen Studien weitergetestet, bzw. wie lange geht hier die Zulassung?

Andrea Fischli Roth: Remdesivir ist ein antivirales Medikament, das ursprünglich gegen Ebola entwickelt wurde und noch nicht zugelassen ist. Momentan hat die WHO eine grosse internationale Wirksamkeitsstudie namens "Solidarity" mit Schweizer Beteiligung gestartet, in der auch Remdesivir auf seine Wirksamkeit bei Covid-19 getestet wird. Parallel dazu setzen Schweizer Spitäler Remdesivir bei schweren Fällen auch schon vereinzelt ein - natürlich begleitet von einem rigorosen Monitoring.

warum werden die coronazahlen(infizierte und verstorbene) von Schweden nicht aufgeführt. Dort gibt es nur bescheidene Massnahmen und trotzdem sehr tiefe zahlen im vergleich zur schweiz?

Katharina Bochsler: Schweden geht in der Corona-Krise innerhalb von Europa tatsächlich einen eigenen Weg. Es ist das letzte europäische Land ohne strenge Massnahmen gegen das neue Corona Virus. Das Land baut auf Freiwilligkeit, was das Physical Distancing oder das Verhalten von Risikogruppen, wie älteren Menschen, angeht. Kindergärten, Grundschulen bis zur 9. Klasse sowie Restaurants und Cafés sind offen. Die Grenzen sind für EuropäerInnen offen. Das finden auch in Schweden nicht alle gut. Es wird sich zeigen, ob die Entwicklung steigender Infektionsraten und Todesfälle in Europa mit Verzögerung auch im Norden Europas und damit auch Schweden eintreffen wird. In Schweden sind bisher 308 Menschen an COVID-19 gestorben. In der Schweiz, einem Land das früher von der Corona-Pandemie ergriffen wurde, sind es (Stand heute) 573 Todesfälle. Aufschlussreicher dürfte der Vergleich mit dem Nachbarland Norwegen sein. Norwegen, das eine ähnlich hohe Zahl bestätigter Infektionen hat (ca. 5"000) hatte bisher lediglich 54 Menschenleben zu beklagen. Wenn man die unterschiedliche Bevölkerungszahl Schwedens (10,12 Mio.) und Norwegens (5,4 Mio.) berücksichtigt, hat Schweden drei Mal mehr COVID-19-Todesopfer als Norwegen.

Guten Tag, Basel testet die Übertragung von Antikörpern Genesener auf Erkrankte. Hat man als Patient nur in Basel das Glück, eventuell mit dieser passiven Impfung behandelt zu werden, oder gibt es an anderen Spitälern diese Möglichkeit auch? Und informieren Sie weiterhin über die Ergebnisse des Projekts, dem ich viel Erfolg wünsche. Allen vielen Dank für die Informationen und gute Gesundheit.

Andrea Fischli Roth: Diese Art von Behandlung mit dem Serum geheilter Patient*innen gibt es auch schon am Universitätsspital in Zürich. Momentan wird das in Einzelfällen getestet. Fallen diese Tests positiv aus, kann man davon ausgehen, dass weitere grössere Spitäler diese Behandlungsmethode ebenfalls anbieten werden.

Relativ früh wurde gesagt, dass die Kinder nicht unbedingt Träger von diesen Virus sind und von daher dieses Virus auch nicht unbedingt weiter verbreiten würden. Weiter ist letzthin in Grossbritannien eine Studie erschienen welche die Schulschliessung im Zusammenhang mit dieser Pandemie als nicht wahnsinnig effizient einstuft. Wieso hält man trotzdem an diesen Schulschliessungen fest?

Katrin Zöfel: Schulen sind Orte, an denen sich viele Menschen begegnen, über die Grenzen vieler Haushalte hinweg. Das heisst, deren Mulitplikationswirkung kann sehr hoch sein. Gleichzeitig haben Sie Recht, es ist recht unklar, wie sehr Kinder als Überträger die Ausbreitung antreiben. Die Datenlage ist noch zu dünn. Das wird hoffentlich bald besser, u.a. durch Studien, die die Ansteckungswege zum Beispiel im Landkreis Heinsberg in Nordrhein-Westphalen versuchen nachzuvollziehen. Mir leuchtet es ein: Jetzt Vorsicht walten lassen, denn ein negativer Effekt von offenen Schulen wäre nicht mehr rückholbar, und gleichzeitig so schnell wie möglich klären, wieviel Schulschliessungen nutzen.

Bei Masken deutet immer mehr darauf hin, dass eine breite Verwendung die Verbreitung reduzieren könnte da dadurch pre-symptomatische Personen weniger Menschen anstecken. Jedoch gibt es derzeit zuwenige Masken um dies zu realisieren. Diverse Versuche zeigen, dass Masken mit Wärme oder einfach Warten behandelt werden können und die Filterleistung erhalten bleibt. Gibt es da Forschung in die Richtung wie oft Hygienemasken so wiederverwendet werden können?

Gerald Tippelmann: Für die Tatsache, dass präsymptomatische Personen durch Maskentragen das Virus weniger häufig weiterverbreiten, gibt es schwache Evidenz. Umgekehrt ist die Schutzwirkung kaum nachweisbar. Mir scheint wichtig, dass sich durch das Tragen von Masken auch das Verhalten und das Bewusstsein verändern dürfte und dieser Effekt einen Einfluss auf die Übertragung haben kann. Dazu gibt es aber meines Wissens nach keinerlei Forschung. Bedeutet aber, dass das Reinigen/Desinfizieren gebrauchter Masken kaum eine Rolle spielen dürften. Einzelne Untersuchungen sprechen selbst angefertigten Masken eine ähnlich hohe/geringe Schutzwirkung zu, wie industriell hergestellten.

Ich bin in Isolation wegen Vorerkrankung. Wie hoch ist das Übertrgaungsrisiko wenn jemand für mich Kleider wäscht und ich dann nasse Kleider am Balkon aufhänge oder sogar in der Wohnung trocknen muss? Vielen Dank.

Katrin Zöfel: Eine 100%ige Sicherheit gibt es nicht, aber das Risiko sich auf diesem Weg anzustecken, dürfte gering sein. Das Virus überlebt einige Stunden auf glatten Oberflächen, auf Stoff ist der Zeitraum deutlich kürzer.

Inwiefern ist die Immunisierung mit Bluttransfusion ein Thema für die Wissenschaft. Wäre dies heute schon möglich?

Andrea Fischli Roth: Diese Art von Behandlung mit dem Serum geheilter Patient*innen wird an den Universitätsspitälern von Basel und Zürich schon heute getestet. Dabei sollen die Antikörper aus dem Blut Geheilter bei der Bekämpfung von Covid-19 helfen. 10vor10 hat gestern darüber berichtet: https://www.srf.ch/play/tv/10vor10/video/covid-19-testreihe-mit-plasmatransfusion?id=d904307f-d16d-49db-b784-a93229a2f818&expandDescription=true Fallen diese Tests positiv aus, kann man davon ausgehen, dass weitere grössere Spitäler diese Behandlungsmethode ebenfalls anbieten werden.

Guten Tag! Ich frage mich, ob nicht doch die Aussentemperaturen einen Einfluss haben können auf die Verbreitung des Virus. Grund: Nehmen wir Iran mit vielen Infektionen, und Mexiko mit wenig Infektionen. Beide Länder haben ca. den gleichen Standard, COVID-19-Fälle würden in beiden Ländern wohl gleich oft entdeckt. Unterschied: Mexiko ist (sub)tropisch, Iran hat ähnliche Winter wie wir. Sie haben aber sehr unterschiedliche COVID-19-Zahlen. Wegen unterschiedlichem Klima?

Sabine Olff: Inwiefern das Klima eine Rolle spielt, beobachten auch wir mit grossem Interesse. Experten vermuten, dass der Sommer einen Einfluss auf die Zahl der Infektionen haben könnte. Gründe: Weil wir nicht mehr so eng beieinander sind, aber auch weil das Virus einer höheren UV-Strahlung ausgesetzt ist und eher kaputt geht. Allerdings, so die Experten, wird der Effekt wahrscheinlich nicht wahnsinnig gross sein. Zum Vgl Iran/Mexiko: Unterschiedliche Testkapazitäten könnten natürlich auch dafür verantwortlich sein, dass in dem einen Land mehr Infektionen registriert werden als in dem anderen.

Gibt es schon eine Evidenzlage, bzw. eine wissenschaftliche/medizinsche Empfehlung bezüglich dem Nutzen oder Schaden von atemtherapeutischen Anwendungen bei Covid19-Betroffenen?

Katharina Bochsler: Schwer erkrankte Corona-PatientInnen entwickeln eine so genannte interstitielle Lungenentzündung. Diese schwere Entzündung schädigt die Alveolen. Das sind die Lungenbläschen, in denen der Gasaustausch stattfindet. Der Sauerstoff aus der Atemluft gelangt hier in die Lunge und umgekehrt findet das im Körper produzierte CO2 den Weg zurück ins Blut. Menschen mit diesem schweren Krankheitsverlauf brauchen maschinelle Unterstützung beim Atmen. Sie leiden unter Atemnot. Auch bei weniger schweren Verläufen helfen Atemtechniken auf körperlicher Ebene kaum. Atemübungen können Patienten jedoch beruhigen, was zumindest indirekt zum Wohlbefinden beiträgt.

Wenn man den Abstand von 2 Metern einhält und keine Gegenstände teilt (z.B. kein Glas überreichen): Ist das Ansteckungsrisiko erheblich höher, wenn man sich in einer Wohnung trifft, statt bei einem Waldspaziergang?

Gerald Tippelmann: Nach allem, was beschrieben wird, ja. Das beschreibt aber nur die Erwartung, die man daran hat, dass sich in einem Raum die beim Sprechen und Husten ausgeschiedenen Tröpfchen weniger schnell verbreiten und ablagern. Weniger Luftvolumen bedeutet höhere Tröpfchendichte. Aber Achtung: Theorie..

Immer hört man, dass frühestens nach dem "Peak" der Epidemie Lockerungen möglich wären. Wie ist der Peak definiert? Die Angaben sind teils unklar (Berset heute: "Bis die Fallzahlen sinken"). Die "Fall"zahlen (Angesteckte) werden ja NIE "sinken", denn aus "Fällen" werden entweder Tote oder Genesene. Sinken können nur die NEUansteckungen pro Tag. Zur Zeit steigen sie fast linear, nicht mehr exponentiell. Ist der Peak also ein Absinken dieser Zunahme, oder der aktuell IPS-Gepflegten? Oder was?

Katrin Zöfel: Es geht tatsächlich um die Neuansteckungen pro Tag. Und ja, es sieht so aus, als würden diese Zahlen sinken. Allerdings ist der Trend noch nicht klar genug, um die Massnahmen schon jetzt zu lockern, auch weil die Unsicherheiten in punkto Dunkelziffer noch recht hoch sind. Das Risiko, dass die Ausbreitung wieder an Fahrt aufnimmt, ist noch zu hoch. Und dann wäre alle Mühe umsonst gewesen.

Guten Tag, weiss man gemäss heutigem Wissensstand, ob sich das Corona wiederholt bzw. wie ein gripaler Virus einmal oder mehrmals im Jahr wiederholen wird? Merci und beste Grüsse

Gerald Tippelmann: Es ist zu erwarten, dass das Coronavirus in Wellen immer wieder auftreten wird, bis per Impfung oder "Durchseuchung" das Virus keine Chance mehr hat.

Steecke, Virologe, hat bei Lanz, ZDF, auf seine Studien verwiesen. In Wohnungen von infizierten Personen oder Familien gab es nirgends Abstriche, aus denen C-Viren gezüchtet werden konnten. Er verneint die Möglichkeit von Schmierinfektionen. Wie sieht das in der Schweiz aus?

Sabine Olff: Das sind vorläufige Ergebnisse. Die Studie von Herrn Streeck ist noch am Laufen. Aber sie verspricht wichtige Erkenntnisse. Wie stecken sich Menschen überhaupt an? Was sind die Übertragungswege? So weit ich weiss, gibt es eine vergleichbare Studie in der Schweiz nicht. Aber die Erkenntnisse lassen sich sicher auf die Schweiz übertragen.

Guten Tag ich habe heute morgen gelesen das eine impfstoff gefunden wurde können wir dran glauben, und diese immun test wird an alle bürger durchgeführt oder nur die wo der virus ansteckung haben?

Gerald Tippelmann: Mehr als 50 Arbeitsgruppen weltweit arbeiten an einem Impfstoff. Gefunden wurde er also längst, aber bis man ihn sicher und mit ausreichender Erfolgschance breit einsetzen kann, dauert es noch mindestens bis Ende des Jahres. Bislang steht noch keiner der Kandidaten unmittelbar vor der Einführung.

muss die einzelperson über kurz oder lang mit einer ansteckung rechnen ( sozusagen bis alle immun sind oder es niemand infierten mehr gibt?) irgendwann muss der alltag zurückkehren oder nicht? und dann kann man neuinfektionen durch flugreisen od. tourismus nicht ausschliessen od. sonstig menschliche wanderungen auf dem planeten.

Andrea Fischli Roth: Solange das Virus in der Bevölkerung präsent ist, hängt alles vom Verhalten des Einzelnen ab. Man kann sich auch über lange Zeit schützen, indem man sich an die Vorsichtsmassnahmen hält. So kann man die Ansteckungsrate in der Bevölkerung senken, und damit auch die Präsenz des Virus - mit dem Ziel, dass wir die erste Welle überstehen, ohne dass wir betreffend der Versorgung der schwer Erkrankten in eine Notlage geraten. Wie sich die Pandemie zeitlich gesehen entwickelt und ob und wann wir wieder werden reisen können ist im Moment nicht absehbar.

Kann man sich auch draussen an der frischen Luft infizieren ohne Kontakte mit anderen Personen?

Gerald Tippelmann: Nein, wobei der Kontakt mit anderen Personen natürlich auch indirekt über Türklinken, Geländer etc. erfolgen kann.

Sollte man nicht annehmen können, dass sich die Kurve viel mehr abflachen sollte, wenn doch jetzt so viele zu Hause bleiben und Homeoffice machen? Wieso steigt sie immer noch an?

Katrin Zöfel: Es dauert bis man den Effekt der Massnahmen auch an den Zahlen sieht. Infizierte die am Tag X, an dem die Massnahmen beginnen, schon da sind, werden erst verzögert in der Statistik, erfasst, dann wenn sie Symptome entwickeln und einen Test machen, und stecken bis dahin natürlich auch noch weitere an. All diese Fälle tauchen verzögert in der Statistik auf. Dass die Kurve nun flacher ansteigt, ist ein gutes Zeichen, bis wir aber einen Wendepunkt erreicht haben, wird es aber noch dauern.

Herr Dr. Gerald Tippelmann:, inwiefern macht eine gezielte "Durchseuchung" der Nicht-Risikobevölkerung Sinn?

Gerald Tippelmann: Theoretisch sicherlich, wobei sich die Frage stellt, wie Sie das machen wollen, da ja auch jüngere Menschen ohne Risikofaktoren schwere Krankheitsverläufe erleben können. Wenn Sie diese "Ausfälle" tolerieren würden, wäre das natürlich eine "aktive Immunisierung". Schwer vorzustellen, dass das eine Mehrheit hinnehmen will. Sinn macht es also in meinen Augen ausschliesslich aus epidemiologischer Sicht.

Wie hoch beziffern Sie als Experte die durchschnittliche Dunkelziffer der Infektionen? Ist ein Faktor x 7/8 realistisch? Dies würde die Gesamtoptik auf die Krankheit positiv relativieren.

Katrin Zöfel: Die Dunkelziffer wird in jedem Land anders ausfallen. Eine interessante Zahl wäre, wie viele der in der Schweiz gemachten Tests negativ ausfallen, je höher dieser Wert ist, umso besser erfassen wir die tatsächliche Grösse des Ausbruchs. Diese Zahlen liegen im Moment nicht vor, doch hoffen wir, dass sich das bald ändert. Insgesamt testet die Schweiz relativ viel, das heisst, die Dunkelziffer wird hier niedriger liegen als in vielen anderen Ländern. Der Faktor 7/8 scheint mir deutlich zu hoc, aber sicher wissen werden wir das erst in einiger Zeit.

Wie sinnvoll ist es, dass nur Personen mit starken Symptomen getestet werden? Sollten diese Personen nicht stattdessen einfach zu Hause bleiben und dafür Leute mit geringen Symptomen, welche noch ausser Haus arbeiten getestet werden? Diese sind es ja, welche aktuell das Virus noch verbreiten.

Sabine Olff: Personen mit starken Symptomen müssen ja gegebenenfalls im Spital behandelt werden und da ist es natürlich sehr wichtig zu wissen, ob das Coronavirus oder etwas anderes Ursache für die Symptome ist. Aber sicher wäre es gut, wenn auch Patienten mit milden Symptomen getestet werden würden. Doch die Testkapazitäten reichen derzeit dafür offenbar (noch) nicht aus. Und wie eine neue Studie besagt, gehen fast die Hälfte der Übertragungen auf das Konto von Menschen, die infiziert sind, aber noch keine Symptome haben. Derzeit geht man davon aus, dass Menschen schon zwei Tage vor Symptombeginn das Virus übertragen können. das macht die Sache so schwierig.

Wenn man die Krankheit mit einem Bluttest nachweisen kann, also selber Antikörper besitzt, ist man da immer noch ansteckend für andere Personen?

Andrea Fischli Roth: Momentan gibt es in der Schweiz noch keine Antikörpertests. International gesehen gibt es einige kommerziell erhältliche Schnelltests aus Asien, die allerdings momentan nicht über eine Verlässlichkeit von 80% herauskommen. Wer bei so einem Test ein positives Resultat hat, ist kann allerdings immer noch ansteckend sein. Der Test weist zweierlei Antikörper aus: IgM und IgG. Geben nur die schnell auftretenden Antikörper namens IgM an, kann man durchaus noch ansteckend sein. Erst wenn die langsamer produzierten IgG-Antikörper ebenfalls nachgewiesen werden können, ist man nicht mehr ansteckend. Ob man damit auch tatsächlich immun ist, ist allerdings noch unklar.

Wie hoch ist das Ansteckungsrisiko bei näherem Kontakt mit Personen, die keine Symptome haben? Ich habe einmal gehört, das Ansteckungsrisiko sei in diesem Fall geringer. Stimmt das?

Katrin Zöfel: Diese Vermutung liegt nahe, aber klare Daten dazu gibt es noch nicht. Sicher ist, dass Infizierte schon bis zu 2,5 Tagen vor den ersten Symptomen ansteckend sein können, daher: Lieber zu vorsichtig sein.

Ich sehe Intensivmediziner und Asiaten mit Plastikhauben auf dem Kopf. Solche Plastikhauben bastelt man sich oft von Trinkflaschen selber. Bietet Plastik einen guten Schutz vor Tröpchen? Erübrigt sich die Maske unter diesen Hauben, wenn sie eng genug liegen?

Katharina Bochsler: Selbstgemachte Masken sind sicher nicht perfekt. Sie sind aber besser als gar kein Schutz. Was die selbst zugeschnittenen Hauben aus grossen PET-Flaschen angeht, so schützen diese gut gegen Tröpfen - also wenn man angehustet, angeniest oder auch einfach angesprochen wird. Doch wie gut es sich unter dieser Plastikhaube atmen lässt, ist fraglich. Mit einem Mundschutz oder einer Haube schützt man nicht primär sich selber, sondern seine Umgebung. Und zwar dann wenn man selber infiziert ist. Dieser “Fremdschutz” ist gut untersucht und gut belegt. Unklar ist, wie viel es einer Gesellschaft als Ganzes bringt, wenn viele oder alle Masken tragen. Erste Daten aus Asien legen aber nahe, dass es einen positiven Effekt gibt.Die WHO wird ihre Empfehlungen nun prüfen, das deutsche RKI empfiehlt seit gestern das Tragen von Masken in der Öffentlichkeit Masken zu tragen. Solange Masken noch knapp sind, bleibt es aber sinnvoll, dass die vor allem fürs Krankenhauspersonal benutzt werden, dass sie dort eingesetzt werden, wo sie am meisten nutzen.

Wie wird ein eventuelles Mutieren des Virus bewertet? Wie hoch ist die Gefahr beim Covid19 Virus und erleben wir da möglicherweise ähnliches wie beim Grippevirus?

Sabine Olff: Das Coronavirus ist bereits mutiert. Aber die Mutationsrate ist relativ gering. Anhand der Mutationen kann man bsp. zurückverfolgen wie sich das Virus auf dem Erdball verbreitet. Grippeviren mutieren im Vgl. zu Coronaviren sehr viel mehr. Unterm Strich kann man also sagen: Das aktuelle Coronavirus ist relativ stabil. Für die Impfstoffentwicklung ist das eine gute Nachricht. Es wäre sehr viel schwieriger einen Impfstoff zu entwickeln, wenn sich das Virus rasch verändern würde.

Ich finde das ziemlich undifferenziert mit den Todeszahlen umgegangen wird (bspw. wird nicht zwischen Tod MIT dem Coronavirus und Tod AM Coronavirus unterschieden). Wie sehen Sie das?

Gerald Tippelmann: Selbstverständlich kann die Infektion mit dem Coronavirus nur der letzte Anstoss sein, dann an einer an sich bereits sehr weit entwickelten Erkrankung zu sterben. Und es mag auch Situationen geben, in denen jemand an einem Herzinfarkt oder Schlaganfall verstirbt und gleichzeitig eine Coronavirusinfektion hat. Es fällt mir aber schwer, daraus eine Konsequenz zu ziehen. Denn der Krankheitsverlauf ist doch sehr typisch: Durch massiven Sauerstoffmangel werden weitere Organe in Mitleidenschaft gezogen und der Körper, insbesondere der vorgeschädigte, kann sich davon ohne intensivmedizinische Überbrückung nicht erholen.

Guten Tag! Es ist immer wieder von Rückfällen im Zusammenhang mit der Coronaerkrankung die Rede. Sind auch Ihnen derartige Verläufe bekannt und wie verhält es sich mit der Immunität nach einer überstandenen Corona-Erkrankung? Herzlichen Dank!

Katrin Zöfel: Rückfälle hat es gegeben, allerdings selten. Wie stark und dauerhaft eine Immunität nach einer überstandenen Erkrankung ist, ist noch unklar. Es gibt nur erste Hinweise darauf, dass sich eine Immunität ausbildet. - Erfahrung mit anderen Coronaviren zeigt: es gibt solche, wo sich nur eine vorübergehende Immunität bildet (MERS), und solche, die eine dauerhafte Immunität auslösen (SARS).

Ich habe in einem Artikel gelesen, die einzig relevante Zahl zur Einschätzung wäre, die "Übersterblichkeit", also wie viel mehr Leute sterben an Corona als sonst auch sterben würden. Wie sehen Sie das? Gibt es dazu Statistiken in der Schweiz?

Sabine Olff: Dass das die einzig relevante Zahl ist, würde ich bezweifeln. Aber es ist sicher eine interessante Zahl. Für die Schweiz gibt es solche Zahlen und in der zweiten Märzhälfte haben sich auch bereits Auffälligkeiten gezeigt. Im Durchschnitt sterben in der Schweiz pro Woche ca. 1120 Menschen über 65 Jahre. Diese Zahl schwankt allerdings je nach Jahreszeit. Für die Woche vom 16. - 22. März wurden 1108 - 1287 Todesfälle erwartet - das basiert auf Zahlen aus früheren Jahren. Tatsächlich sind 1328 Menschen gestorben. Diese Übersterblichkeit führt das Bundesamt für Statistik auf die Pandemie zurück.

in meinem umfeld habe ich 3 identische (unabhängig voneinander) erfahrungen mit coronasymptomen mitbekommen. alle 3 personen mit bekannten symptomen wurden vom hausarzt angewiesen sich in selbstquarantäne zu begeben. auf die frage, ob man den test durchführen würde, war die antwort, tests werden nur bei risikopatienten durchgeführt. bei mir stellt sich die frage, wie die statistik zustande kommt betreffend infizierter patienten? nur risikopatienten? gesamtbevölkerung?

Katrin Zöfel: Es ist ziemlich klar, dass im Moment nicht alle Infizierten erfasst werden. Sich auf Risikopatienten zu konzentrieren ist aber schon sinnvoll, weil für sie die Diagnose besonders wichtig ist, um ihnen gut helfen zu können. Um die Erfassung des Ausbruchs insgesamt zu verbessern, wird es Studien geben müssen, die versuchen die Dunkelziffer abzuschätzen.

Guten Tag, weiss man mit heutigem Wissensstand wie hoch die Wahrscheinlichkeit einer Mutation des Covid-19 Virus ist? Dies im Zusammenhand einer Impfung welche nun entwickelt wird. Diese würde dann ja nur begrenzt wirken? Und ist nun mit einer jährlichen Wiederholung zu rechnen, analog zur Grippe ?

Andrea Fischli Roth: Das Coronavirus wird seit dem Ausbruch der Epidemie genetisch ganz genau beobachtet, und tatsächlich hat es schon einzelne Mutationen gegeben. Im Vergleich zum Grippevirus sind die aber nicht besorgniserregend, weil sie keinesfalls wichtige Strukturen des Virus betreffen, bei denen auch eine Impfung ansetzen würde. Konkret sind die Andockstellen des Virus an der Oberfläche sogar gleich wie bei seinem Cousin SARS-CoV1, und darum scheint es Stand heute gut möglich zu sein, eine Impfung zu entwickeln. Es sollte also keinesfalls nötig sein, jedes Jahr eine neue Impfung zu produzieren.

Wie sollen die Daten der infizierten Personen auch nur annähernd realistisch sein, wenn viele Leute gar nicht getestet wurden, obwohl sie sämtliche Symptome hatten, aber nicht zur Risikogruppe zählen? Zudem: Mir sind diverse Personen bekannt, welche schon vor dem Bekanntwerden des Coronavirus Fieber hatten (auch Kinder) welche sonst nie Fieber hatten. Das war im Januar oder Februar. Wer sagt denn, dass wir nicht auch schon da eine hohe Dunkelziffer an infizierten hatten?

Gerald Tippelmann: Sie haben völlig recht, die Daten der infizierten Personen sind nicht annähernd realistisch. Deshalb wird ja auch nur von den nachgewiesenen Infektionen gesprochen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es bereits vor dem ersten in der Schweiz nachgewiesenen Coronafall weitere Infizierte gab, ist gross. Wahrscheinlich aber nicht sehr viele, denn dann wäre der Verlauf auftretener Fälle explosiver gewesen.

Gibt es nebst dem Alter noch eine weitere Erklärung für den grossen Unterschied des Krankheitsverläufes? Gewisse Menschen überstehen eine Infektion sogar unbemerkt während andere daran sterben.

Katharina Bochsler: Neben dem Alter sind Vorerkrankungen der grösste Risikofaktor. Zudem steigt mit dem Alter, das Risiko von (chronischen) Erkrankungen. Aber auch jüngere Menschen mit Vorerkrankungen sind eine RisikogruppeBesonders gefährdet, einen schweren Verlauf von COVID-19 zu entwickeln, sind Menschen mit folgenden Vorerkrankungen: BluthochdruckChronische Atemwegserkrankungen (z.B. COPD)DiabetesErkrankungen und Therapien, die das Immunsystem schwächenHerz-Kreislauf-ErkrankungenKrebs

Es gibt kaum schwere Verläufe bei Kindern: an welcher (Immun)Komponente liegt das? Vermehrte Th1-Zellen? Vermehrte Produktion von Melatonin? "Bessere" Darmflora?

Sabine Olff: Interessanterweise gilt dasselbe für MERS und SARS – auch da erkrankten wenig Kinder und Jugendliche. Da die Viren miteinander verwandt sind, gibt es da möglicherweise Gemeinsamkeiten. Viele Forscher untersuchen das momentan, und es gibt ein paar Erklärungsansätze. Einerseits entwickeln sich die Lungen auch bei Jugendlichen noch und sind erst im Erwachsenenalter voll entwickelt. Es kann also gut sein, dass das Virus darum einfach nicht so gut in die Lungenzellen eindringen kann. Dafür braucht es eine spezielle Pforte, den sogenannten ACE2-Rezeptor, und der ist möglicherweise in jungen Jahren schlicht weniger vorhanden – oder er sieht anders aus und das Virus kann nicht richtig andocken. Andererseits kommt es bei Erwachsenen oft dazu, dass das Immunsystem im Kampf gegen das Virus überschiesst und dabei sogar beginnt, gesunde Lungenzellen zu zerstören, was die Krankheit stark verschlimmern kann. Möglicherweise bleibt diese Überreaktion bei jüngeren Menschen einfach aus.

Was passiert mit dem Corona-Virus, wenn alle Infizierten entweder wieder gesund oder Verstorben sind?

Andrea Fischli Roth: Das hängt stark davon ab, woher es kam. Man vermutet, dass es ursprünglich von einer Fledermaus-Art kam, es gibt aber wahrscheinlich einen Zwischenwirt. Solange das Virus von diesem vermuteten Zwischenwirt weiterhin auf den Menschen überspringen kann, kann die Epidemie jederzeit wieder von vorne losgehen.

Sind die Personen, die sich gegen die Saisonale Grippe impfen lassen haben, empfindlicher oder schwerer erkrankt als der Rest der Bevölkerung?

Katrin Zöfel: Die Grippeimpfung hat keinen Einfluss auf den Verlauf. Allerdings ist es gut, wenn sie geimpft sind, erstens weil Sie dann nicht Gefahr laufen, beide Infektionen gleichzeitig durchzumachen, und weil sie so das Gesundheitssystem insgesamt nicht durch eine Grippeerkrankung belasten.

Guten Tag, es werden ja täglich mehr Leute getestet. Nun ist ja klar, dass es dann auch mehr positive Ergebnisse gibt, und die Kurve flacht nicht so schnell ab, wie wir uns wüschen. Mich würde interessieren, wie der Prozent-Anteil der postitiv-getesteten Leute ist. Dies hätte für mich eine andere, auch wichtige Aussagekraft als die effektiven Zahlen. Mit freundlichen Grüssen

Katrin Zöfel: Sie haben Recht, auch wir warten auf diese Zahlen. Es ist klar, dass die Statistiken im Moment nicht perfekt sind. Ein anderer Weg, diese Verzerrung der Statistik abzuschätzen wäre, regelmässig eine repräsentative Gruppe zu testen, wie das unter anderem in Island schon gemacht wurde.

Ich bin männlich 69 Jahre alt. Warum gehöre ich zur Risikogruppe? Ich bin absolut gesund, keine Krankheit, Blutdruck, Zucker, Gewicht, Atmung (Atemtherapeut), sportlich so fit wie trainierte 50 jährige. Ich denke Risiken haben vor allen die Menschen mit Vorerkrankungen und nicht generell die "Alten". Wäre da nicht ein Umdenken in der Kommunikation angebracht?

Gerald Tippelmann: Das Beschreiben der Risikogruppen ist eine rein epidemiologische Disziplin. Es geht dabei um den Verlauf einer erworbenen Erkrankung, schwer erkrankte sind im Durchschnitt deutlich älter. Über ihr individuelles Risiko sagt das nichts aus. Statistisch aber ist das schon eine starke Aussage und man sollte sie auch nicht allzusehr in Zweifel ziehen.

Chat-Admin: Der Corona-Chat ist beendet. Danke für die vielen interessanten Fragen! Leider konnten in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht alle beantwortet werden. Mehr Infos zum Thema finden Sie aber auf www.srf.ch/coronavirus

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