Stau am Gotthard. Ein Dauerthema im Kanton Uri. Auch an Auffahrt stockte es wieder: Eineinhalb Stunden betrug zeitweise die Wartezeit.
Viele Autofahrerinnen und Autofahrer versuchen die Blechlawine zu umgehen, indem sie auf die Kantonsstrasse ausweichen. Das wiederum macht die Urnerinnen und Urner sauer. Die Dörfer im Urner Oberland leiden unter dem Durchgangsverkehr. Lösungen sind gefordert.
Jüngst schickte das Urner Parlament eine Standesinitiative nach Bern, die konkrete Massnahmen wie ein digitales Buchungssystem für die Tunnelbenutzung fordert.
Alte Idee wird aufgewärmt
Der Urner FDP-Politiker und Landrat Georg Simmen bringt nun eine Idee auf das Tapet, welche schon früher aufgeflammt ist: Er will das Stau-Problem mithilfe der zweiten Tunnelröhre lösen, welche wegen der Sanierung des bestehenden Tunnels gebaut wird und in neun Jahren fertig sein sollte.
Nur im Gotthardloch haben wir zwei Spuren. Das ist ein Seich.
Wenn also schon eine zweite Röhre gebaut wird, dann könne man diese auch benutzen und alle vier Spuren brauchen, findet Georg Simmen: «Von Hamburg bis Mailand sind es überall vier, sechs oder acht Spuren. Nur im Gotthardloch haben wir zwei Spuren. Das ist ein Seich.»
Doch so bestechend die Idee für Georg Simmen ist, so einfach umsetzbar ist sie nicht. 1994 hat die Schweiz eine Initiative angenommen, welche die Alpen vor dem Transitverkehr schützen soll. Deshalb ist vorgesehen, dass es zwar zwei parallele Tunnelröhren gibt – in beiden Röhren soll es aber lediglich eine Fahrspur und einen Pannenstreifen geben.
Django Betschart, Geschäftsleiter der Alpeninitiative, ist erstaunt, dass der Ruf nach vier Spuren jetzt bereits wieder aufkeimt. Es löse keine Verkehrsprobleme, sagt er. Im Gegenteil: «Vier Spuren durch den Gotthardtunnel ziehen mehr Verkehr an. Es belastet die Bevölkerung in den Alpen noch mehr und es verlagert den Stau in den Raum Luzern, Chiasso und Basel.»
Vier Spuren durch den Gotthardtunnel ziehen mehr Verkehr an.
Dazu käme, dass mit der Abstimmung über die zweite Röhre das Versprechen gemacht wurde, dass diese für mehr Sicherheit sorgen solle. Wenn alle Spuren befahren würden, wäre dieses Argument gleich wieder verflogen, so Django Betschart.
Vier Spuren im Moment nicht möglich
Bei Fertigstellung der zweiten Röhre ab 2032 alle vier Spuren zu benutzen, dafür bräuchte es eine Verfassungs- und eine Gesetzesänderung. Seit die Alpeninitiative angenommen wurde, sind mehr Strassen für den Alpentransitverkehr verboten.
Paul Richli, emeritierter Rechtsprofessor der Universität Luzern, sagt dazu: «Eine Verfassung ändern, bedeutet, dass der Bundesrat eine Vorlage ausarbeiten kann. Oder das Parlament kann die Initiative ergreifen. Möglich ist auch eine Volksinitiative.»
Die Diskussion, wie viele Spuren benutzt werden dürfen, wenn beide Röhren dann mal in Betrieb sind, scheint lanciert. Und was meint die Urner Regierung dazu? Im Moment nichts. Sie will sich die Finger an diesem heissen Eisen nicht verbrennen und verweist darauf, dass dies Sache des Bundes sei.