Die Woche geht zu Ende wie sie begonnen hat: Mit einer hohen Zahl neuer Corona-Fälle. Die wissenschaftliche Taskforce des Bundes empfiehlt dringend schärfere Massnahmen. Auch die Kantone fordern den Bund zum Handeln auf. SRF-Wissenschaftsredaktor Thomas Häusler sagt, welchen Spielraum die Behörden haben – abseits von einem zweiten Lockdown.
SRF News: Der Chef der Taskforce des Bundes spricht davon, dass jetzt «jeder Tag zählt». Gleichzeitig dauert es wohl noch etwas, bis schärfere Massnahmen kommen. Der Kanton Thurgau etwa führt die Maskenpflicht erst in einer Woche ein. Dauert das alles zu lange?
Thomas Häusler: Eine Woche wäre eindeutig zu lange. Momentan verdoppeln sich die Fälle alle sieben bis zehn Tage. Und die 3105 Fälle von heute haben sich aufgrund der Inkubationszeit vor etwa einer Woche angesteckt. Das heisst: Selbst, wenn wir die Verbreitung ab sofort komplett stoppen könnten, würden die Fälle noch rund eine Woche auf 4000 bis 6000 pro Tag ansteigen. Damit steigt auch die Zahl der Hospitalisierungen – das lässt sich nicht mehr verhindern.
Eine Studie hat gezeigt: Wären die strengen Massnahmen im Frühling eine Woche früher eingeführt worden, wären damals vermutlich 80 Prozent weniger Menschen an Corona gestorben.
Die Kantone wollen eine Maskenpflicht in öffentlich zugänglichen Innenräumen oder auch, dass möglichst viele Arbeitnehmende wieder ins Homeoffice gehen. Wird das genügen?
Unter Experten herrscht die Meinung, dass dies derzeit die wichtigsten Massnahmen sind. Momentan finden viele Übertragungen in Innenräumen statt. Man muss also etwas machen. Hier kommt das Maskentragen ins Spiel. Denn es ist oft schwierig, Abstand zu halten und genügend zu lüften.
Es gibt keine einzelne Massnahme, die zu 100 Prozent wirkt. Darum muss man sie kombinieren.
Bleiben viele Menschen im Homeoffice, unterbindet das die Übertragungen bei der Arbeit. Es werden weitere Kontakte unter den Menschen reduziert, auch in der Kantine und auf dem Arbeitsweg. Es gibt keine einzelne Massnahme, die zu 100 Prozent wirkt. Darum muss man sie kombinieren.
Bleibt nur noch ein weiterer Lockdown wie im Frühling, wenn die Zahlen weiter steigen? Wären auch noch andere Massnahmen möglich?
Die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -Direktoren (GDK) fordert auch eine Beschränkung bei öffentlichen und privaten Versammlungen. Auch diese treiben die Fallzahlen gegenwärtig nach oben. Das als locker geltende Schweden etwa hat seit Monaten eine Obergrenze von 50 Personen.
Auch Clubs und Discos könnten strengere Auflagen bekommen, die bis zur Schliessung reichen. Grossveranstaltungen könnten verboten werden. Die Kantone haben diese Möglichkeiten. Die letzten beiden Dinge wären für die Betroffenen sehr schmerzhaft. Man muss hoffen, dass die weniger einschneidenden Massnahmen – also Masken und Homeoffice – dann doch genügen werden.
Das Gespräch führte Mario Sturny.