Die Corona-Fallzahlen steigen im Moment stark an. Als vor einem Jahr die Corona-Fälle im Zuge der zweiten Welle ebenfalls rasant stiegen, war das Contact Tracing, also die Verfügung von Quarantäne- und Isolationsmassnahmen, vielerorts schnell überfordert. Auch jetzt bedeuten die steigenden Fallzahlen mehr Arbeit für die Kantone. Teilweise kommen diese erneut an ihre Grenzen.
Längere Wartezeiten
Der Kanton Graubünden hat bereits verkündet, dass sein Contact Tracing am Anschlag ist. Rudolf Leuthold, der Leiter des Bündner Gesundheitsamtes, erklärte, der Anspruch, Betroffene noch am selben Tag zu kontaktieren, sei nicht mehr einzuhalten. «Das ist uns gegen Ende letzter Woche nicht mehr gelungen. Es gab Personen, die zwei bis drei Tage warten mussten oder vielleicht sogar ganz vergessen gingen», so Leuthold.
Es gab Personen, die vergessen gingen.
Graubünden versprach darauf, mehr Personal aufzubieten, sodass das Tracing schnell wieder funktioniere. Gesamtschweizerisch gesehen bestehe aber kein Problem, beruhigt Lukas Engelberger, Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz. «Mir ist nicht bekannt, dass das Contact Tracing nicht mehr funktionieren würde», äusserte er sich nach einem Treffen aller Gesundheitsämter.
Nach Erfahrungen ausgebaut
So sieht man zum Beispiel im Kanton Zürich den steigenden Fallzahlen gelassen entgegen. Beat Lauper ist verantwortlich für das Contact Tracing in Zürich. «Wir haben stark ansteigende Fallzahlen. Heute werden wir die 1000er-Fallgrenze überschreiten. Aber wir können diese Fallzahlen gut bewältigen», sagt er. Denn man habe nach den Erfahrungen vor einem Jahr stark ausgebaut.
Wir können auch die stark steigenden Fallzahlen gut bewältigen.
Ist das also einfach ein Bündner Problem? Nicht ganz. Eine Nachfrage in anderen Kantonen zeigt: Contact Tracing ist nicht gleich Contact Tracing. Das Beispiel Bern: Hier berichten Medien und Betroffene seit Tagen, das Contact Tracing reagiere sehr spät oder gar nicht. Dennoch beschwichtigt Gundekar Giebel, Leiter Kommunikation der Gesundheitsdirektion des Kantons Bern und betont, dass das Contact Tracing gut funktioniere.
Mehr Eigenverantwortung
Pikant ist jedoch: Vor drei Wochen hat der Kanton Bern sein Contact Tracing angepasst. «Das sogenannte Backward Tracing, wie wir es im Sommer noch machen konnten, ist natürlich inzwischen tempi passati», sagt Giebel. Das Rückverfolgen aller Kontakte sei in einer Gesellschaft von 70 Prozent Geimpften schlicht nicht mehr möglich.
Damit verzichtet Bern auf einen Teil des Contact Tracings und setzt mehr auf Eigenverantwortung, indem bloss noch positiv Getestete informiert würden. Deshalb reichen die Kapazitäten in Bern auch weiterhin aus. Die Kantone handhaben das Contact Tracing also unterschiedlich präzise.