Zum Inhalt springen
Audio
Mit Gefängnisdirektor Balz Bütikofer unterwegs in der JVA Witzwil (BE)
Aus Regionaljournal Bern Freiburg Wallis vom 13.06.2024. Bild: Leonie Marti/SRF
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 53 Sekunden.

Strafanstalt Witzwil BE Gefangene als Landwirte – ein Konzept mit Zukunft

Beim Melken, Misten und Ernten lernen Gefangene fürs Leben – nach der Zeit hinter Gittern.

Die Justizvollzugsanstalt JVA Witzwil liegt mitten im Grossen Moos im Berner Seeland, in der Gemüsekammer der Schweiz. Aber: Die JVA ist nicht nur eine Strafanstalt, sondern auch ein Landwirtschaftsbetrieb – mit rund 730 Hektaren Land sogar der grösste der Schweiz.

Heute beschäftigt die JVA Witzwil rund 60 bis 80 Gefangene in der Landwirtschaft. Sie melken Kühe, helfen auf dem Kartoffelfeld oder beschäftigen sich mit der Fohlenaufzucht. Dazu kommen weitere Aufgaben, die indirekt mit der Landwirtschaft zu tun haben, etwa die Weiterverarbeitung von Früchten und Gemüse.

«Gerade die Arbeit mit Tieren ist wichtig, da sie übers Jahr eine gleichbleibende Arbeitslast garantiert», sagt Balz Bütikofer, der Direktor der JVA Witzwil. Die Landwirtschaft sei deshalb der Kernpunkt für sinnvolle und sinnstiftende Arbeit, und das solle auch in Zukunft so bleiben. Aber mit deutlich weniger Land – das hat der Kanton entschieden.

Witzwil bald nur noch halb so gross

Box aufklappen Box zuklappen

Im April hat die Berner Katonsregierung entschieden, die Landwirtschaftsfläche der JVA Witzwil um mehr als die Hälfte zu reduzieren. Von heute 728 Hektaren sollen noch 343 Hektaren in der Domäne Witzwil verbleiben, 385 Hektaren werden abgegeben, unter anderem an Private. Die Rückgabe erfolgt in den nächsten Jahren.

Die JVA werde jedoch auch in Zukunft genügend Arbeitsplätze in der Landwirtschaft anbieten können, sagt Balz Bütikofer.

Landwirtschaft diente lange der Selbstversorgung

Die Geschichte der Landwirtschaft in der JVA Witzwil geht weit zurück. 1894 wurde in Witzwil die erste Kaserne für Gefangene gebaut – und seit dieser Zeit wird das Land rund um Witzwil bewirtschaftet. Vom ersten Direktor der bernischen Strafanstalt, Otto Kellerhals, erwartete der Kanton Bern, dass er die Anstalt aus den Erträgen der Landwirtschaft finanziert. Die Landwirtschaft diente weitgehend der Selbstversorgung des Betriebs – und der Beschäftigung der Gefangenen.

Zwei Männer arbeiten mit Ochsen auf dem Feld, schwarzweiss-Aufnahme
Legende: Männer der «Trinkheilstätte Eschenhof» auf dem Gelände der heutigen JVA Witzwil (BE) arbeiten auf dem Feld. Die Aufnahme stammt aus dem Jahr 1949. Heute ist die JVA Witzwil mit einer Fläche von 728 Hektaren der grösste Bauernbetrieb der Schweiz. Keystone/Photopress-Archiv

«Auch heute spielt die sinnvolle Beschäftigung eine zentrale Rolle», sagt Kurt Pfeuti. Er ist beim Bundesamt für Justiz verantwortlich für Baubeiträge an den Straf- und Massnahmenvollzug.

Denn: Im schweizerischen Strafvollzug gilt Arbeitspflicht. «Das heisst: Strafvollzugsanstalten müssen den Gefangenen ihren Fähigkeiten entsprechend Arbeitsplätze zur Verfügung stellen.» Viele Strafvollzugsanstalten in der ganzen Schweiz setzten deshalb weiterhin auf Landwirtschaftsbetriebe, da diese verschiedene Arbeitsplätze mit unterschiedlichen Anforderungen bieten.

«Handarbeit» statt moderne Maschinen

Im Gegensatz zu früher steht dabei aber nicht mehr nur die hohe Produktion des Betriebs im Vordergrund, sondern es gehe darum, die Gefangenen auf die Zukunft vorzubereiten. Einige Strafanstalten verzichteten deshalb bei ihren Landwirtschaftsbetrieben auf eine hohe Modernisierung, wie sie in privaten Betrieben vorkommen.

Es bringt nichts, wenn man den Gefangenen zeigt, wie ein Melkroboter funktioniert.
Autor: Kurt Pfeuti Fachbereich Straf- und Massnahmenvollzug Bundesamt für Justiz

Denn: «Viele Menschen in Schweizer Strafanstalten stammen aus dem Ausland und werden nach dem Absitzen ihrer Strafe ausgeschafft», so Pfeuti vom Bundesamt für Justiz. Es gehe deshalb darum, ihnen hier Grundlagen der Landwirtschaft zu vermitteln, die sie auch zu Hause anwenden können. Es bringe beispielsweise nichts, wenn man ihnen hier zeige, wie ein Melkroboter funktioniere. Deshalb setze die Landwirtschaft im Strafvollzug einen starken Fokus auf «Handarbeit».

Regional Diagonal 8.6.2024 12:05 Uhr;kobt

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel