Tausende Passagiere blieben am Dienstagabend an den Bahnhöfen von Lausanne und Genf hängen. Nichts ging mehr – wegen eines Lochs zwischen den Gleisen bei Morges. Entstanden sind die Hohlräume, nachdem in zehn Metern Tiefe ein Rohr unter den Gleisen verlegt wurde.
Die Lage ist so dramatisch, dass die SBB die Passagiere bittet, auf Reisen zwischen Lausanne und Genf zu verzichten.
Die neuste Streckensperrung zeige, wie anfällig für Störungen diese wichtige Bahnstrecke sei, sagt die Waadtländer Regierungspräsidentin Nuria Gorrite. «Es gibt immer wieder Probleme mit der Bahnstrecke zwischen Lausanne und Genf, was Sperrungen zur Folge hat.» Und dabei handle es sich hier um die zweitwichtigste Wirtschaftsregion der Schweiz. «Das hat negative Folgen», so Gorrite.
Seien es nun Personenunfälle oder Unwetter, die zu Streckenunterbrüchen führen: Die Pendlerinnen und Pendler in der Westschweiz trifft es hart. Deshalb verlangt die Waadtländer Verkehrsdirektorin, dass die schon seit Jahren verlangte Neubaustrecke jetzt kommt. «Leider hat es das jetzige Chaos gebraucht, um zu zeigen, dass unsere Forderungen berechtigt sind.»
Milliarden für die bestehende Bahnstrecke
Damit den Worten auch Taten folgen, muss sich die Westschweiz auf Bundesebene für die notwendigen Mittel starkmachen. Doch bereits jetzt fliessen für das Bauprojekt «Léman 2030» mehr als drei Milliarden Franken in die Westschweiz. Mit dem Geld wird die Kapazität auf der bestehenden Bahnlinie ausgebaut.
Das Projekt ist aber nicht unumstritten, etwa bei der Interessensgemeinschaft Öffentlicher Verkehr in der Schweiz, IG ÖV. Man habe schon vor 15 Jahren von einem Fehler gesprochen, sagt Thomas Imobersteg, Leiter der IG ÖV Waadt. «Man hätte sofort eine Neubaustrecke planen müssen – statt nur hie und dort ein weiteres Gleis.»
Genau hier zeigt sich das Problem: Es wird schon heute bloss der Rückstand auf Deutschschweizer Zentren wie Zürich aufgeholt, in denen in den letzten Jahren massiv investiert wurde.
Realisierung wird Jahrzehnte dauern
Der Waadtländer Ständerat Olivier Français ist in der Romandie als «Monsieur Tunnel» bekannt. Er hat den Bau der Métro in Lausanne verantwortet. Die Westschweiz sei mit der ersten Autobahn in den 1960er-Jahren Pionier gewesen, sagt er. «Doch wir haben uns zu sehr auf diesen frühen Erfolgen ausgeruht.»
Bis der Rückstand nun aufgeholt ist, brauchen die Pendler zwischen Lausanne und Genf noch viele Jahre lang viel Geduld. Die aktuelle Diskussion dreht sich erst um Planungsgelder für eine Neubaustrecke. Frühestens wäre eine solche mit einem Zeithorizont bis 2050 realisierbar.