Tamara Funiciello und Susanne Vincenz-Stauffacher verstehen sich persönlich gut – das merkt man schon bei der Begrüssung. Doch ihre politischen Positionen sind sehr unterschiedlich. Das zeigt sich schon bei der Frage, ob hier auf dem Bundesplatz überhaupt für Frauenanliegen gestreikt werden soll.
Streiken oder nicht streiken?
FDP-Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher findet, streiken sei nicht der richtige Weg. Es sei sicher richtig und «cool», dass man an einem Tag die Erfolge der Frauenbewegung feiere. «Aber streiken und der Arbeit fern bleiben – das finde ich eher destruktiv als konstruktiv.»
Diese Meinung teilt SP-Nationalrätin Tamara Funiciello nicht. Es gehe darum, zu zeigen, wie wichtig die Frauen für das Funktionieren der Gesellschaft seien. «Wenn Frau will, steht alles still», so Funiciello. Man müsse klarmachen, dass es ohne Frauen nicht gehe.
Bürgerliche Vorbehalte
Vincenz-Stauffacher als bürgerliche Frau fühlt sich in diesem Jahr weniger angesprochen als noch vor vier Jahren. Man sei nicht «inkludiert» worden, so die FDP-Frau. «Ich empfinde weniger ein gemeinsames Miteinander-Gehen als vor vier Jahren.»
Diesen Vorwurf findet Funiciello nicht gerechtfertigt. Schliesslich sei der Frauenstreik basisdemokratisch organisiert. Jede und jeder könne sich einbringen. «Ich habe auch keine Einladung erhalten – ich bin einfach hingegangen und habe mitgemacht», so Funiciello.
In einem Punkt sind sich Funiciello und Vincenz-Stauffacher trotz aller politischer Differenzen einig. Am Schluss hilft es den Frauen, wenn sie Zusammenarbeit und Konsens suchen.
Bei den grossen Themen halten die Frauen zusammen
Die FDP-Frau nennt als «grosse Errungenschaften der laufenden Legislatur» die Individualbesteuerung oder das kurz vor dem Abschluss stehende Sexualstrafrecht. «Das wäre ohne die Zusammenarbeit der Frauen nicht möglich gewesen.» Dem allem kann auch Funiciello zustimmen.
So harmonisch geht es allerdings nicht immer zu und her zwischen linken und bürgerlichen Frauen. Das sei ja aber auch bei ihren männlichen Kollegen so. Nur werde es bei den Frauen sofort zum Thema gemacht und von einer Spaltung gesprochen, beklagt Funiciello.
Jede kämpft auf ihre Art
Ausserhalb des Nationalratssaals, wie hier auf dem Bundesplatz, sprechen die beiden auch gerne mal über etwas anderes. Man politisiere viel, aber nicht ausschliesslich. Manchmal schlage man sich rhetorisch die Köpfe ein, aber dann sei die politische Auseinandersetzung auch mal beendet. «Und dann machen wir weiter», so Funiciello.
Und weiter geht es jetzt tatsächlich – im Bundeshaus, wo sie auf politischem Weg für die Anliegen der Frauen kämpfen. Jede auf ihre Art.