Mit seiner Wahl in den Ständerat gelang Simon Stocker (SP) im letzten November eine Sensation. Er verdrängte den Bisherigen Thomas Minder nach 12 Jahren aus der kleinen Kammer. Bis heute hat diese Wahl jedoch ein juristisches Nachspiel. Am Dienstag befasste sich das Schaffhauser Obergericht damit.
Der Grund ist eine Beschwerde, die wenige Tage nach der Wahl eingegangen war. Darin verlangten zwei Stimmberechtigte, dass Stockers Wahl als ungültig erklärt werden solle. Simon Stocker habe seinen Lebensmittelpunkt nicht in Schaffhausen, sondern in Zürich. Deshalb sei er als Schaffhauser Ständerat gar nicht wählbar.
Der Schaffhauser Regierungsrat lehnte die Beschwerde ab. Stocker sei bereits seit Anfang 2022 im Einwohnerregister der Stadt Schaffhausen angemeldet und erfülle damit die Voraussetzungen für eine Wahl. Ein Beschwerdeführer akzeptierte dies nicht und zog das Urteil ans Schaffhauser Obergericht weiter.
Zu spät beschwert?
Ihn hat das Obergericht am Dienstag befragt. Dabei ging es nicht nur um Stockers Wohnsitz, sondern insbesondere auch um die Frage, ob der Stimmberechtigte seine Beschwerde rechtzeitig eingereicht hat. Eigentlich hätte er dies innert drei Tagen tun müssen, nachdem das Wahlresultat veröffentlicht worden war. Dies war im Streit um Stockers Sitz nicht der Fall.
Der Stimmberechtigte beruft sich jedoch auf eine Ausnahme, wonach Wahlbeschwerden auch später möglich seien – innert drei Tagen «nach Entdeckung des Beschwerdegrundes». Er habe erst in einem Artikel der «Weltwoche» von der Problematik rund um Stockers Wohnsitz erfahren. Ihm gehe es darum, dass ein unabhängiges Gericht die Wohnsitzfrage beurteile.
Beschwerdeführer bewundert Thomas Minder
An der Gerichtsverhandlung wurde klar, dass der Beschwerdeführer ein Bewunderer von Thomas Minder ist. Vor den eidgenössischen Wahlen hatte er für ihn Leserbriefe verfasst und Flugblätter verteilt. Er stand zudem in Kontakt mit dem Minder-Lager, wie er vor Gericht zugab. Wer bei der Beschwerde effektiv die Fäden zog, blieb jedoch undurchsichtig.
Der Wohnsitz einer Familie ist grundsätzlich dort, wo die Kinder leben.
Zur Frage zu Stockers Lebensmittelpunkt sagte der Anwalt des Beschwerdeführers, dass dieser zum Zeitpunkt der Wahl in Zürich war. Dort mietete die Familie eine grössere Wohnung. «Der Wohnsitz einer Familie ist grundsätzlich dort, wo die Kinder leben», so der Anwalt.
Simon Stocker selbst wies die Vorwürfe am Dienstag erneut zurück. Er sei Schaffhauser durch und durch. Nach seiner Zeit als Stadtrat habe er einfach etwas Abstand gebraucht und sei deshalb mit seiner Familie nach Zürich gezogen. Die Wohnung in Zürich brauchten sie ausserdem, weil seine Frau im Kanton Aargau arbeite.
Wir müssen uns bis auf die Unterwäsche entblössen.
Er kritisierte zudem, dass man ihm und seiner Familie vorschreiben wolle, wie sie zu leben hätten: «Wir müssen uns bis auf die Unterwäsche entblössen und uns für unseren Lebensentwurf rechtfertigen», sagte Stocker. Das sei auch für all jene modernen Paare in der Schweiz eine Ohrfeige, die versuchten Familie und Beruf zu vereinen.
Entscheid steht noch aus
Das Schaffhauser Obergericht hat die Verhandlung am Dienstagvormittag abgeschlossen. Nun berät es über das Urteil. Erwartet wird dieses in den nächsten Wochen.