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Streit um Steuertricks Wer leakte die Tränen von Finanzdirektor Broulis?

  • Ausgerechnet der Waadtländer Finanzdirektor Pascal Broulis soll Steuern optimiert haben.
  • Die Regierungskollegen haben den FDP-Mann nun verpflichtet, seine Steuerunterlagen Experten zur Untersuchung offenzulegen.
  • Die vorangegangene Diskussion im Staatsrat war so heftig, dass Broulis in Tränen ausbrach. Tags darauf stand das in den Medien.
  • Jetzt verlangt die Regierung, dass alle sieben Staatsrätinnen und Staatsräte ihre Telefonkontakte der letzten zwölf Monate offenlegen.

Pascal Broulis spricht sitzend am Mikrofon im Hintergrund das Waadtländer Wappen.
Legende: FDP-Finanzdirektor Broulis zahlt Steuern im steuergünstigen Sainte-Croix, wohnt aber in Lausanne. Keystone

Bisher waren journalistische Recherchen in der Waadt denkbar einfach. Zwar hat jeder Staatsrat seinen Stab und seine Medienstellen, aber wenn eine Frage auftauchte, dann konnte man die Spitze der Waadtländer Regierung schon mal direkt anrufen oder per SMS kontaktieren.

Ende März berichtete die Zeitung «Le Temps», dass die Journalisten aufgefordert wurden, solche SMS zu unterlassen. Auslöser dazu war eine Affäre, die Recherchen des «Tages-Anzeigers» aufgedeckt hatten.

Broulis muss Steuererklärung offenlegen

Es geht um den Vorwurf, dass ausgerechnet Finanzminister Pascal Broulis seine Steuern optimiert haben soll. Letztlich musste sich er dazu verpflichten, seine Steuersituation von zwei Expertenteams durchleuchten zu lassen. Der Bericht soll Ende Mai vorliegen.

Für Broulis war es eine schmachvolle Entscheidung, der offenbar heftige Diskussionen vorausgegangen waren. Der «Tages-Anzeiger» berichtete, Broulis habe deshalb sogar geweint.

Broulis' Tränen durchgesickert

Offenbar brachten diese Tränen das Fass zum Überlaufen. Laut Medien soll der Staatsrat entschieden haben, dass seine Mitglieder ihre Telefonkontakte der letzten 12 Monate offenlegen sollen, um den Verräter oder die Verräterin zu finden. Denn nur ein Regierungsmitglied konnte die Tränen-Geschichte den Medien erzählt haben.

Der Staatskanzler erklärt dazu lediglich schriftlich: Die Regierung habe einstimmig Massnahmen beschlossen, um das Sitzungsgeheimnis zu schützen. Welche Massnahmen das seien, könne man nicht mitteilen. Die Medien müssten akzeptieren, dass die Regierung in dem Punkt andere Interessen habe.

Medienschaffende protestieren

Die Massnahme beunruhigt aber die Journalisten. Sie protestieren offiziell gegen den Angriff auf die Medienfreiheit und verlangen von der Regierung die Offenlegung der über sie gesammelten Daten.

Die Zeit, als in der Waadt Journalisten und Politiker offen per SMS kommuniziert haben, ist also vorbei. Doch neben offenen Kanälen gibt es auch verschlüsselte Apps mit Namen wie «Signal», «Threema» oder «Telegram».

Wer dort angemeldet ist, konnte beobachten, dass in letzter Zeit Staatsräte in den Kontaktlisten aufgetaucht sind. Offiziell sind sie nicht mehr über SMS erreichbar, dafür aber über besser geschützten Kanäle.

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