Das geplante Wegstück entlang des Bielersees bei Sutz-Lattrigen ist gerade mal 250 Meter lang. Doch die Planung hat schon viele Umwege erfahren, das Dossier ist mit viel Zwist, Unstimmigkeiten und Unverständnis gepflastert. Alles beginnt mit einem Entscheid des Berner Stimmvolks.
Vor knapp 40 Jahren entschied es, dass Uferpartien entlang von Gewässern allen zugänglich sein sollen. Dieser Wille ist längst nicht überall umgesetzt. In Sutz-Lattrigen am Bielersee ist die Sache besonders verworren.
Seit fast 40 Jahren kämpfen die Besitzerinnen und Besitzer verschiedener Grundstücke um ihr Idyll – und gegen einen Uferweg. Eine der Grundeigentümerinnen ist Nicole Beutler. Schon ihr Vater setzte alle Hebel in Bewegung, damit der Uferweg nicht vor dem Ferienhaus der Familie durchgeht. Mittlerweile hat die Bernerin den Kampf übernommen. «Es ist eine Herzensangelegenheit: Es sind viele Erinnerungen mit diesem Stück Land verbunden.»
Diskussionen wie am Bielersee gibt es auch andernorts. Am Thuner- und Brienzersee gaben ebenfalls verschiedene Projekte immer mal wieder zu reden. Und auch in anderen Kantonen ist der politische Wille da, Ufer der breiten Bevölkerung zugänglich zu machen – die konkrete Umsetzung ist aber jeweils schwierig, wie sich in der Vergangenheit beispielsweise am Zürich- oder Bodensee zeigte. Zu reden gibt auch ein Uferweg, der im Zusammenhang mit einem Bauprojekt des Tennisstars Roger Federer steht.
In Sutz-Lattrigen am Bielersee wurden die Pläne um einen Uferweg vor zwölf Jahren konkret. Die Gemeinde begann den Weg gemäss Gesetz zu planen. Doch die Anwohnerinnen und Anwohner wehrten sich mit Einsprachen. Die Eigentümer erhielten vor Gericht zum Teil recht. 2009 entschied das Bernische Verwaltungsgericht, dass der Weg nicht direkt am Ufer vorbeigehen darf – aus Naturschutzgründen.
Die Gemeinde machte neue Pläne und wollte den Weg nach hinten versetzen. Aber auch das sorgte für Kritik von Anwohnenden. Und der Kanton Bern beschied, dass der Weg nicht hinter den Häusern vorbeiführen darf, sondern eben direkter am Ufer – trotz anderslautendem Entscheid des Gerichts.
Gemeinde wollte nicht mehr
Dem damaligen Gemeindepräsidenten Christian Gnägi reichte es. Er entschied, das Dossier dem Kanton abzutreten. «Wir fühlten uns damals vom eigenen Kanton ausgebremst», erinnert sich Gnägi. Das war 2014. Sieben Jahre lang haben sich Fachleute seither um das 500 Meter lange Wegstück gekümmert.
Nun liegt ein Projekt auf dem Tisch – und wieder soll das Teilstück des Weges nicht direkt am Ufer vorbeiführen. Der Grund: ein seltener Vogel, die Rohrammer, welche nicht gestört werden soll.
Anwohnerin Nicole Beutler ist erleichtert über die neuen Pläne. «Ich bin froh, dass der geplante Weg nicht über mein Grundstück führt.» Sie bedauert aber die Auflagen, welche nun gemacht werden. Tatsächlich will der Kanton das Ufer renaturieren. Nicole Beutler verliert dadurch 100 Quadratmeter Land und eine alte Mauer. Die Pläne des Kantons werden nächstes Jahr öffentlich aufgelegt – gut möglich, dass es wieder Einsprachen gibt und dass der Konflikt um den Uferweg in Sutz-Lattrigen weitergeht.
Gemeindeverwalterin Caroline Streit ist aber optimistisch. Sie rechnet damit, dass es dieses Mal gut kommt mit dem besonders umstrittenen Teilstück des Uferwegs. «Es handelt sich schliesslich um die beste Lösung seit Jahren.»