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Streit ums Geld Die Achterbahnfahrt bei den Armeefinanzen geht weiter

Ganz Europa rüstet auf. Ein Grossteil der Nato-Staaten wird ab diesem Jahr rund zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts für die Armee ausgeben. Und die Schweiz? Hier kommt es seit dem russischen Überfall auf die Ukraine zu einer finanzpolitischen Achterbahnfahrt.

Einmal darf die Armee darauf hoffen, bald viel mehr Rüstungsmaterial einkaufen zu können, dann doch wieder nicht. Nun stehen die Zeichen wieder in Richtung schnelleres Aufrüsten. 

Verdoppelung des Armeebudgets

Zwar bekunden Bundesrat und Parlament schon länger die Absicht, massiv mehr Geld in die Armee zu investieren. Ursprünglich war das Ziel, bis 2030 ein Prozent der Schweizer Wirtschaftsleistung für die Armee auszugeben. Das wären nach heutiger Schätzung etwa zehn Milliarden Franken. Also nahezu eine Verdoppelung des heutigen Verteidigungsbudgets.

Doch weil die Finanzlange des Bundes angespannt ist, waren sich Bundesrat und Parlament im letzten Dezember einig, die Armeeausgaben langsamer anwachsen zu lassen. Das Zehn-Milliarden-Budget für die Armee sollte erst 2035 erreicht werden.

Keine Antwort zur Finanzierung

Doch Armeechef Thomas Süssli warnte: Bei einem verlangsamten Budgetwachstum drohe nichts anderes als der Verlust der mechanisierten Bodentruppen. Dieser Hilferuf verfehlte seine Wirkung nicht. Jetzt will der Ständerat doch wieder schnell mehr Geld in die Armee investieren.

Zusätzliche vier Milliarden in den nächsten vier Jahren: Mit diesem grossen Zustupf will die kleine Kammer das Ein-Prozent-Ziel doch schon bis 2030 erreichen. Die Hälfte dieser vier Milliarden soll bei der Entwicklungshilfe eingespart werden. Ob dazu auch der Nationalrat Hand bieten wird, ist nicht sicher.

15-Milliarden-Deal gescheitert

Ein in den vergangenen Wochen viel diskutierter Mitte-Links-Deal scheiterte krachend. 15 Milliarden Franken für die Armee und den Wiederaufbau der Ukraine hätten an der Schuldenbremse vorbei finanziert werden sollen.

Was als Befreiungsschlag in ausserordentlichen Zeiten geplant war, endete in einem Scherbenhaufen. Denn für die bürgerliche Mehrheit war der Deal ein inakzeptabler Kuhhandel, ein Dammbruch. Das Armee-Ukraine-Paket sei der Anfang vom Ende der Schuldenbremse, wurde argumentiert.  

Sparen, Schulden, Steuern

Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten, mehr Mittel für die Armee zu gewinnen: Sparen in anderen Departementen. Mehr Schulden machen. Oder die Steuern zu erhöhen. Doch für alle drei Varianten sind im Parlament momentan keine klaren Mehrheiten erkennbar. Es herrscht eine ziemliche Blockade.  

Das Parlament wartet nun einen Bericht von Finanzministerin Karin Keller-Sutter ab: Im Spätsommer will sie aufzeigen, wo gespart und wo allenfalls auch mehr Einnahmen generiert werden können.  

Gezerre geht weiter

Für die Armee heisst das aber: Sie kann weiterhin nicht fix damit rechnen, schnell über mehr Investitionsmittel zu verfügen. Die zusätzlichen vier Milliarden Franken müssten im September noch vom Nationalrat gutgeheissen werden. Und eine erste Tranche für das nächste Jahr müssten die Räte dann im Dezember in der Budgetdebatte bewilligen.

Schon jetzt droht gemäss Prognose des Finanzdepartements ein Defizit im nächsten Jahr. Wie die vier Milliarden mehr für die Armee da noch reinpassen, ist völlig unklar.

Während viele andere europäische Länder nun kontinuierlich und schnell aufrüsten, geht in der Schweiz das finanzpolitische Gezerre um die Armee weiter.

Andy Müller

Bundeshausredaktor

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Andy Müller ist Bundeshausredaktor des Schweizer Fernsehens. Zuvor war er Themenplaner und stellvertretender Redaktionsleiter von «10vor10».

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SRF 4 News, 03.06.2024, 17 Uhr

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