Mehr Haushalte heizen elektrisch – mit Wärmepumpe. Mehr Menschen fahren Elektroauto. Und mehr Häuser produzieren Strom mit Solarpanels, den sie mal selber verbrauchen, mal speichern, mal einspeisen ins Netz. Die Stromnetze werden in Zukunft viel mehr leisten müssen.
Michael Frank ist Direktor des Verbands Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen VSE. Er sagt es so: «Wir brauchen gigantisch mehr Strom und das müssen wir dezentral abwickeln. Das bedeutet, dass wir auch einen Aus- und Umbau des Netzes brauchen.»
«Rasanter Anstieg» der Netzkosten
Und das wird teuer. Zahlen für den Ausbau werden die Haushalte und die Firmen via Stromrechnung: Die Netzkosten werden laut einer Studie des Bundesamts für Energie «rasant ansteigen».
«Das Bundesamt für Energie hat hier eine Bombe platzen lassen», sagt Alexander Keberle. Er ist beim Wirtschaftsdachverband Economiesuisse verantwortlich für Energiethemen und befürchtet, dass die Stromfirmen zu viel bauen. Auch, weil sie die Kosten für die Stromnetze einfach auf die Kunden überwälzen können.
Das Gesetz garantiert den Betreibern sogar eine bestimmte Rendite auf das ins Netz investierte Kapital. Wirtschaftsvertreter Keberle stört das: «In der Schweiz haben wir eine Art Gewinngarantie auf das eingesetzte Kapital. Und das ist ein Problem: Denn wir müssen sicherstellen, dass dieses Geld – wenn es schon eingesetzt wird – möglichst effizient eingesetzt wird.»
Wird hier dank Staatsgarantie blind ausgebaut? Michael Frank, Direktor des Strombranchenverbands VSE, winkt ab: «Es hat niemand Interesse daran, die Netze zu vergolden. Die Elektrizitätskommission würde das auch nicht akzeptieren.» Die Elektrizitätskommission ist die staatliche Aufsicht. Sie überwacht die Netzabgaben.
Alexander Keberle von Economiesuisse bleibt bei seiner Kritik und fordert Anreize, damit nicht zu viel gebaut und zu viel Kupfer verbaut wird. Zum Beispiel sollten die Tarife sinken, wenn es viel Platz hat im Netz – und steigen, wenn die Drähte heiss laufen. «Wir sind der Meinung, dass es ein bisschen mehr Köpfchen statt nur Kupfer braucht.»
Am Ende zahlen die Stromkunden
Einverstanden, sagt Ronny Kaufmann. Der Direktor von Swisspower vertritt eine Allianz von 22 Stadtwerken. Doch «mehr Köpfchen» heisse etwa, mehr Innovationen in intelligente Strommesser und Steuerungen. Und dafür fehle heute das Geld: «Heute stemmen die Kantone und die Kommunen die Transformation des Energiesystems. Der Bund macht Gesetze und verteilt ein bisschen Geld – das wird nicht genug sein.»
Der Städtevertreter befürchtet Geldmangel – der Wirtschaftsvertreter Geldverschwendung. Bezahlen für den milliardenschwereren Ausbau werden die Stromkunden.