Mehr einheimischen Strom brauche die Schweiz – und das sofort. So lautet die Ansage des neuen Energieministers Albert Rösti am jährlichen Stromkongress in Bern: Es müsse schneller gehen. Beim Zubau von Wasserkraftwerken, im Bereich Sonnenenergie, aber auch bei der Wärme aus dem Boden und der Energie aus Biomasse. Stromproduktionsanlagen von nationalem Interesse brauchen Vorrang vor dem Landschaftsschutz, so der SVP-Bundesrat.
Ich bin der Ansicht, dass diese Stromproduktionsanlagen von nationalem Interesse den Vorrang vor dem Landschaftsschutz brauchen.
Im Parlament kann das mehrheitsfähig sein. Kontroverser wird es bei den AKW. Die bestehenden Werke sollten unbedingt 60 Jahre laufen, sagt Rösti dazu.
Das überraschende Angebot
Die Betreiber sollten die nötigen Investitionen – etwa in die Sicherheit – unbedingt finanzieren können, ergänzte der Energieminister: «Sollte das nicht der Fall sein, wird das Bundesamt für Energie prüfen, inwieweit eine Unterstützung oder eine Begleitung möglich sein wird.» Das Hilfsversprechen an die Nuklearbranche ist neu und überraschte selbst innerhalb der Bundesverwaltung.
Auch in einem weiteren Punkt wird deutlich: SVP-Bundesrat Rösti bleibt sich und seiner offenen Haltung gegenüber der Atomenergie treu. Für ihn sind, anders als für seine Vorgängerin Simonetta Sommaruga, langfristig auch neue AKW kein Tabu.
Eine gewisse «Technologieoffenheit»
Es brauche schlicht garantiert genug Strom, so Rösti: «Wo wir diesen langfristig herstellen, da herrscht bei mir eine gewisse Technologieoffenheit, die wir bewahren müssen. Wir wissen ja auch nicht im Detail, wie sich die Technologien in 20 bis 30 Jahren entwickeln werden.»
Ganz kurz lässt der neue Umweltminister auch durchblicken, wie er die Sache mit dem Klimawandel sieht: Letztlich werde auch der weltweit immer stark diskutierte und als höchstes Problem genannte Klimawandel nur zu verhindern oder das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen sein, «wenn wir genügend Strom haben und letztlich defossilisieren können». Womit Rösti wieder bei seinem Punkt angelangt ist: Mehr Schweizer Strom.
Letztlich wird der, weltweit als höchstes Problem genannte Klimawandel nur zu verhindern sein, wenn wir genügend Strom haben und defossilisieren können.
Und dann blickt er noch über die Grenze. Deutschlands Vizekanzler Robert Habeck hatte Rösti am Montag am WEF in Davos klargemacht, dass es ein Solidaritätsabkommen allein mit der Schweiz für Gaslieferungen im Notfall nicht geben werde.
Die Schweiz als Stabilitätsfaktor
Das sei zu akzeptieren, sagt Rösti zunächst – doch dann kommt ein Fingerzeig Richtung Deutschland: «Am 7. und 8. Dezember musste die Schweiz 900 Megawattstunden nach Baden-Württemberg exportieren, um das Netz zu stabilisieren.»
Letztlich sind wir nicht nur auf Europa angewiesen, sondern können auch gegenüber Europa Stabilität bieten.
Selbstverständlich habe er dies auch gegenüber Vizekanzler Habeck angedeutet. Letztlich sei die Schweiz nicht nur auf Europa angewiesen, sondern die Schweiz als Wasserschloss könne auch gegenüber Europa Stabilität bieten.
18 Tage erst ist Rösti im Amt. Und bereits setzt der SVP-Bundesrat seine politischen Duftnoten – und ist mittendrin im Ringen um die Schweizer Stromzukunft.