Steigen die Preise nach einem Ja zum Stromversorgungsgesetz? Die Gegner um Magdalena Martullo-Blocher kritisieren die «gigantischen Ausbaukosten», welche auf die Stromkosten aufgeschlagen würden. Im «Eco Talk» zitiert die Chefin der Ems-Chemie und SVP-Nationalrätin Schätzungen, wonach die Mehrkosten insgesamt bei 11'000 Franken pro Person liegen. Jürg Grossen, Strom-Unternehmer und Präsident der Grünliberalen Partei, widerspricht: Den Netzzubau, die Sanierungen des Stromnetzes, müsse man in vielen Fällen ohnehin machen. «Die Kosten steigen nicht wegen des Stromgesetzes», sagt Grossen. «Es würde auch sonst teurer.»
Sinken mit dem Solarausbau die Preise, auch wenn Solarstrom nicht immer verfügbar ist? Nach Ansicht von Jürg Grossen sinken sie. Die Solarleistung sei in den vergangenen drei Jahren mehr als verdoppelt worden. «Das steigt so schnell, da werden wir viele Phasen mit tiefen Preisen haben, von denen die Bevölkerung profitiert». Magdalena Martullo-Blocher rechnet anders. Sie stört sich daran, dass die Steuerzahler bei einem Ja zum Gesetz die Investitionen schon im Voraus finanzieren müssen, «und Investitionskosten sind bei der Energie entscheidend».
Was sagen die Stromfirmen? Gemäss dem Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) führt das Gesetz zu mehr Preisstabilität für die Kundschaft. «Je mehr Produktion wir haben, umso geringer sind die Risiken für Knappheits-Situationen, umso tiefer sind auch die Kosten für Notfall-Massnahmen», sagt Nadine Brauchli, Leiterin Wirtschaft und Regulierung beim VSE.
Die Verteilung der Kosten wird unsolidarischer.
Bei einem Nein steige die Abhängigkeit vom Ausland – und mit ihr die «Gefahr von Preisexplosionen». Der Verband Aargauischer Stromversorger (VAS), selbst Mitglied beim VSE, widerspricht. Ein Ja führe langfristig zu höheren Preisen, da die Produktion und die Netze deutlich ausgebaut würden. «Die Hochrechnungen sind irgendwo zwischen 35 bis 100 Milliarden bis 2050», sagt VAS-Geschäftsleiter David Zumsteg. Und die Verteilung der Kosten werde unsolidarischer. Der Gedanke dahinter: Wenn Besitzer von Solaranlagen mit dem Gesetz weiterhin finanziell unterstützt werden, muss die restliche Bevölkerung einen überproportionalen Teil der Kosten tragen. Der VAS hat keine Parole zum Stromgesetz gefasst.
Weshalb diese unterschiedlichen Einschätzungen der Stromfirmen? Dass der VSE (und mit ihm die grossen Stromkonzerne Axpo, Alpiq und BKW) für das Gesetz ist, erklärt Magdalena Martullo-Blocher damit, dass die Stromkonzerne mit dem Gesetz «Durchsetzungskraft für riesige Pärke» erhalten, über die Hälfte ihrer Kosten subventioniert würde und sie den Strom doch so am Markt verkaufen können, wie sie wollen. «Es gibt überhaupt keine Verpflichtung, den Strom in der Schweiz abzusetzen». Jürg Grossen relativiert: Beim VSE seien über 600 Energieversorger und Verteilnetzbetreiber organisiert. Diese seien klar für das Gesetz. Es gebe lediglich ein paar einzelne, kleinere Betriebe, die dagegen sind oder keine Empfehlung abgeben.