Eine neue Studie wirft etwas mehr Licht ins Dickicht Long Covid. Die Daten stammen aus der Schweiz und zeigen, wie stark viele Menschen weiterhin unter den Folgen einer Ansteckung mit Covid-19 leiden. Die gute Nachricht: Die Mehrheit der Befragten weist nur leichte Symptome auf.
Doch bei 18 Prozent der Befragten schlägt auch zwei Jahre nach Beginn der Untersuchung keine Besserung zu Buche. Darunter fallen teils schwere Fälle, mit massiven Konzentrationsschwierigkeiten, Atemnot oder permanenter Erschöpfung. Das sind beunruhigende Nachrichten für Betroffene – aber auch für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Denn diese Menschen fallen teils komplett aus Alltag und Arbeit aus.
Kein Ende des Leidens in Sicht
Erschienen sind die neuesten Ergebnisse der Langzeitstudie im British Medical Journal. Verantwortlich ist Milo Puhan, Direktor des Instituts für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention an der Universität Zürich. Er und seine Kolleginnen und Kollegen haben über 1000 im Kanton Zürich wohnhafte Personen befragt, die sich zuvor mit der ursprünglichen Variante von Covid-19 infiziert hatten und zu dem Zeitpunkt nicht geimpft waren. Als Kontrollgruppe dienten 628 Erwachsenen, die sich nicht angesteckt hatten.
Langzeitstudie «Zürcher Kohorte» (Uni Zürich)
«Es ist das erste Mal, dass wir das Ausmass eines postviralen Syndroms beziffern können», so Puhan. Betroffene und Mediziner sehen sich durch die Studie teilweise bestätigt. So sagt etwa der Long-Covid-Spezialist am Kantonsspital Graubünden, Gregory Fetz: «Auch wir beobachten, dass die Wahrscheinlichkeit – wenn man so lange krank ist – sich wieder komplett zu erholen, geringer wird.»
Die Zahl der Personen, die von andauernden Symptomen berichten, ist über den Beobachtungsraum nur leicht zurückgegangen. Vier bis sechs Prozent seien deswegen mittel oder schwer im Alltag beeinträchtigt, so Milo Puhan. «Was man aber sagen muss, ist, dass 70 Prozent relativ leichte Symptome haben, die tendenziell besser werden und im Alltag keine grossen Probleme machen.»
Die Forschung bleibt gefragt
Die sogenannte «Zürcher Kohorte» ist eine der wenigen Datenquellen. Von offizieller Seite meldet einzig das Bundesamt für Sozialversicherungen, dass sich seit 2021 über 4000 Personen mit Long Covid bei der IV angemeldet haben. Im Raum stehen aber auch andere Zahlen – teils bis zu doppelt so hoch. Die sogenannte «Zürcher Kohorte» will mehr Klarheit bringen. Doch die Fragezeichen bleiben. Sogar Studienleiter Puhan sagt: «Es ist sehr schwer abzuschätzen, wie viele Leute heute betroffen sind.»
Betroffene und Spezialisten haben sich in vergangenen Jahren in Interessengruppen zusammengeschlossen. Sie fordern unter anderem ein nationales Register – wie es beispielsweise für Betroffene von Multipler Sklerose besteht. «Es braucht eine systematische Erfassung der Symptome», so Milo Puhan.
Hilfe für Betroffene
Wie geht es also mit den vielen Betroffenen weiter? «Wir können im Moment noch nicht sagen, ob sie chronisch krank bleiben werden», erklärt der Zürcher Epidemiologe. In diesem Zusammenhang seien nun auch Therapiestudien wichtig, die zeigten, welche Ansätze wirkten. Das fordert auch die Präsidentin vom Verein Long Covid Schweiz, Chantal Britt. Etwas Bewegung hat es jüngst gegeben: So haben das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und der Ärzteverband FMH erstmals einheitliche Diagnoseempfehlungen für Long Covid veröffentlicht.