Reicht das Geld bis Ende Monat – für Essen, Kleider oder den Schulausflug? In fast jedem fünften Haushalt muss der Franken mindestens zweimal umgedreht werden, bis er ausgegeben werden kann. Das zeigt eine neue Studie im Auftrag des Bundesamtes für Sozialversicherungen BSV.
80 Prozent der Schweizer Haushalte haben mittlere, gute oder sogar sehr gute Einkommen. Hingegen sind bei den Erwerbstätigen 17 Prozent der Haushalte und bei den Pensionierten 22 Prozent von Armut betroffen. Was lange vermutet worden ist, zeigt jetzt die neue Studie: Frau, mit Kind oder Kindern und alleinerziehend. Das ist ein Armutsrisiko.
Bruno Parnisari, Vizedirektor beim Bundesamt für Sozialversicherung BSV, sagt dazu: «Wenn Kinder sehr klein sind, ist das Arbeitspensum der Frauen oft zu klein. Sie erzielen zu kleine Einkommen, um die Spesen, die sie tätigen müssen, zu finanzieren.»
National repräsentative Zahlen
Im Durchschnitt verdient ein Schweizer Haushalt etwas über 63'000 Franken pro Jahr. Das ist der sogenannte Medianlohn. Arm oder von Armut betroffen ist, wer weniger als 38'000 Franken Einkommen hat.
Diese Zahlen stammen von Professor für Demografie und Sozioökonomie Phillipe Wanner. Er und sein Team haben Steuerdaten und weitere Statistiken aus elf Kantonen aus den Jahren 2011 bis 2015 analysiert. Die Ergebnisse sind national repräsentativ.
Demograf Phillippe Wanner sagt: Eine schlechte wirtschaftliche Situation könne auch eine vorübergehende Phase sein. In den Betrachtungsjahren hätten zwischen 40 und 50 Prozent der Armutsbetroffenen ihre prekäre Einkommenssituation wieder verlassen können. Die andere Hälfte bleibe aber wohl übers ganze Leben in einer prekären Situation.
Weitere Armutsrisiken
Auch weitere Armutsrisiken habe die Studie aufgezeigt, sagt BSV-Vizedirektor Bruno Parnisari. Zum Beispiel bei älteren Migrantinnen und Migranten, die nicht genügend in die Pensionskasse einzahlen konnten.
Auch ein Teil der Selbstständigerwerbenden ist betroffen: «Der Wechsel des Erwerbsstatus von einer Unselbständigkeit zu einer Selbständigkeit führt für ein Viertel der Fälle zu einer gewissen Prekarität. Für ein anderes Viertel zu einer Verbesserung.»
Unmittelbare sozialpolitische Massnahmen will der Vertreter des Bundesamtes für Sozialversicherungen aus der Studie nicht direkt ableiten, zuerst müssten die Ergebnisse noch genauer analysiert und diskutiert werden.