Trotz Ukraine-Krieg, trotz steigender Energiepreise: Schweizerinnen und Schweizer mögen keine Windräder. Obwohl der Bund die Windkraft vorantreiben will und die Politik sich darum bemüht, sind die Anlagen nicht populärer geworden. Zu diesem Schluss kommt die sogenannte Energyscape-Studie der eidgenössischen Forschungsanstalt WSL. Diese untersuchte die Akzeptanz der Bevölkerung gegenüber erneuerbaren Energien. In den Jahren 2018 und 2022 wurden dafür entsprechende Umfragen durchgeführt.
Sogar Gegner sind überrascht
Die neusten Erkenntnisse zeigen: Die Bevölkerung will zwar möglichst viel Energie im eigenen Land produziert haben, Windenergieanlagen sind in bestimmten Landschaften jedoch noch weniger gern gesehen als vor vier Jahren. Besonders skeptisch sehen die Befragten Projekte in unberührtem Berggebiet, den Voralpen und im Jura. Eher akzeptieren würden sie Anlagen in touristischen Berggebieten und im Flachland, wenn es bebaut ist und nicht für die Landwirtschaft genutzt wird.
In dieser Deutlichkeit überrascht das sogar die Windkraftgegner. Siegfried Hettegger vom Verein pro Landschaft Schwyz hätte unter anderem aufgrund der Energiekrise mit wachsender Akzeptanz gerechnet. «Es freut mich, dass die Schweizer Bevölkerung ihre Landschaft schätzt und diese nicht durch die Nutzung der Windenergie zerstören will.»
Im Kanton Schwyz sind auf dem Engelstock im Gebiet Sattel-Hochstuckli und in der Linthebene je ein Windpark geplant. Sattel-Hochschtuckli fällt unter die Kategorie touristisch genutztes Berggebiet (zunehmende Akzeptanz), die Linthebene gilt als landwirtschaftliches Flachland (sinkende Akzeptanz).
Solarenergie ist beliebter geworden
Auch die Luzerner Mitte-Nationalrätin Priska Wismer ist überrascht, zumal sie selbst an der Planung dreier Windräder in der Nähe ihres Bauernhofs beteiligt ist. Sie mache andere Erfahrungen: «Ich bekomme im Gespräch mit den Leuten andere Signale. Die Dringlichkeit des Ausbaus der erneuerbaren Energien ist in der Gesellschaft angekommen.»
Wobei Wismer auch spürt, dass die Menschen gegenüber Anlagen in ihrer eigenen Umgebung skeptischer sind. «Oft höre ich die Aussage, die Windenergie sei zwar eine sinnvolle Technologie. Doch wenn es um die Realisation der Projekte geht, hat man das Gefühl, ein anderer Ort wäre besser geeignet.»
Die Solarenergie sehen die Schweizerinnen und Schweizer laut der Studie positiver als vor vier Jahren. Am ehesten waren die Befragten für Anlagen mittlerer und kleiner Grösse. Und: obwohl besonders grosse PV-Anlagen nach wie vor tendenziell abgelehnt werden, ist die Skepsis nicht mehr gleich gross wie im Jahr 2018.
Generell lässt sich sagen: Solarenergie wurde beliebter, die Bevölkerung erachtet die inländische Energieproduktion als wichtig. Gegenüber der Windenergie bleibt sie aber skeptisch.