OECD, G20, die EU oder die UNO entscheiden immer mehr mit. Von 1987 bis 1996 wurden 7.4 Prozent aller politischen Entscheidungsprozesse in der Schweiz von internationalen Akteuren angestossen. In der Zeit zwischen 2007 und 2015 waren es bereits 21.4 Prozent. Dies zeigt die Studie mit dem Titel «Policy Agenda Setting».
Finanzsektor und Landwirtschaft am stärksten betroffen
Aufschlüsse liefert die Studie auch darüber, in welchem Bereich der Einfluss internationaler Akteure am grössten ist. In 83 Prozent aller durch internationale Akteure ausgelösten Entscheidungsprozesse, handelt es sich um die Schaffung neuer Gesetze in der Schweiz.
Prominentestes Beispiel dafür sind die Gesetzesanpassungen im Finanzsektor, wo Vorgaben der OECD und der G20 Staaten zur Auflockerung des Schweizer Bankgeheimnisses führten. Besonders stark beeinflusst sind auch neue Gesetze und Bestimmungen für die Landwirtschaft.
«Nur noch formell unabhängig»
Pascal Sciarini von der Universität Genf ist einer der drei Verfasser der Studie. Der Professor für Schweizer Politik bewertet diese Veränderungen im Gesetzgebungsverfahren als einen Einschnitt in das direktdemokratische System der Schweiz.
Formell sind wir weiterhin unabhängig. Aber in der Realität ist die Schweiz mehr und mehr abhängig davon, was international und supranational entschieden wird.
«Wir verlieren schon ein bisschen die Kontrolle über die Regeln, die wir selbst für uns entwickeln möchten. Formell sind wir weiterhin unabhängig. Aber in der Realität ist die Schweiz mehr und mehr abhängig davon, was international und supranational entschieden wird», so der Politikwissenschaftler gegenüber SRF.
Munition für den Wahlkampf
Die Zahlen der Studie dürften auch im Schweizer Wahlkampf verwendet werden.
Wir warnen schon lange davor, dass weit über 50 Prozent unserer Regelungen einfach übernommen werden. Hier muss das Parlament wieder mehr einbezogen werden.
Vor allem die SVP sieht sich bestätigt. Die Partei «warne schon lange davor, dass weit über fünfzig Prozent der Regelungen einfach so übernommen werden», sagt Parteipräsident Albert Rösti, «und hier muss das Parlament wieder vermehrt einbezogen werden.»
Die Schweiz muss selber international aktiver werden.
Wie die Schweiz mit dem wachsenden Einfluss umgehen kann, dazu liefert die Studie keine Antworten. Die Schweiz müsse «selber international aktiver werden», fordert SP-Fraktionschef Roger Nordmann.
Sein Verständnis von Souveränität sei, «dass man sich dort eingibt, wo die Entscheide international getroffen werden.» Dort müsse man seine Interessen verteidigen und diese dann im Inland umsetzen.
Die Landsgemeinde als alleinige Entscheidungsträgerin, das dürfte zukünftig immer seltener der Fall sein. In einer zunehmend vernetzten Welt wächst der Einfluss der internationalen Akteure. Auch auf die Schweiz.