In der Liste der gefährdeten Personen für eine Covid-19-Erkrankung mit schlimmem Verlauf tauchen Schwangere nicht auf. Bisher wurde weder von Ärztinnen und Ärzten noch von Hebammen besondere Verhaltensmassnahmen empfohlen, wie uns Marianne Bauer, leitende Hebamme des Kantonsspital Baden im Aargau, erzählt.
Es galten für sie die gleichen Hygiene- und Abstandsmassnahmen. «Die schwangeren Frauen wurden bisher als normal eingeschätzt. Kein grösseres Risiko, ausser natürlich sie haben Vorerkrankungen.»
Bis Ende Juli will BAG entscheiden
Doch hinter den Kulissen kommt das Thema in den nächsten Tagen auf das Tapet, wie das Bundesamt für Gesundheit heute gegenüber SRF bestätigt. Bis Ende Juli soll die Frage, ob Schwangere zur Covid-19-Risikogruppe gehören sollen, neu evaluiert werden.
Jüngste Studien zeigen klar, dass wenn sich Schwangere mit dem Virus anstecken, sie schwere Krankheitsverläufe haben könnten.
Eine wachsende Zahl an ExpertInnen kommen nun zu dem Schluss, dass es nach neuster Studienlage genügend alarmierende Zeichen gibt, um Schwangere zur Risikogruppe zu zählen. Unter anderem Daniel Surbek von der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG).
In den Empfehlungen der SGGG heisst es aktuell noch: Bisher gibt es keine Anzeichen für ein erhöhtes Infektionsrisiko oder einen schwereren Krankheitsverlauf bei schwangeren Frauen.
Mehr Fehlgeburten wegen Corona?
Surbek erklärt gegenüber SRF, dass die Empfehlungen des SGGG noch bis Ende nächster Woche verändert werden. «Der Grund ist, dass die jüngsten Studien klar zeigen, dass wenn sich Schwangere mit dem Virus anstecken, sie schwere Krankheitsverläufe haben können. Zudem kommt hinzu, dass sie häufiger Frühgeburten haben. Und dass das ungeborene Kind bereits vor der Geburt nachweislich mit dem Virus angesteckt werden kann.»
Zwar kommen solche Komplikationen sehr selten vor. Trotzdem verlangt das SGGG, dass Schwangere in die Risikogruppe aufgenommen werden. Auf Anfrage des SRF teilt das BAG mit, dass der Entscheid bis Ende Juli gefällt werde.
Sollten sie zur Risikogruppe dazugezählt werden, dann ändern sich auch die Empfehlungen, wie Chefarzt Leonhard Schäffer des Kantonsspitals Baden (AG) erklärt. «Das bedeutet, dass sie sich vielleicht noch minutiöser an die Hygiene- und Abstandsregeln halten sollten, insbesondere in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft. Dass sie auch in Erwägung ziehen sollten, Homeoffice zu machen.»
Ob sie nun offiziell zur Risikogruppe gehören oder nicht: Generell sollten Schwangere besonders aufpassen, sich selbst und dem Kind zum Wohl. Viele Mütter warten natürlich nicht darauf, als Risikogruppe eingestuft zu werden, sondern sind laut Schäffer bereits jetzt sehr vorsichtig und somit auch einem geringeren Risiko ausgesetzt.