Bereits seit rund einem Jahr sind die Vorlesungssäle an den Universitäten und Hochschulen nun verwaist. Der Präsenzunterricht ist wegen Corona eingestellt. An seine Stelle treten aufgezeichnete Vorlesungen im Netz und kommentierte Power-Point-Darstellungen.
Den Studierenden fällt der Umgang mit dem reinen Online-Lehrbetrieb nicht immer leicht. Das gilt etwa für Anna Lenzin, die seit dem letzten Herbst Sozialanthropologie und germanistische Literaturwissenschaften an der Universität Freiburg studiert.
Dass man sich nicht austauschen konnte, hat es schwieriger gemacht.
Der Studienbeginn sei nicht einfach gewesen, räumt die Studentin ein. «Dass man sich zu den verschiedenen Kursen oder den Inhalten des Studiums nicht austauschen konnte, hat die Organisation schwieriger gemacht.»
Der Austausch mit den Kommilitoninnen und Kommilitonen fehle ihr auch weiterhin, so Lenzin. Sie sei erleichtert, dass wenigstens die Bibliotheken wieder geöffnet sind. Dort könne sie andere treffen und konzentrierter lernen als in ihrem Elternhaus.
Viele Studierende stellt jedoch nicht nur das Online-Studium vor eine zusätzliche Belastung, sondern auch dessen Finanzierung. Anna Lenzin etwa arbeitet normalerweise in einer Bar – wegen der Corona-Massnahmen fällt dieser finanzielle Zustupf aber bereits seit mehreren Monaten aus.
Abschalten fällt schwer
Auch Lynn Raimann weiss von ähnlichen Erfahrungen zu berichten. Die Basler Pharmaziestudentin studiert vor allem zu Hause in ihrer WG, nicht in der Bibliothek.
Die Uni ist kein Ort mehr, sondern ein Gefühl, das man immer mit sich herumträgt.
Den Studienalltag vor dem Computer beschreibt sie ebenfalls als einsam. Zudem falle es ihr schwer, abzuschalten, weil der PC immer direkt neben ihrem Bett liege: «Die Uni ist kein Ort mehr, sondern ein Gefühl, das man immer mit sich herumträgt.» Das führe dazu, dass sie ständig daran denke, was es noch alles zu erledigen gebe.
Untersuchung: Studierende leiden unter Einsamkeit
Die beiden Studentinnen sind keine Einzelfälle. Ihre Beschreibungen decken sich mit den Erfahrungen anderer Studierender, wie eine Befragung der ETH Zürich zeigt. Sie bestätigt, dass Studenten in der Pandemie vermehrt mit Einsamkeit und finanziellen Sorgen kämpfen.
Inzwischen haben auch die Hochschulen erkannt, dass ein reines Online-Studium nicht ideal ist. Deswegen ermöglichen sie vermehrt den wissenschaftlichen und sozialen Austausch in kleinen Gruppen.
An der ETH etwa geschieht das je nach Studienfach unterschiedlich, wie Rektorin Sarah Springmann erläutert. Die verschiedenen Fachvereine würden die Studierenden etwa dabei unterstützten, für die Prüfungen zu lernen, aber auch Treffen organisieren, die draussen stattfänden.
Nachhaltige Veränderung
Die Rektorin sieht in solchen neuen Erfahrungen auch Positives. Sie überlege sich, auch künftig Vorlesungen ins Netz zu stellen, damit die Studierenden sie sich zeitlich flexibel anhören könnten.
Sarah Springmann ist überzeugt, dass die Pandemie den Hochschulbetrieb nachhaltig verändern wird. Für Studierende wie Anna Lenzin ist das allerdings nur ein schwacher Trost, ist doch die Pandemie noch lange nicht vorbei.
«Es ist schwierig, ohne jegliche Perspektive weiterzumachen», sagt die angehende Sozialanthropologie. Sie hofft deshalb auf einen baldigen Lichtblick.