Die Schweiz hat Glück. Sie grenzt nicht ans Meer und hat trotzdem Salzvorkommen. Das Salz, auch weisses Gold genannt, befindet sich im Untergrund, im Boden. Es würzt unsere Pasta, es taut im Winter die Strassen auf, es kommt in Medikamenten oder sogar in Waschmitteln vor.
Salzvorkommen gibt es bei uns, weil es vor rund 250 Millionen Jahren ein Ur-Meer gab. Das Salz blieb zurück, als das Meer verdunstete. Seit 450 Jahren fördert man unterdessen Salz in der Schweiz. Der Legende nach führten damals um 1554 Ziegen zu einer salzhaltigen Quelle rund um Bex im Kanton Waadt.
In den Gegenden um den Rhein – heutige Region Basel/Nordaargau – wurde 1836 erstmals ein Salzvorkommen entdeckt. Ein Jahr später wurde hier die erste Saline mit dem Namen Schweizerhalle gegründet. Weitere Salinen in der Region folgten, darunter die Salinen Riburg bei Möhlin, jene in Rheinfelden und Kaiseraugst.
Diese drei Salinen, Möhlin, Rheinfelden und Kaiseraugst, schlossen sich 1874 zusammen, um im Konkurrenzkampf gegen die Saline in Schweizerhalle anzukommen. Diese Konkurrenz wurde dann 35 Jahre später beigelegt, die Salinen fusionierten. Die Schweizer Salinen sind heute der einzige Salzproduzent in der Schweiz, sie gehören den 26 Kantonen und dem Fürstentum Liechtenstein. Jährlich erwirtschaften sie einen Umsatz von 60 bis 70 Millionen Franken.
Die Schweizer Salinen produzieren Streusalz für den Strassenunterhalt, Salze für die Pharmaindustrie oder auch Salze für die Landwirtschaft. Einen kleinen Teil macht das Speisesalz aus, aber auch Salz für Wellness wird hier gefördert.
Das Thermalbad «Sole Uno» in Rheinfelden zum Beispiel profitiert auch heute noch von den Salinen in der Nachbarschaft. Ab dem 17. Jahrhundert lockten die Solebäder viele Touristen in die Schweiz. Salz in all seinen Facetten gehörte also auch zum wirtschaftlichen Wachstum der Schweiz.
Aktuelle Bohrfelder bald ausgeschöpft
Nun gehen die grossen Salzvorkommen in Riburg AG zu Ende. Hier stehen die beiden grossen Kuppeln auf der grünen Wiese nördlich von Möhlin, genannt Saldome 1 und Saldome 2. Hier lagern die Salzberge für den Winterdienst. Die Schweizer Salinen wollen die Kuppeln weiterhin füllen und suchen nun Nachschub für die Schweizer Salzversorgung.
Die Reserven in Riburg AG reichen nur noch bis 2027. Wird Salz in der Nähe gefunden und die Bohrung bewilligt, braucht es noch mehrere Kilometer Leitungen, «hauptsächlich durch landwirtschaftlich genutztes Gebiet», sagen die Salinen.
Die Salzlösung aus dem Boden wird gekocht, deshalb spricht man auch von Kochsalz.
Salz fördert man, indem Wasser durch Bohrlöcher in den Boden gepumpt wird. Das Salz löst sich und die gesättigte Salzlösung, die Salzsole, wird zur Saline gepumpt. «Die Sole wird gekocht, deshalb spricht man auch von Kochsalz. Die ausfallenden Kristalle, das ist dann unser Speisesalz», erklärt Urs Hofmeier, Geschäftsführer der Schweizer Salinen, gegenüber SRF.
Speisesalz macht aber nur einen kleinen Teil der Salzproduktion aus.Die Salinen produzieren auch Landwirtschaftssalze (Mineralfutter für Tiere), Wellness-Salze, Regeneriersalze und natürlich Auftausalze.
Um weitere Salzvorkommen für die kommenden Jahre zu erschliessen, hilft momentan ein Vibrotruck, eine Art weisses «Mondfahrzeug», auf der Suche nach Salz. Es misst den Untergrund in der Region Wallbach im Aargauer Fricktal aus. Im Kanton Basel-Landschaft sind die Messungen bereits abgeschlossen.
In Wallbach wurde bereits vor mehreren hundert Jahren Salz gefunden, man wolle jetzt aber genau wissen, wo es sich lohnt zu bohren, erklärt Salinen-Geschäftsführer Urs Hofmeier. Die «Salzkarte» werde verfeinert. Ab 2026 möchten er und seine Firma hier aus neuen Bohrlöchern Salz fördern.
Wir wollen eine Salzschicht auf dem freien Feld, ohne Autobahnen, Eisenbahnen und Gasleitungen.
«Eine gute Salzschicht hat viele Qualitäten. Wir wollen sie nicht unter Liegenschaften. Wir wollen eine Salzschicht auf dem freien Feld, ohne Autobahnen, Eisenbahnen und Gasleitungen. Sie muss eine Mächtigkeit haben. Wir haben im Schnitt hier 20 Meter, je mehr, desto besser. Hinzu kommt, dass der Boden dicht sein muss», so Hofmeier.
80 Bohrlöcher und ein Jahr Baustelle
Risse zum Beispiel würden beim Bohren der Löcher und Verlegen der Leitungen stören. Deshalb wird der Untergrund nun zuerst seismisch vermessen. Überraschungen seien oft teuer, heisst es bei den Salinen.
Nach der Genehmigung der Pläne sollen als Nächstes die Bohrlöcher erstellt werden. Pro Bohrfeld sind es bis zu 80 Löcher. Ein Jahr lang ist ein Bohrturm zu sehen, der in der Landschaft auffällt. Danach habe man aber für 20 Jahre lang Ruhe, verspricht Salinen-Geschäftsführer Hofmeier. Ausser Schachtdeckeln im Boden sehe man nichts mehr.
Es ist eine Störung, es ist eine Baustelle für ein Jahr, aber nachher ist für 20 Jahre Ruhe.
«Ich bin zuversichtlich, dass wir im Fricktal Lösungen finden. Es ist eine Störung, eine Baustelle für ein Jahr, aber nachher ist Ruhe», so Hofmeier. Man biete auch Ausgleichsmassnahmen für die Umwelt. Die Salinen hätten einen Fonds, um entsprechende Projekte zu fördern, beruhigt er.
Baselbieter Bauern wehrten sich
Die Schweizer Salinen hatten vor, in Muttenz BL und dann später in Wallbach AG und in Zeiningen AG nach Salz zu bohren. So könnte man die Salzversorgung für die nächsten 20 bis 50 Jahre in der Schweiz sichern. Aber die Verantwortlichen hatten die Rechnung ohne die Bauern in Muttenz gemacht.
Bohrtürme und Löcher im Naherholungsgebiet Rütihard in Muttenz? Das käme nicht infrage, monierten die Bauern und konnten einen Teil der Bevölkerung für ihr Anliegen gewinnen. Am Widerstand beteiligt war auch Landwirt Ruedi Brunner: «Es ist der einzige noch unverbaute Fleck in der Gemeinde Muttenz. Wir sind stark betroffen von Autobahn, Verkehrsanlagen der SBB, Rheinhäfen.»
Es ist der einzige noch unverbaute Fleck in der Gemeinde Muttenz.
Nur: Unter dem Fleck liegen geschätzte 4.5 Millionen Tonnen Salz, diese hätten für 20 Jahre gereicht. Trotzdem gaben die Salinen in Muttenz vorerst auf, ein Salzabbau ist hier für mindestens 20 Jahre auf Eis gelegt.
Die Salinen haben durch den Widerstand Zeit verloren. Man habe zwar genug Salz für den Moment. Die Herausforderung sei nun, wie und in welcher Reihenfolge die bekannten Salzfelder abgebaut werden könnten, sagt Urs Hofmeier.
Aus unerwarteter Kritik gelernt
Der intensive Widerstand in Muttenz war für die Verantwortlichen der Schweizer Salinen neu. Es gab ab und zu Widerstand in der Salzabbau-Geschichte der Schweiz, aber der Widerstand in Muttenz galt als «besonders heftig». Für Bohrungen im Aargauer Fricktal mussten die Verantwortlichen also umdenken.
Wir informieren jetzt noch früher, noch genauer.
Man habe aus dem Fall Muttenz Lehren gezogen, sagt Geschäftsführer Urs Hofmeier: «Wir waren überrascht, der Widerstand war sehr emotional, sehr lokal. Wir informieren jetzt noch früher, noch genauer. Wir haben im Frühling Verbände, Naturschützer, Landbesitzer, Behörden, Medien, Politiker eingeladen und ihnen erklärt, was mir machen. Das Echo war positiv», so Hofmeier.
Salz importieren? Nicht so einfach
«Wenn es uns nicht gelingt, die Bohrfelder lückenlos aneinander zu reihen, kann es sein, dass es für bestimmte Salzqualitäten nicht genug Sole gibt. Dann müssten wir für eine möglichst kurze Zeit Salz importieren», so Hofmeier weiter. Gegen den Salzimport sprechen laut den Schweizer Salinen zwei Gründe: umwelttechnische und praktische.
Der Winterdienst in der Schweiz ist auf das feine, trockene Salz ausgerichtet.
Salz in die Schweiz zu transportieren sei ökologisch und wirtschaftlich nicht sinnvoll, findet er. Zudem könne man nicht einfach die Strassen-Unterhaltsfahrzeuge mit Meersalz füllen: «Das geht nicht von heute auf morgen. Der Winterdienst, die Streufahrzeuge, die Silos sind auf das feine, trockene Salz ausgerichtet. Mit feuchtem Meersalz geht das nicht, das verursacht Kosten».
Nächster Halt: Kanton Jura
Was also, wenn es mit den Bohrungen, nach den aktuellen Messungen, im Aargauer Fricktal nicht klappt? Dann müsse man im Kanton Jura mit Messungen und Probebohrungen beginnen, heisst es bei den Salinen. Hier gibt es bekannte Salzvorkommen. Gebohrt würde erst ab 2040.
Momentan rechne man im Aargau nicht mit Widerstand, man binde auch bewusst die breite Bevölkerung ein. So organisieren die Schweizer Salinen immer wieder Besuchstage, an denen man die Arbeit der Salinen und die Messfahrzeuge vor Ort besichtigen und Fragen stellen kann.