Heute ist der Swiss Overshoot Day. Das heisst, wenn die ganze Welt wie die Schweiz konsumieren würde, dann hätten wir am heutigen 13. Mai das globale Ressourcenbudget der Erde aufgebraucht. Oder anders gesagt: Würden alle so leben wie die Schweizer Bevölkerung, wären die Ressourcen von 2.8 Erden notwendig, um alle zu versorgen.
Ressourcen-Verbrauch
Das Global Footprint Network berechnet dieses Datum jedes Jahr. Immerhin hat die Schweiz in den letzten zehn Jahren den Overshoot Day von Mitte März auf Mitte Mai schieben können. Es gehe in die richtige Richtung, hält Mathis Wackernagel, Gründer des Global Footprint Network, fest. Die Frage sei nur, mit welcher Geschwindigkeit. Die Schweiz verbraucht Ressourcen noch immer auf einem sehr hohen Niveau.
Warum glauben wir, dass wir immer diese Extraressourcen von der Welt bekommen?
Im Prinzip ist es eine einfache Buchhaltung: Wie gross ist der Bauernhof Schweiz und wie gross ist der Bauernhof Welt (die Biokapazität). «Wir vergleichen, wie viel wir vom Bauernhof brauchen für Essen, die CO2-Absorption, für die Städte, das Holz und so weiter», erklärt Wackernagel. «Das Resultat ist, dass die Schweiz viereinhalb Mal mehr braucht, als das Schweizer Ökosystem selber erneuern kann.»
Ich sage immer: Ich reduziere nie meinen eigenen Fussabdruck, ich erhöhe nur meine Ressourcensicherheit.
Wirtschaftliches Risiko
Die Schweizer Wirtschaft gehe grosse Risiken ein, wenn der Ressourcenkonsum nicht abnehme, betont der Experte für Nachhaltigkeit. Die Frage sei nicht, ob wir unseren Fussabdruck reduzieren wollen, sondern ob wir unsere Ressourcensicherheit erhöhen wollen. «Warum glauben wir, dass wir immer diese Extra-Ressourcen von der Welt bekommen?» gibt Wackernagel zu bedenken. Gerade der Krieg in der Ukraine habe offensichtlich gemacht, wie Ressourcen-unsicher wir leben.
Möglichkeiten im Bausektor
Wie besorgt ist die Wirtschaft selbst und was kann sie tun? Patrick Eberhard ist Baustoffproduzent im Kanton Zürich. Er macht sich Sorgen, nicht um einen Rohstoff, sondern um alle – denn die Schweizer Bauwirtschaft benötige jedes Jahr 56 Millionen Tonnen Ressourcen.
Eberhard sieht grosses Potenzial in der Kreislaufwirtschaft im zirkulären Bauen. «Wir definieren zirkuläres Bauen so, dass wir sowohl die ökologische Dimension des Klimas wie auch die ökologische Dimension der Ressourcenknappheit zusammenbringen. Wenn diese beiden Ressourcen im grünen Bereich sind, sind wir im zirkulären Bauen. Und hier sehen wir einen sehr grossen Hebel, den wir betätigen können.»
Sein Unternehmen setzt sich stark dafür ein, dass gebrauchte Baumaterialien wie Beton wiederverwendet werden. Das sei allerdings häufig noch teurer als neue Rohstoffe zu verwenden, weil die Umweltkosten, die der Abbau neuer Materialien verursacht, nicht zählen.
Eine Frage der guten Entscheidung
Und was kann der Einzelne tun? Mathis Wackernagel dazu: «Der Einzelne soll gut schlafen. Wenn wir gut schlafen, machen wir bessere Entscheidungen.» Am Ende sei es eine Frage der guten Entscheidung: Wollen wir uns eine gute Zukunft bauen, für die Welt, aber auch für uns selbst? «Wir wissen mit Gewissheit: Die Zukunft wird mehr Klimawandel haben und weniger Ressourcen. Der Vorteil, sich darauf vorzubereiten, ist enorm hoch. Das haben wir noch nicht ganz verstanden.»