Der 7. Mai ist der sogenannte Swiss Overshoot Day (engl. Tag der Überschreitung). Gemeint ist der Tag, ab dem die Schweiz bereits so viele Ressourcen verbraucht hat, wie ihr im Rahmen einer nachhaltigen Nutzung der Natur für das ganze Jahr zur Verfügung stehen würden. Ab diesem Tag lebt die Schweiz – was die natürlichen Ressourcen betrifft – auf Pump.
SRF News: Was versteht man unter dem globalen Fussabdruck?
Corina Gyssler: Das Global Footprint Network analysiert die menschliche Nachfrage an natürlichen Ressourcen und setzt diese dann in ein Verhältnis zur Menge der zur Verfügung stehenden Ressourcen. Dieser Faktor wird auf eine entsprechende Anzahl Planeten hochgerechnet.
Von welchen Ressourcen sprechen Sie?
Es sind pflanzliche Produkte wie Holz, aber auch Produkte aus dem Meer sowie Weide- und Ackerland und das bebaute Land, das wir beanspruchen. Eingerechnet sind auch die CO2-Emissionen, die wir verursachen.
Erst gut vier Monate des Jahres sind vergangen und wir sind schon am Überlastungstag. Insgesamt unternimmt die Schweiz einiges, um ihren ökologischen Fussabdruck zu reduzieren. Ist eine Tendenz zur Besserung sichtbar?
Nein, wir stagnieren um den Anfang Mai herum. Grund dafür ist, dass wir mit unserem heutigen Lebensstil zu viele Ressourcen verbrauchen und zu viel CO2-Emissionen abgeben.
Deutschland hat die Ressourcen für das laufende Jahr vor vier Tagen aufgebraucht. In den USA war der Überlastungstag schon Mitte März. Steht die Schweiz international gesehen gut da?
Die Schweiz liegt im internationalen Vergleich von insgesamt 183 Ländern, die von dem Global Footprint Network berechnet werden, auf dem Platz 38. Das ist ziemlich weit vorne.
Gibt es denn Länder, die das Ziel, nur eine Erde aufzubrauchen pro Jahr, überhaupt zumindest annähernd einhalten?
Ganz am Ende dieser Rangliste liegen Länder wie Timor, Burundi oder Haiti. Sie beanspruchen deutlich weniger Ressourcen als wir dies tun.
Die Schweiz ist in der Rangliste ziemlich weit vorne.
Was müsste aus Sicht des WWF geschehen, dass sich der Schweizer Überlastungstag weiter nach hinten verschiebt?
Wie gesagt: Wir haben hier in der Schweiz einen hohen Lebensstandard. Wir müssen unbedingt haushälterischer mit den natürlichen Ressourcen umgehen und unsere CO2-Emissionen deutlich senken. Ein Beispiel ist das Fliegen. Wir sollten weniger fliegen und dieses Jahr einmal Ferien mit dem Zug machen. Wir müssen die Ölheizungen ersetzen und zu umweltfreundlichen Heizsystemen kommen. Wir können im Herbst ein umweltfreundliches Parlament wählen und bei Finanzanlagen beispielsweise darauf achten, dass umweltschädliche Sektoren oder Firmen ausgeschlossen sind.
Was ist das Global Footprint Network?
Sind Sie zuversichtlich, dass sich mit den aktuellen Klimastreiks tatsächlich etwas ändert und dieser Tag weiter nach hinten geschoben werden kann?
Ja, der WWF arbeitet seit Jahren daran, die Menschen aufzuklären, dass wir auf zu grossem Fuss leben. Wir erhoffen uns durch diese Klimadebatte, dass mehr Menschen sensibilisiert werden. Es gibt viele Möglichkeiten, ohne dass man verzichten muss oder eine grosse Einbusse an Lebensqualität hinnehmen muss, um die CO2-Emissionen zu senken.
Das Gespräch führte Klaus Ammann.