Sabbat dauert von Sonnenuntergang am Freitag bis zum Eintritt der Dunkelheit am Samstagabend. Während dieser Zeit ist es orthodoxen Jüdinnen und Juden verboten, Arbeit zu verrichten. Dazu gehört zum Beispiel auch das Tragen von Taschen oder das Schieben eines Kinderwagens.
Doch es gibt Ausnahmen – und zwar innerhalb eines sogenannten Eruvs. Der Eruv ist eine symbolisch abgeschlossene Zone in der Öffentlichkeit, wo orthodoxen Jüdinnen und Juden bestimmte Tätigkeiten erlaubt sind, die der Sabbat anderswo verbietet.
Symbolische Umzäunung
Die jüdischen Gemeinden Zürichs möchten in der Stadt genau eine solche Zone einrichten. In den Quartieren Wiedikon, Enge und Wollishofen soll eine symbolische Umzäunung mit einer Fläche von 14 Quadratkilometern entstehen. Dies entspricht in etwa 16 Prozent des Stadtgebiets. Die Baubewilligungsgesuche folgen in den nächsten Wochen.
Leiter und Initiant des Projekts ist Cédric Bollag: «Das Gebiet wird sozusagen spirituell abgesteckt», erklärt er. Viel müsse man nicht mehr tun, um in Zürich eine solche Zone einzurichten, die bestehende Infrastruktur biete bereits eine entsprechende Abgrenzung.
Subtile Abgrenzungen
«Man kann dafür natürliche Konstruktionen verwenden wie Tramleitungen oder Strassenlaternen», so Projektleiter Bollag. «Deren Verlauf muss nur noch geschlossen werden, etwa mit durchsichtigen Nylonschnüren, die zwischen zwei Pfosten gespannt werden.» Und dafür braucht es eben eine Baubewilligung. Nicht-Juden werden kaum bemerken, dass sie sich auf dem Gebiet eines Eruvs befinden oder nicht – die Abgrenzungen sind so subtil.
Das Baugesuch wird darauf geprüft, ob es sich einfügt ins Stadtbild und nicht störend wirkt.
Einen kleinen Eruv gibt es in Zürich bereits seit 1993. Er befindet sich im Gebiet der Freigutstrasse und der Gerechtigkeitsstrasse in der Nähe des Bahnhofs Selnau. Nun soll dieser vergrössert werden.
Stadt Zürich grundsätzlich dafür
Bei der Stadt Zürich stossen die jüdischen Gemeinden mit ihrem Anliegen auf offene Ohren. Die Stadt könne damit beweisen, dass sie gegenüber religiösen Minderheiten tolerant ist, sagt Tiefbau-Vorsteher Richard Wolff. «Sofern dies vereinbar ist mit anderen Grundsätzen.»
Sobald das Baugesuch eingegangen sei, werde man dies prüfen. Dann zeige sich, ob das Projekt umsetzbar ist. «Man schaut, ob es sich einfügt ins Stadtbild und nicht störend wirkt», so Wolff. Ausserdem dürfe es keine denkmalschützerischen Vorschriften verletzen und auch die Sicherheit nicht gefährden.
Kosten von einer Million
Die jüdischen Gemeinden würden den Eruv gerne noch in diesem Jahr umsetzten. Das Geld, das es dafür braucht, haben sie schon zusammen. Sie rechnen mit einer Investitionssumme von einer Million Franken und weiteren 30'000 pro Jahr für den Unterhalt.
Nebst Zürich sind auch in anderen Schweizer Städten Eruv-Projekte geplant, so etwa in Basel. International gibt es solche Gebiete beispielsweise in London, Wien oder Amsterdam.