In den Schweizer Skigebieten herrscht derzeit ein ausgeprägter Kantönligeist – zumindest, wenn es um die Frage geht, ob und wo man sich zum Essen setzen darf. Im Kanton Wallis sind Sitzgelegenheiten verboten. Wer sein Takeaway-Essen an der Skipiste kauft, muss selber schauen, wo und wie er das konsumiert.
Ganz anders im Kanton Obwalden. Hier erlaubt der Kanton geordnete Sitzgelegenheiten für Gäste mit Takeaway-Essen. Daniel Dommann, Geschäftsführer der Sportbahnen im Skigebiet Melchsee-Frutt ist froh, dass der Kanton diese Art der Verpflegung bewilligt hat: «Als wir nur ein Takeaway ohne Sitzplätze hatten, hielten sich die Leute einfach wild durcheinander auf und wir hatten keine Kontrolle über Abstände und Gruppengrössen. Für uns ist dies eine Erleichterung.»
Sitzplätze ja – aber streng geregelt
Die Vorschriften in Obwalden sind streng: maximal vier Personen pro Tisch, alle müssen sich per Handy registrieren, die Maske darf man nur am Tisch abnehmen – und es gibt nur Fingerfood. Die Gäste dürfen maximal 45 Minuten sitzenbleiben.
Auch in den Kantonen Graubünden, Tessin, Nidwalden, Uri und Schwyz darf das Takeaway-Essen an Tischen konsumiert werden.
Aber das Bundesamt für Gesundheit (BAG) stösst sich daran. BAG-Direktorin Anne Lévy hat den Kantonsregierungen dazu einen Brief geschickt: «Ein Takeaway mit Sitzgelegenheiten ist kein Takeaway mehr, sondern ein Selbstbedienungsrestaurant. (…) Wir weisen die Kantone somit ausdrücklich darauf hin, dass das Bereitstellen von Sitzgelegenheiten (…) unzulässig ist.»
Sicherheit oder «Schikane»?
Dies will Maya Büchi (FDP), Obwaldner Gesundheitsdirektorin, nicht auf sich sitzen lassen. «Unsere Hauptaufgabe ist es, die Kontakte zwischen den Menschen zu verringern. Darum lieber einen geordneten Kontakt als einen unkontrollierten.» Das BAG habe immer gesagt, die Skigebiete lägen in der Hoheit der Kantone.
Auch der Branchenverband Gastrosuisse teilt diese Haltung. In der Covid-19-Verordnung heisse es nur, Takeaways müssten Menschenansammlungen verhindern. Sitzgelegenheiten vor Takeaways zu verbieten, sei darum «reine Schikane».
Auch im Wallis wächst der Widerstand gegen das Verbot von Sitzgelegenheiten, an das sich der Kanton derzeit hält. Das Kantonsparlament stimmte einem dringlichen Postulat zu, das die Kantonsregierung auffordert, Sitzgelegenheiten im Aussenbereich von Takeaways zu bewilligen.
Auch im Unterland möchten die Beizer öffnen
Vom Berggebiet in die Stadt Zürich. Der Gastronom Michel Péclard betreibt unter anderem einen Imbiss im Stadtzentrum. Weil es am Wochenende 15 Grad warm werden soll, möchte er seine Gäste auf 150 Sitzplätzen bewirten. Derzeit ist aber nur Takeaway erlaubt. Das versteht Péclard nicht: «Wenn man Gäste bedient, sind doch viel weniger Leute aufeinander, als wenn 50 Personen für eine Bratwurst anstehen.»
Der Wirtschaftsverband Economiesuisse und der Schweizerische Gewerbeverband schlagen vor, als erste Lockerungsschritte Terrassen von Gastro-Betrieben wieder zu öffnen.
Gastrosuisse fordert gar, Restaurants müssten mit erhöhten Schutzmassnahmen sofort wieder geöffnet werden. Die Gastronomie habe im vergangenen Jahres bewiesen, dass die Schutzkonzepte funktionierten.
Die Nervosität ist also gross. Voraussichtlich morgen Mittwoch wird der Bundesrat nach seiner Sitzung die Richtung vorgeben, ob und wann Restaurants wieder geöffnet werden sollen.