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Teure Gesundheitstests Nationalrat will Systemwechsel bei Labortarifen

Bund nicht mehr zuständig: Die Tarifpartner wie Kassen, Ärzte und Laboratorien sollen neu festlegen, was es kosten darf.

Mit dem ersten Atemzug nach der Geburt startet das Leben und es folgen bald die ersten Untersuchungen mit dem sogenannten Neugeborenen-Screening. Jede und jeder braucht rund 14 Labor-Analysen pro Jahr, wie die jüngsten Zahlen des Bundes zeigen. Das ist zwar deutlich mehr als in den vergangenen Jahren, doch im Vergleich zu den steigenden Gesundheitskosten etwa konstant.

Labor.
Legende: Der Bundesrat ist im Gegensatz zur Mehrheit des Nationalrats nicht überzeugt von einem Systemwechsel bei den Labortarifen und befürchtet schwierige und komplexe Verhandlungen. Keystone/Gaetan Bally

Heute legt der Bund die Tarife fest. Doch es gibt Stimmen für einen Systemwechsel. Anstelle des Bundes sollten die sogenannten Tarifpartner die Tarife aushandeln – also Krankenversicherungen, Ärztinnen und Ärzte sowie die Laboratorien, welche die Proben jeweils untersuchen.

Davon erhofft sich der Krankenkassenverband Prio Suisse, dass sich «die Tarife der Analysenliste an das europäische Preisniveau angleichen und so die Prämienzahlerinnen und -zahler endlich entlastet werden können.» Denn verhandelte Tarife seien tiefer als vom Staat festgesetzte.

Mit dieser Vorlage können Prämienzahlerinnen und -zahler nachhaltig und ohne Qualitätsverlust entlastet werden.
Autor: Thomas de Courten SVP-Nationalrat

Diese Überzeugung teilte auch die Mehrheit der bürgerlichen Kräfte im Nationalrat. Ursprünglich stammte die Idee aus der Mitte-Partei, heute wurde sie unterstützt von FDP und SVP sowie vereinzelten GLP-Stimmen.

Es gehe um einen Kostenblock von über zwei Milliarden Franken, so SVP-Nationalrat Thomas de Courten: «Mit dieser Vorlage könnten Prämienzahlerinnen und -zahler nachhaltig und längerfristig ohne Qualitätsverlust entlastet werden», so de Courten.

Diese Effizienzgewinne können den Prämienzahlenden weitergereicht werden.
Autor: Andri Silberschmitt FDP-Nationalrat

Die Hoffnung: mehr Wettbewerb, tiefere Preise und schnellere Verfahren für innovative Analysen. Dort, wo es genügend Laboratorien gibt, sollen Krankenkassen, Ärzte und weitere Leistungs-Erbringer nicht mehr mit allen Laboratorien zusammenarbeiten müssen.

Das sei ein weiterer positiver Effekt, fand FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt. Denn eine Lockerung des Vertragszwanges führe auch zu mehr Effizienz: «Diese Effizienzgewinne können den Prämienzahlenden weitergereicht werden.»

Die enorme Vielfalt an Akteuren führt zu einem System voller Sackgassen, hoher Kosten und potenzieller Versorgungslücken.
Autor: Farah Rumy: SP-Nationalrätin

Ganz anders die Einschätzung von Grünen und SP. Sie befürchten, dass sich die Verhandlungen verkomplizieren oder blockiert wären – zum Nachteil der Patientinnen und Patienten. «Die enorme Vielfalt an Akteuren führt nicht zu mehr Effizienz, sondern zu einem System voller Sackgassen, hoher Kosten, administrativer Hürden und potenziellen Versorgungslücken», warnte SP-Nationalrätin Farah Rumy.

Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider verwies auf die ablehnende Haltung des Bundesrates und auf bekannte, langwierige Tarifverhandlungen. Beispielsweise bei der Reform des Ärztettarifs, bei den Tarifen für Physio- oder für Psychotherapie. Jene, die tiefere Labortarife wollten, erinnerte die Gesundheitsministerin: «Die Tarifpartner können bereits heute Tarife vereinbaren, die unter den vom EDI erlassenen Tarifen liegen.»

Derzeit überarbeitet der Bund die gesamte Tarifstruktur dieser Laboranalysen. Ebenfalls auf der ablehnenden Seite stehen Kantone, Spitäler und der Verband der Laboratorien FAMH – dessen Vorstandsmitglied Dieter Burki erklärt: «Das Prinzip des behördlichen Tarifs für Laboranalysen hat sich bewährt. Die Schweizer Labore unterstützen das BAG, um einen sachgerechten und kostendeckenden Tarif zu erreichen.»

Doch die grosse Kammer entschied sich mit 118 zu 68 Stimmen bei fünf Enthaltungen für den Systemwechsel. Nun darf sich der Ständerat, der nichts davon wissen wollte, noch einmal damit befassen.

Echo der Zeit, 03.03.2025, 18:00 Uhr

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