Die Käfighaltung von Hühnern ist in der Schweiz seit 30 Jahren verboten. Trotzdem werden Legehennen weltweit nach wie vor spezifisch für eben diese Käfighaltung gezüchtet – und kommen darum in die Schweizer Ställe. «Teilweise sogar für Einzelhaltung oder Käfige. Also in ganz anderen Bedingungen, als die Legehennen hier bei uns leben», sagt Sabine Gebhardt, Forscherin am Institut für Veterinary Public Health der Uni Bern. Dies führt zu Problemen.
Tierfreundliche Schweizer Ställe machen Probleme
Denn diese Tiere leben in den tierfreundlicheren Schweizer Ställen, auf verschiedenen Etagen auf Stangen und eben nicht im Käfig. Ihr durch die langjährige Zucht angeborenes Verhalten stimmt nicht mit den aktuellen Lebensbedingungen des aktuellen Stalls überein.
«Oftmals fallen sie herunter. Es gibt auch Verhaltensprobleme: Hühner picken sich gegenseitig an den Zehen blutig oder reissen sich die Federn aus. Oder ersticken, weil alle auf einem Haufen zusammenlaufen», führt Tierforscherin Gebhardt aus, die bei«Hentrack» mitarbeitet.
Das Forschungsprojekt der Universität Bern untersucht im Versuchsstall im Aviforum in Zollikofen BE, wie die käfigfreie Haltung das Verhalten, die Gesundheit und das Wohlbefinden der Hennen während der Legephase verändert. Und trotzdem eine hohe Produktivität – sprich eine hohe Eierzahl – beibehalten werden kann.
Diese Informationen sollen anschliessend gezielt in die genetische Selektion und Zuchtprogramme einfliessen. «So werden wir Hühner mit gesünderer Genetik für die Schweiz und die ganze Welt züchten», erklärte Tierschutzforscher Michael Toscano beim Programmstart (siehe Box).
Robustere Rassen für besseres Tierwohl
Die Züchtung von robusteren Rassen sei unerlässlich zur nachhaltigen Verbesserung des Tierwohls bei Legehennen. Um diese Forschung vorantreiben zu können, müssen die Forscherinnen und Forscher das Verhalten der Hühner genau analysieren können. Darum tragen im Versuchsstall in Zollikofen alle Legehennen einen Sender, welche die Bewegungsmuster der Tiere erfassen.
Bei den Legehennen gibt es Couchpotatoes.»
Erste Erkenntnisse sind eindeutig: Wie bei den Menschen gebe es auch bei den Hühnern Couchpotatoes oder sehr aktive Tiere. «Einige sitzen den ganzen Tag auf den Sitzstangen und fressen und trinken nur. Andere gehen für mehrere Stunden in den Wintergarten, bewegen sich also viel mehr», sagt Tierbiologin Yamenah Gomez.
So könne man herausfinden, welche Hühner sich am besten mit der käfigfreien Haltung zurechtfinden. Und diese Informationen an die Zuchtfirmen weitergeben. «Das Projekt ist wahnsinnig aufwändig. Jeden Tag muss ein Techniker vorbeikommen und das System kontrollieren», so Gebhardt.
Glücklich – und trotzdem produktiv
Dies sei mit ein Grund, weshalb die grossen Zuchtfirmen im Ausland ihre Zuchtkriterien nicht auf eine käfigfreie Haltung angepasst hätten. Die Technik für solche Versuche sei erst seit wenigen Jahren verfügbar. «Unser Ziel ist, dass Hühner längerfristig gesünder und glücklicher sind», so Gomez weiter. Durch die weiterhin hohe Produktivität würden auch Geflügelproduzenten in anderen Ländern auf eine käfigfreie Haltung umsteigen.