- Die Waadtländer Staatsanwaltschaft lässt die Anklage gegen sechs Polizisten fallen, die mit dem Tod eines Mannes in Lausanne im Jahr 2018 in Verbindung gebracht werden.
- In der Anklageschrift war die Staatsanwaltschaft noch von einer fahrlässigen Tötung ausgegangen.
- Im Schlussplädoyer war davon nicht mehr die Rede. Es gebe keinen Kausalzusammenhang zwischen dem Festhalten des mutmasslichen Drogenhändlers in Bauchlage und den Todesursachen.
- Die Polizisten seien deshalb freizusprechen, so der Staatsanwalt.
Laut Staatsanwalt Laurent Maye haben die Polizisten «gegen die Vorsichtsregeln» des Schweizer Polizeihandbuchs verstossen, als sie Mike Ben Peter nach dem Anlegen der Handschellen dauerhaft auf dem Bauch fixierten.
In dem Buch wird gelehrt, die Position schnell zu ändern. Doch laut den Funkmeldungen blieb der Nigerianer drei Minuten lang auf dem Bauch liegen, bevor er das Bewusstsein verlor. Es sei jedoch nicht möglich, zu sagen, dass die Bauchlage den Tod verursacht habe, so der Staatsanwalt.
Er berief sich auf gerichtsmedizinischen Gutachten. Diese konnten die Gründe für den Herz- und Atemstillstand nicht mit Sicherheit feststellen. «Multifaktorielle» Ursachen hätten zum Tod des Mannes geführt.
Staatsanwaltschaft scharf kritisiert
Simon Ntah, der Anwalt der Familie des Opfers, sagte, man müsse sich nicht nur auf das Festhalten in Bauchlage konzentrieren, sondern auf das gesamte Eingreifen der Polizei.
Die Festnahme sei «einem Exzess der Gewalt» gleichgekommen – mit Schlägen in den Schritt und auf die Rippen, dem Einsatz von Pfefferspray, Arm- und Beinschlüsseln und dem Festhalten in Bauchlage.
«Man schlägt zuerst zu und denkt dann nach», beschrieb er den Einsatz. Die Polizei habe «unverhältnismässig» gehandelt und nicht nur «alle Sorgfaltspflichten verletzt». Sie habe es auch «versäumt, Menschlichkeit zu zeigen», als sie Mike Ben Peter weiterhin am Boden festhielten, obwohl sich dieser im Todeskampf befunden habe, hielt er fest.
Freispruch gefordert
Die Anwälte der Polizisten legten ihren Schwerpunkt wie die Staatsanwaltschaft auf die gerichtsmedizinischen Gutachten. Diese zeigten klar, dass der Tod von Mike Ben Peter nicht auf das Handeln der Polizisten zurückzuführen sei, sagte eine der Anwältinnen.
Die Polizisten seien angesichts einer «besonders oppositionellen und virulenten» Person «schrittweise und verhältnismässig» vorgegangen. Sie hätten alle zur Verfügung stehenden Mittel eingesetzt, so wie sie es in ihrer Ausbildung gelernt hätten.
Die Plädoyers am Bezirksgericht Lausanne werden mit dem Anwalt der Familie des Opfers und den Anwälten der Polizisten fortgesetzt.