Der Fall sorgte vor vier Jahren für Schlagzeilen: Nachdem eine Syrerin und ihre Familie aus der Schweiz nach Italien zurückgeschafft worden war, erlitt sie eine Totgeburt. Der verantwortliche Schweizer Grenzwächter wurde von einem Militärgericht erstinstanzlich verurteilt, wegen fahrlässiger Körperverletzung und versuchtem Schwangerschaftsabbruch.
Doch das letzte Wort war damit noch nicht gesprochen: Heute beginnt vor dem Militär-Appellationsgericht das Berufungsverfahren. Vor einem Jahr wurde der Grenzwächter zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten und einer bedingten Geldstrafe verurteilt. Doch keine der beteiligten Parteien war mit dem erstinstanzlichen Urteil zufrieden.
Verteidigung forderte Freispruch
Der Auditor, also der militärische Staatsanwalt, und die Vertreter der Opferfamilie forderten eine härtere Strafe: Der Beschuldigte soll nicht nur wegen fahrlässiger Körperverletzung und versuchtem Schwangerschaftsabbruch verurteilt werden, sondern auch wegen vorsätzlicher Tötung und der Aussetzung einer hilflosen Person.
Die Verteidigung forderte dagegen einen Freispruch: Denn der Grenzwächter habe als Einsatzleiter angemessen gehandelt, als er die Notlage der Frau erkannt habe. Darum kommt es jetzt zum Appellationsverfahren.
Neues Urteil wird morgen erwartet
Mit dem neuen Verfahren rücken auch wieder die Ereignisse des Sommers 2014 in den Fokus: Eine im siebten Monat schwangere syrische Flüchtlingsfrau erlitt nach der Rückschaffung von Brig ins italienische Domodossola eine Totgeburt.
Der Grenzwächter informierte zwar seine italienischen Kollegen, dass sich im Zug eine schwangere Frau mit Schmerzen befinde. Für die Militärrichter war das aber zu wenig. Sie hielten dem Mann vor, dass er der Frau jede medizinische Hilfe verweigerte habe.
Denn spätestens kurz vor der Ausschaffung habe der Grenzwächter auf dem Bahnperron gesehen, dass es der schwangeren Frau schlecht gehe. Das neue Urteil wird morgen im Verlaufe des Tages erwartet.