Bewegungsprofile von Millionen Handys in der Schweiz stehen im Internet frei zum Verkauf. Dies zeigte diese Woche eine Recherche von SRF Data. Sie konnten solche Daten analysieren und fanden darin auch Personen, die in heiklen Infrastrukturen verkehren.
Innert Minuten konnte etwa ein IT-Spezialist der Armee identifiziert werden. Seine Datenspur führte zur Papiermühlestrasse 20, wo der Nachrichtendienst des Bundes sitzt und zu «Cyber und Elektromagnetische Aktionen» des VBS in Zimmerwald – der «Überwachungszentrale» des Bundes. Beides sind für die nationale Sicherheit wichtige Anlagen. Wer dort arbeitet, kann potentiell Ziel von ausländischen Nachrichtendiensten werden. Diese könnten die Daten zur Erpressung nutzen oder um sich der Person anzunähern, um Informationen zu gewinnen.
Auf Anfrage schrieb das VBS, man würde in Fällen wie jenem des IT-Spezialisten keine Gefahr sehen. Ausserdem würde es «für VBS-Mitarbeitende in besonders sensiblen Funktionen, insbesondere beim NDB, sowie für gewisse Standorte» zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen geben. Nun äusserst sich die Politik dazu.
Politiker fordern Massnahmen
Stefan Müller-Altermatt, Präsident der Geschäftsprüfungsdelegation des Parlaments, vertraut im Grundsatz auf das bisherige Sicherheitsdispositiv des Bundes. So könne man davon ausgehen, dass Personen, deren Identität nicht öffentlich bekannt sein dürfe, nicht solche Standortdaten teilen würden. Doch auch ein Techniker, wie im vorliegenden Fall, könne ein Sicherheitsrisiko darstellen: «Es ist jeder, der an einem so sensiblen Ort ein- und ausgeht, ein potentielles Ziel.»
«Es macht mich nachdenklich», sagt Werner Salzmann, Sicherheitspolitiker der SVP, zu den Enthüllungen. Er stört sich besonders an einer anderen Passage der VBS-Stellungnahme: «Die Mitarbeitenden unterliegen beispielsweise auch erweiterten Personensicherheitsprüfungen, um eine allfällige Erpressbarkeit auszuschliessen.»
Solche Prüfungen reichen für Salzmann nicht als Schutz gegen Erpressung aus. Sie würden nur in mehrjährigen Intervallen ausgeführt. «In der Zwischenzeit können die Personen natürlich erpresst werden. Auch die Erpressungen sind ein Risiko für unser Land», sagt Salzmann. Seiner Meinung nach müsste das VBS nun Massnahmen ergreifen – etwa die Nutzung von Ortungsdiensten einschränken. «Leute, die in kritischen Infrastrukturen verkehren und sicherheitsrelevante Jobs haben, müssen das obligatorisch abstellen.»
Vorgehen gegen Datenwirtschaft gefordert
Für den Grünen Sicherheitspolitiker Gerhard Andrey stellen die Datenfunde hingegen keine Überraschung dar. Den Markt mit den Daten, die eigentlich aus der Werbeindustrie stammten, gebe es schon länger. Aber die Recherche zeige die Gefahr, die in den Daten steckt.
«Es ist natürlich das Eine, mit diesen Daten zu versuchen, jemandem den neuen Turnschuh zu verkaufen, aber es ist ganz ein anderes Kaliber, die Daten zu verwenden, um unsere Gesellschaft zu manipulieren, unsere Institutionen zu bedrängen.» Es sei ein Cyber-Risiko, das man viel ernster nehmen müsse. Andrey will deshalb, dass der Bund mit der EU zusammenarbeitet, um den Datenmarkt zu regulieren.